Patrick irrte in Manuels Haus umher, nachdem dieser ihm erlaubt hatte, sich alles anzuschauen. Als erstes sprintete er wieder nach oben, um sich ein Hemd aus Manuels Kleiderschrank (für welchen er einen eigenen Raum besaß) zu nehmen. Da es ihm an der Brust zu sehr spannte, hatte er es wieder aufgeknöpft und lief somit immer noch halbnackt durch das Haus.
Der Tänzer fühlte sich wie ein kleines Kind in einem riesigen Palast, wie er barfuß durch die ganzen Räume lief und nicht genug von allem bekam. Oben stoppte er in Manuels Heimbibliothek, in welcher sich unfassbar viele Bücher befanden. Während es sich der Architekt auf einem dunkelgrünen Récamiere gemütlich machte, streifte Patrick seine Finger über all die gebundenen Seiten, die vor ihm standen.
»Hast du das alles gelesen?«, fragte er erstaunt, ohne sich zu Manuel umzudrehen.
»Nun ja, vieles davon brauche ich für die Arbeit und einiges ist noch aus dem Studium, die Fachbücher habe ich meistens nur übersprungen. Aber eine Vielzahl der Romane habe ich gelesen, man mag es kaum glauben«, grinste Manuel.
»Was liest du am liebsten?«, hakte Patrick nach, als er die riesige Fantasysammlung sah; Martin, Tolkien, Pratchett und Hobb, er hatte sie alle vorsorglich angeordnet im Regal zu stehen.
»Das wechselt. Aber ich kam schon lange nicht mehr dazu, ein Buch zu beenden«, gab Manuel zu. »Eine Weile habe ich nur Fantasy gelesen. Das Lied von Eis und Feuer habe ich verschlungen, manchmal brauche ich aber auch irgendwas, was den Kopf mehr anspricht. Philosophie, Psychologie oder Klassiker. Hier.« Er stand auf und nahm Patrick sanft bei der Hüfte, um ihn zum richtigen Regal zu führen. »Nietzsche war ein komischer Kerl. Er war einer der großen Namen im Nihilismus, es ist schon komisch, dass es wirklich Menschen gibt, die so über das Leben nachdenken. Ich würde dir gerne Wie man wird, was man ist ausleihen, wenn es dich interessiert.«
Nietzsche, Nihilismus, das waren alles fremde Wörter für Patrick. Doch Manuel verpackte es so, dass er sich nicht dumm fühlte. Er konnte ihm noch stundenlang zuhören, wenn er über Bücher sprach. Er nahm das kleine Taschenbuch an sich, dessen Seiten schon leicht vergilbt waren, und entschied den Raum zu verlassen, bevor er sich zu lange dort aufhielt. Irgendwann konnte er die Bücher noch länger begutachten.
Oben befanden sich neben den Räumen, die er schon begutachtet hatte, zwei Badezimmer (Wer brauchte zwei, wenn er allein lebte?), sein Arbeitszimmer und ein Gästezimmer. Während Patrick sich fragte, wieviel er für den Bau des Hauses ausgeben musste, lief er gespannt nach unten in das Wohnzimmer. Es war ein riesiger, minimalistisch eingeräumter Raum. Auf der einen Seite befand sich ein großer Flachbildfernsehr mit einer riesigen Couch, Sesseln und einem Kamin, auf der anderen Seite stand ganz allein ein schwarzer Flügel.
»Du spielst Klavier?«, fragte Patrick erstaunt.
Er wunderte sich, was dieser Mann nicht konnte und verfluchte ein weiteres Mal seine Schmetterlinge im Bauch. Es war keine gute Idee gewesen, seine Einladung anzunehmen. Er lernte den Architekten viel zu gut kennen, was komplett gegen seinen Plan schoss.
»Ein wenig«, hauchte Manuel dicht hinter Patrick, sodass sich seine Nackenhaare aufstellten. »Ich kann aber keine Noten lesen, ich lerne durch Gehör oder Videos.«
Patrick war sich mittlerweile bewusst, dass er perfekt sein musste. Er konnte kochen, las Bücher, spielte Klavier, sorgte sich und passte auf ihn auf. Warum musste er ihn genau jetzt treffen und nicht etwas später, wenn er die ganze Sache mit ihm hinter sich hatte?
Der Tänzer traute sich nicht zu fragen, ob er ihm etwas vorspielte und lief deswegen zur Tür, die in den Garten führte.
»Scheiße«, sagte Patrick und lachte kurz auf. »Der Jacuzzi ist gerade nicht beheizt, oder?«
»Doch, doch«, antwortete Manuel leicht verlegen, da er mittlerweile bemerkte, wie sein Haus auf andere wirken musste. Er lebte in einem Paradies, aber was nütze ihm das, wenn er es mit niemandem teilen konnte?
»Können wir rein?«, fragte Patrick und streifte sich schon präventiv sein Hemd vom Körper.
Als Manuel nickte, zog er auch hastig die Boxershorts aus und stieg in das heiße Wasser ein. Er seufzte auf, als die Blasen seinen Körper überall kitzelten und schloss seine Augen. Der Architekt war ein wenig überfordert von Patricks Nacktheit und tat sich schwer, sich komplett auszuziehen. Zwar kannte der Tänzer seinen Körper in und auswendig, aber es war nochmal etwas anderes, sich auf nicht sexuelle Weise nackt zu sehen.
»Nun komm schon«, forderte der Kleinere ihm auf, als er ein Auge wieder öffnete, um zu sehen, warum Manuel so lange brauchte.
Der Architekt stand unbeholfen in Boxershorts da - den Rest hatte er schon ausgezogen - und kämpfte mit sich selbst, noch das letzte Kleidungsstück aufzuziehen.
»Ich mag es nicht so, nackt zu baden«, das war eine Lüge. Er liebte es, wenn die Blasen seinen Hintern und Penis streiften.
»Langweiler«, rief Patrick aus. »Dann komm halt angezogen her.«
Manuel setzte sich gegenüber von ihm hin. Er wusste nicht, auf welcher Ebene die zwei sich gerade befanden. Immerhin hatte der Kleinere gestern Dinge angesprochen, die sich angehört hatten, als hätte er auch Gefühle für ihn. Aber der Architekt wollte nichts überstürzen. Patrick müsste den ersten Schritt wagen, denn er wollte nichts vermasseln.
»Also«, sagte Manuel und fuhr sich mit den nassen Händen durch die langen Haare. »Du wolltest mein Haus sehen, damit du meiner Bitte ausweichen kannst.«
»Ich weiß nicht, was du meinst«, Patrick schluckte schwer und traute sich nicht, ihm in die Augen zu schauen.
»Patrick, bitte. Es fühlt sich so an, als müsstest du es endlich loswerden. Du trägst eine riesige Last auf dir, das habe ich gestern gemerkt«, der Architekt legte seine zitternde Hand auf Patricks Knie. Er wusste nicht, wie weit er gehen durfte. »Bitte vertraue dich mir an. Ich bin nur dein Kunde, nicht wahr? Das ist das, was du immer sagst. Also ist es doch egal, dass ich es auch weiß. Es wird nie zwischen uns stehen, weil nichts zwischen uns ist, richtig?«
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Fulfill Me | kürbistumor
Fanfic[abgeschlossen] Patricks Regel Nummer eins als Sexarbeiter: verliebe dich nicht in einen Kunden. Als Manuel auftaucht, wird dies auf die Probe gestellt.