Prolog

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Ich lag auf der Couch im Wohnzimmer. Die Sonne glänzte auf meiner Hand und die Frühlingsprise drang durch das offene Balkonfenster rein. Deshalb bewegte sich die Gardine friedlich und löste eine Entspanntheit in mir aus. Wie so oft, las ich ein Buch. Es waren Ferien und bald war Ostern. Selten kam ich aus meinem Zimmer raus, nur zum essen verließ ich es. Ich hatte zwei ältere Brüder, ich hatte sie lieb und sie waren die Einzigen, die das selbe durchmachen mussten, wie ich. Meine Eltern waren zwar zusammen, aber mein Dad arbeitete viel, weshalb er nur am Wochenende und eine oder zwei Wochen in den Ferien zuhause war. Deshalb war meine Mom eigentlich alleinerziehend. Sie arbeitete meist zuhause. Wir waren keine normale Familie, mit normal nervigen Nachbarn und normalen Familienkrisen. Nein, wir waren eine Familie, die falscher nicht hätte sein können. Ich war gerade mal 16 Jahre alt und hatte nie viele Freunde gehabt. Viele wollten mit mir befreundet sein, aber ich schloss sie nie ins Herz. Wir zogen oft um, da mein Vater öfters neue Arbeitsmöglichkeiten bekam, was mehr Geld hieß und eine höhere Position manchmal auch. Jedenfalls war es bereits drei Mal oder so gewesen. Ich hatte einige Freunde aus dem Internet, mit denen ich manchmal schrieb, aber Schulfreunde oder beste Freunde hatte ich nie und wollte ich ehrlich gesagt auch nie. Naja ich hatte mal eine beste Freundin, aber wie gesagt ich hatte. Wir verloren den Kontakt, als ich das erste Mal umzog. Seitdem hatte ich nie wieder von ihr gehört. Schließlich waren wir ja auch noch klein gewesen. Immer das selbe: Dad war gestresst, freute sich aber über, die für ihn, fröhliche Neuigkeiten und wir anderen packten schon wieder. Ich packte inzwischen meinen Koffer nie komplett aus, da wir nie lange an einem Ort wohnten. Jedes Mal eine neue Schule, neue Stadt, neue Nachbarn, einfach alles war neu. Sobald ich 18 sein würde, würde ich mich irgendwo niederlassen und endlich mal das Leben genießen. Ich beneidete schon immer die, die ein normales Leben führen durften. Daher las ich auch viel, um ein anderes Leben zu führen und nicht ich sein zu müssen. Oft war ich traurig, da ich meist eine Leere in mir spürte, die ich nicht füllen konnte. Am liebsten würde ich alles stehen und liegen lassen und einfach mit irgendeinem Mädchen tauschen. Mit einem Mädchen, die 16 Jahre alt war, auf eine normale Schule ging und viele Freunde hatte, die in der selben Stadt lebten. Aber leider war ich, ich und nicht ein anderes Mädchen. Ja ich hatte viel von der Welt gesehen, vermutlich mehr, als andere es jemals werden, aber dennoch sehnte ich mich nach einem normalen Leben. Nur leider wurde ich erzogen, immer etwas positives an etwas zu sehen und daher versuchte ich meine Situation immer aus einem positiven Blickwinkel zu betrachten. Meine Mom sagte mir immer, dass ich besonders war, besonderer als andere Mädchen in meinem Alter. Und das sagte sie nicht, weil ich ein pubertierender Teenager war, nein sondern, weil ich wirklich besonders war. Sowie meine Familie. Wir sahen normal aus und reisten viel, wegen Dads Arbeit, aber als was er arbeitete hatte ich noch nicht erwähnt. Meine Eltern arbeiteten für eine Organisation und das durfte keiner wissen, weshalb auch niemand davon erfuhr. Leider war das auch der Grund, warum wir besonders waren. Wir hatten alle gefälschte Identitäten, zu unserem Schutz. Unsere echten Namen wussten nur wir selbst. Schon von klein auf, hatten meine Brüder und ich Karate und Selbstverteidigung trainiert. Sollte uns jemand angreifen, konnten wir uns auch währen. An jeder Schule, hatten wir andere Persönlichkeiten, die wir vorgeben mussten. Zum Beispiel war ich zuletzt Gerda Jackson gewesen und war ein depressives Mädchen gewesen, zum Glück hatte ich das also schon hinter mir gehabt. Ich hatte schon viele Identitäten gehabt und war so aufgewachsen, weshalb das für mich normal war, was es definitiv nicht war. In Wirklichkeit war mein Name Victoria, ich bevorzugte Tori mehr, weshalb ich auch meist so genannt wurde. Ich hatte honigblonde Haare, die in die Spitzen hin länger wurden und Locken. Meine Augen waren in einem kräftigen blau/grün. An dem einen Tag waren sie mehr grün und an anderem wieder mehr blau. Mit mir selbst war ich zufrieden und die üblichen Teenie-Dramen blieben mir erspart. Bisher war ich noch nie verliebt gewesen, ich hatte es nur gelesen. Also in Romanen oder auch in Liebesgeschichten. Ich hatte nie ein richtiges Zimmer gehabt. Jeder gestaltete sein Zimmer nach seiner individuellen Persönlichkeit, doch meins hatte nie Persönlichkeit. Es war immer in der Farbe, wie es hinterlassen wurde und besaß auch nie viele Möbel. Ein Bett, eine Kommode und einen simpel aufzubauenden Schreibtisch. Sonst eigentlich nichts. Man könnte meinen, ich hätte keine Persönlichkeit, weil ich schon als viele andere ausgeben musste, doch ich besaß eine. War ja auch schließlich menschlich. Ich war sehr ehrgeizig, mitfühlend (manchmal zu sehr laut meinem Dad), konnte sehen, wenn ich angelogen wurde, war etwas schlauer als meine beiden Brüder, konnte mich sehr gut in andere hineinversetzten, wollte es immer jedem recht machen, konnte gut Leute einschätzen und durchschauen, war sehr schnell und konnte natürlich super schauspielern. Täglich trainierten meine Brüder und ich. Wir waren immer auf alles vorbereitet und wussten, wie wir in gewissen Situationen zu reagieren hatten. Ich hoffte inständig eher immer, dass alles immer nach Plan laufen würde und ich nicht in Gefahr geriet. Aber meine Mom meinte immer zu mir, dass ich viel zu schlau war, um mir etwas anmerken zulassen. Tja das war mein Leben, eigentlich immer recht aufregend. Manchmal zu aufregend, aber niemand ist perfekt. Und ich hätte nie damit gerechnet, dass meine erste Mission so enden würde...

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