Die nächsten Wochen verliefen ganz gut. Ich hatte mich eingewöhnt und nach der Nacht mit der Mutprobe wurden Yaren und ich auch als offizielle Mitglieder angesehen. Nun waren schon drei Wochen vergangen. Es war Donnerstag morgen als ich verschlafen meine Augen öffnete. Die Sonne hatte mich geweckt. Mein Handy vibrierte. Josh hatte mir geschrieben, eher gesagt ein Bild von sich und Robin geschickt, der gespielt ein übertriebenes weinendes Gesicht machte. Ich musste leise auflachen.
Nachdenklich fuhr ich mir durch meine Haare. Es war gerade einmal 6:45 Uhr. Seufzend streckte ich mich und sah mich um. Sie alle schliefen noch. Sowie Yaren. Leise schlich ich mich aus meinem Bett und kramte Sportsachen raus. Ich irrte durch die dunklen Gänge des Internats. Betrübt joggte ich los und war in meinen Gedanken versunken. Spätestens um 8:00 Uhr sollte ich wieder hier sein. Zielstrebig sprintete ich auch eine Weile. Meine Ausdauer sollte nicht allzu sehr hierrunter leiden. Meine Haare waren in einem unordentlichen Zopf zusammengebunden. Er schwankte bei jedem Schritt hin und her. Der Wind in meinem Gesicht ließ mich immer ein Gefühl der Freiheit empfinden. Ein Gefühl, was ich selten empfand. Meine Mom wollte eigentlich nie, dass meine Brüder und ich die selbe Berufung, wie auch sie machten. Denn sie verlor ihre eigene Persönlichkeit und hatte bedenken, dass dies auch uns geschehen könnte. Josh und Robin hatten sich keines Wegs geändert. Ich vermutlich auch nicht. Der Sonnenaufgang war hier wunderschön. Der Himmel färbte sich in warme Farben und sah einfach nur unglaublich aus. Ich war um 7:48 Uhr wieder auf dem Internatsgelände. Wieder schlich ich durch die Gänge zurück in mein Zimmer. Die Sonnenstrahlen schienen durch die Fenster. Ich fühlte mich geborgen. Leicht grinsend öffnete ich die Tür und duschte mich. Als ich fertig war stand vor mir eine verschlafene Toni. Sie kratzte sich am Hinterkopf und sah mich verwirrt an.
"Wie kommts, dass du schon wach bist?" fragte sie mich mit kratzender Stimme. Kurz lachte ich auf und klopfte ihr auf die Schulter, als ich an ihr vorbei ging. Ich hatte meine Haare offen gelassen. Meine Locken sahen weich und perfekt aus. Ich zog mir meine Uniform an und zog mir die schwarzen Ballerinas an. Zum Glück war Nele eine sehr ordentliche Person, so wie ich. Gerade als ich mich gemütlich auf mein Bett setzten und lesen wollte, klingelte mein Handy. Schnell sprang ich auf und rannte, bevor ich abnahm ein Stück, damit ich in Ruhe telefonieren konnte.
"Hallo?"
"Mrs. Johnson?" die Stimme kam mir bekannt vor, doch ich konnte sie nicht recht zuordnen. Verwirrt runzelte ich die Stirn und sah mich einmal um.
"Wer ist da?" fragte ich ruhig, doch innerlich war ich total verwirrt.
"Hier ist Mr. Steve Sullivan. Mrs. Johnson ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihr Vater Mr. Johnson spurlos verschwunden ist." dieser Satz riss mir den Boden unter den Füßen weg. Schwer schluckend musste ich mich erstmal an der Wand abstützen und mehrmals blinzeln. Mein Dad. Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf. Was war mit ihm geschehen? Hoffentlich ging es ihm, den Umständen entsprechend, gut. Steve redete nur im aller ernstesten Ernstfall so. Das wusste ich, da er noch nie so ernst war. Leise verließen einige Tränen meine Augen. "Mrs. Sullivan Ihre Mission wird ohne weiteres fortgeführt. Wir werden alles Mögliche unternehmen um Mr. Johnson zu finden. Das verspreche ich Ihnen." fassungslos stand ich da im Gang und kam mir wie in einem Albtraum vor, aus dem ich leider nicht erwachen würde. "Steve?" meine Stimme war monoton. Stille. Er wartete, bis ich weiter sprechen würde. "Versprechen Sie mir, dass Sie ihn finden und er es überleben wird..." die Verzweiflung sprach aus mir. "Tori ich gebe mein bestes!" sagte er aufmunternd und dann beendeten wir das Telefonat. Wie paralysiert lehnte ich mich gegen die Wand und ließ mich runter rutschen. Völlig neben mir starrte ich auf mein Handy. Das alles musste ich erstmal verdauen. Das schlimmste war, ich konnte ihm nicht helfen. Genauso konnte ich meiner Familie nicht beistehen und sie mir nicht. Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare.Ich bemerkte eine Gestalt auf mich zukommen und wischte mir schnell die Tränen weg. Es war Aidan. Der schien auch immer überall gewesen zu sein. Besorgt sah er mich an. Mit angewinkelten Beinen saß ich auf dem Boden und sah zu Aidan auf. Er musterte mich und hockte sich zu mir runter. "Alles klar?" er sah mich mitleidig an. So kannte ich nicht gar nicht, also klar so lange kannte ich ihn nicht und konnte ihn daher auch nicht wirklich gut einschätzen, aber dennoch. Stumm schüttelte ich den Kopf und wieder verließen einige Tränen meine Augen. "Was ist denn passiert?" fragte er mich und setzte sich neben mich. "Meine Schildkröte ist gestorben." log ich und wischte wieder meine Tränen weg. Er seufze und legte einen Arm um mich. "Wie hieß sie denn?"
"Er hieß Mr. Big." ich hatte tatsächlich eine Schildkröte Namens Mr. Big. Er war bei meiner Tante. In der Stille versuchte ich mich schnell auf andere Gedanken zu bringen und atmete tief durch. Aidan hatte die ganze Zeit über meinen Rücken beruhigend gestreichelt. "Geht's wieder?" fragte er nach einiger Zeit ruhig. Ich hob meinen Kopf und sah ihn kurz stumm an. "Danke fürs trösten." sagte ich und nickte währenddessen, als Antwort seiner Frage. Er stand auf und hielt mir seine Hand hin. Ich nahm sie an und wischte mir schnell die Tränen weg. "Siehts schlimm aus?" meine Stimme war etwas brüchig. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und fuhr mit beiden Daumen unter meinen Augen entlang. "Nein, siehst in Ordnung aus." mit einem kleinen aufmunternden Grinsen ließ er von mir ab und sah sich kurz um. Dann umarmte er mich. Völlig überrumpelt erwiderte ich seine Umarmung. Ein Gefühl von Geborgenheit schlich sich bei mir ein und ich fühlte mich sicher. Kurz schloss ich die Augen und versteckte meinen Kopf in seinem Bauch. Er war viel größer als ich. Aidan umarmte mich zärtlich und drückte mich fest an sich. Unsere Umarmung fühlte sich ewig an, was nicht der Fall war. Wir lösten uns gegenseitig von einander und nach einer Verabschiedung gingen wir getrennte Wege.Vor meiner Zimmertür hielt ich kurz inne und atmete tief durch. Ich setzte ein lächeln auf, welches gespielter nicht sein könnte. Als ich die Tür öffnete fand ich keinen dort, was ich gut fand. Schnell zog ich mir meine Laufhose und ein Top an, darüber zog ich noch eine Laufjacke. Gekonnt band ich mir meine Schuhe zu und machte mir meine Haare zu einem hohen Zopf. Mit Kopfhörern ging ich runter und ließ meine Musik laufen. Ich entschloss mich einen Wanderweg zu nehmen. Nach einer Weile hatte ich bemerkt, dass es bereits dämmerte. Meinen Frust war ich noch immer nicht losgeworden. All meine Gedanken drehten sich nur um meinen Dad und die Angst, ihm könnte etwas zugestoßen sein. Er hatte bei unserer Organisation eine höhere Position, die auch äußerst wichtig war, was ihm zum perfekten Ziel machte. Von hier oben konnte man fast alles sehen. Mein Blick ging von der wundervollen Aussicht bis zu dem Internat. Ich sah meine "Freunde" zusammen sitzen. Es Gefühl von Trauer schlich sich wieder bei mir ein. Ich würde so etwas nie haben können. Meine Kniee gaben nach und ich brach zusammen. Stumm sah ich in den Himmel, der sich gelb, orange gefärbt hatte und langsam ins leichte blau, violett über ging. Wie gerne ich bei meinen Brüdern gewesen wäre. Plötzlich riss mich etwas aus meinen Gedanken. Hinter mir hatte ich etwas knacken gehört. Prompt stand ich und war kampfbereit. Sammy sah mich überfordert an und hielt unschuldig die Arme nach oben. Erleichtert atmete ich aus und entspannte mich wieder. "Was machst du denn hier?" ich setzte mich wieder. "Das selbe könnte ich dich auch fragen." Sammy schmunzelte triumphiert und baute sich groß vor mir auf. Stirnrunzelnd kam er mir näher und musterte mich kurz. "Sag mal, ist alles in Ordnung?" verwirrt sah ich ihn an. "Wie meinst du das?" fragte ich ihn gespielt. Sammy ging an mir vorbei und setzte sich auf den Boden und sah sich die Aussicht an. Auch ich ließ meinen Blick nochmals über die unglaubliche Landschaft gleiten. "Du bist Heute so neben der Spur." stellte er fest. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und sah ihn an. "Sammy, mir geht's gut. Wirklich. Ich musste nur mal was Dampf raus lassen." unsicher sah er mich an, dann nickte er. Das klingeln meines Handys unterbrach den leicht angespannten Moment. Entschuldigend sah ich ihn an und ging etwas weg von ihm. Es war Josh. "Hey." sagte ich mit leichter Freude, so wie Verzweiflung. "Hey Tori, wie geht's dir?" er hörte sich bedrückt an. "Naja, den Umständen entsprechend." eigentlich nicht, aber Sammy könnte ja etwas hören. "Und euch so?" darauf folgte Stille. Das bedeutete nie etwas gutes. "Um ehrlich zu sein, nicht besonders. Ich rufe dich nur an, um dir was wichtiges zu sagen. Tori hör mir jetzt gut zu, das mit Dad weißt du bestimmt schon, aber sie wollen uns alle. Sie werden versuchen uns alle zu bekommen. Jetzt musst du nicht nur Yaren beschützen sondern genauso auch dich. Ihr beide seid wichtig für sie." er flüsterte er schon fast. Das machte mir Angst. Wenn selbst er schon ein wenig Angst hat, dann musste es ernst sein. "Warte, meinst du sie sind da?! Bei euch?!" Panik machte sich in mir breit. "Tori, pass auf dich und Yaren auf! Wir versuchen das, was wir unternehmen können. Aber es wird alles gut, du musst dir keine Sorgen machen." versuchte er mich zu beruhigen. Nervös kaute ich auf meiner Lippe rum. "Und wenn nicht? Was wenn ich das nicht schaffe, was wenn sie es schaffen und ich dann ganz alleine bin?" ängstlich versuchte ich nicht anzufangen zu Weinen. "Tori. Wenn das einer packt, dann bist du das. Denk daran, was Dad immer gesagt hat. Wenn du keinen Ausgang findest, dann klettere durch das Fenster, wenn es sein muss. Aber du wirst einen Ausweg finden. Ich glaube an dich, wir glauben an dich Tori. Und du solltest das auch tun. Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück!" machte er mir mit Erfolg Mut. "Josh?" "Ja?" kurz schluckte ich schwer. "Das ist kein Abschied oder?" vor Nervosität begann ich schon zu zittern. "Nein, nur ein bis bald." sagte er aufbauend. "Gut, dann bis bald Josh." sagte ich endlich schweren Herzens. "Bis bald Tori." verabschiedete er sich schnell und dann legten wir auf.
Wie versteinert stand ich dort und sah fassungslos auf den Boden. Danach ging ich mit Sammy zurück ins Internat um dann zum Unterricht zu gehen. Wobei ich versuchte nicht die Fassung zu verlieren und blendete die Geschehnisse von vorhin aus. Leider bekam ich zuerst etwas Ärger, da ich zu spät zum Unterricht erschienen war. Doch dies war mir egal. Alles war egal.

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Undercover
FanfictionDie 16 jährige Victoria, Tori hatte noch nie ein normales Leben. Sie lebte nie länger als zwei Jahre in der selben Stadt mit der selben Identität. Sie gehört zu eine Organisation von Agenten. Ihr Dad hat eine hohe Position und ist so gut wie der Lei...