08. Dunkelheit

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  Es fühlte sich falsch und gleichzeitig so unglaublich gut an. Jemanden zu haben, der einem zuhörte und emotional unterstützte, keine Fragen stellte. Das Bett mit einem teilte, den Rücken kraulte. Alex füllte die Leere, die Sebastian ihm gab.

  Immer öfter sah Patrick den Mann mit der dunklen Stimme, der ihm bis heute ein Mysterium blieb. Er erzählte nichts von sich, lud ihn nur zu sich nach Hause ein, hörte ihm zu, hatte Sex mit ihm. Patrick war sich im Klaren, dass es nicht richtig war, seinen Freund zu betrügen, aber Alex ließ ihn seit Ewigkeiten wieder so etwas wie Glück fühlen. Und das war wie eine Droge für ihn.

  Der Abend, an dem er tränenüberströmt bei ihm klingelte, veränderte jedoch alles. Dadurch fiel er noch tiefer in das Loch von Problemen, doch das war ihm zu dem Zeitpunkt nicht bewusst.

  »Was ist los, Kleiner?«, fragte Alex besorgt, als er seine Wohnungstür öffnete und Patrick aufgelöst vor ihm stand.

  Er zog ihn sofort in eine feste Umarmung, küsste seine Schulter und ließ in die gewohnte Wärme fühlen, nach der er jede einzelne Sekunde sehnte, in der er nicht bei ihm war.

  »Wir sitzen im Dunkeln zu Hause«, schluchzte der Jüngere, nachdem Alex ihm eine heiße Tasse Tee gereicht hatte. »Seit drei Monaten kann ich nicht mehr die Miete bezahlen und jetzt hat uns der Vermieter den Strom abgedreht. Wenn wir nicht innerhalb von zwei Wochen die gesamte Miete zusammenhaben, kündigt er uns die Wohnung. Sebastian interessiert das gar nicht, er ist auch kaum noch Zuhause. Ich weiß nicht, wie er sein Geld für diese scheiß Automaten zusammenbekommt, immerhin bin ich nicht mehr so dumm und gebe ihm was ab.«

  Alex seufzte und fuhr mit seiner tätowierten Hand an seinem Rücken auf und ab. Patrick schluchzte weiterhin elendig, erst jetzt bemerkte er so wirklich, was aus seinem Leben geworden ist. Verschuldet, einen spielsüchtigen Freund, eine Affäre, kein Strom, keine Ausbildung und bald wahrscheinlich keine Wohnung.

  Dabei hatte es doch alles so gut angefangen; Sebastian und er waren so verliebt ineinander gewesen. Wie oft lagen sie noch in der Schulzeit im Bett, händchenhaltend, und redeten über die Zukunft. Patrick als Erzieher, Sebastian als Informatiker. Als sie dann ihr Abitur gemacht hatten, lief es nur für Sebastian gut. Er schloss sein Studium in Regelzeit ab, bekam direkt einen Arbeitsplatz. Patrick hingegen kam nicht mit seinen Kollegen und Vorgesetzten zurecht, sodass er seine Ausbildung nach einem Jahr abbrach. Nach seiner sogenannten Findungsphase scheiterte er auch als Einzelhandelskaufmann und Tischler. Nichts schien ihm zu passen, nur Sebastians aufmunternde Worte trieben ihn voran. Doch auch das hatte nun ein Ende. Es schien so, als ob die Welt ohne ihn weitergehen würde. Er hatte seinen Platz verspielt.

  »Ich kann dir behilflich sein«, sagte Alex sanft, während er weiterhin Patricks Rücken kraulte.

  »Das kannst du nicht, das kann niemand«, antwortete Patrick wehleidig.

  »Aber na, na«, der Größere lachte leicht auf. »Du brauchst Geld, nicht wahr? Sonst steht ihr ohne Storm und bald ohne Wohnung da. Ich kann dir Geld leihen, so viel wie du benötigst, dafür musst du nur einen Vertrag unterzeichnen.«

  »Einen Vertrag?«, fragte Patrick nach.

  »Keine Angst, nichts Schlimmes, ich würde dir doch nie etwas tun, mh?«, lächelte Alex und küsste ihn auf die Stirn. »Es ist nur dazu da uns abzusichern. Ein Einverständnis, das ich das Geld wiederbekomme. Dafür kannst du dir alle Zeit der Welt nehmen.«

  Patrick war naiv. In Gedanken an die Wohnung, die er seit drei Monaten nicht bezahlen konnte, und an seinen Freund, den er trotz der aktuellen Lage nicht verlieren wollte, unterschrieb er den Vertrag, ohne sich ihn durchzulesen. Immerhin wollte Alex ihn retten, nicht wahr? Er war für ihn da, er ließ ihn gut fühlen und jetzt unterstützte er ihn sogar finanziell. Er konnte ihm nur danken.

Fulfill Me | kürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt