10. Jacuzzi

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  Nach langem Hin und Her hatte Manuel sein Geld weggesteckt und Patrick für den gestrigen Tag und den heutigen Abend nicht bezahlt. Der Tänzer bestand darauf. Auch noch auf dem Heimweg dachte Patrick über Manuels Worte nach. Sie lagen schwer auf seiner Brust; der Architekt war verliebt in ihn. Und sein Kribbeln im Bauch deutete eigentlich auch auf Gefühle seinerseits hin, aber er entschied sich, sie zu ignorieren. Er konnte es sich nicht leisten. Weder die mögliche Beziehung noch Manuel als seinen zahlenden Kunden zu verlieren.

  Die Monate, seitdem Manuel bei ihm war, sah sein Konto akzeptabel aus; er musste nicht bangen, ihn nicht zahlen zu können und dafür wieder in Schwierigkeiten zu geraten. Er hatte sogar hier und da etwas übrig, um sich neue Klamotten leisten zu können. Und das war seit Jahren nicht mehr der Fall gewesen.

  Generell hatte sich seine Laune gesteigert - auf Arbeit musste er kaum noch eine Maske aufsetzen. Das Tanzen machte ihm mehr Spaß denn je, vor allem wenn er Manuel schon im Publikum sitzen sah. Tim fiel das besonders auf, er freute sich für den Jüngeren, machte sich aber Gedanken, dass er sich zu abhängig von dem Architekten machte. Dabei hatte sich Patrick geschworen, sich nie wieder von irgendjemanden abhängig zu machen; ob emotional oder finanziell. Das lag hinter ihm. Nicht mehr lange, dann hatte er ihm alles abbezahlt und er konnte ohne Albträume weiterleben, denn dann war er frei. Bei dem Gedanken daran, fühlte sich Patricks Brust befreit an. Als ob er besser atmen konnte.

  Manuel hatte sich seit Ewigkeiten mal wieder in seinen Jacuzzi begeben. Er schloss entspannt die Augen und ließ das Blubbern des warmen Wassers auf ihn einwirken. Nach einer ganzen Weile, in denen seine Gedanken einfach umherflogen und sich auf nichts konzentrierten, trat Patricks Gesicht vor seinen geschlossenen Augen auf. Er sah die schön geformten Augenbrauen, seine dunklen, kleinen Augen und seine schmalen Lippen, die zu einem Grinsen geformt waren, vor sich und musste ebenfalls sofort lächeln.

  Das Gespräch vor ein paar Stunden (und der wilde Sex hinterher) hatten ihn beruhigt. Er hatte fast gedacht, Patrick würde ihn nie wiedersehen sollen. Anstatt dessen hatte er gesagt, dass er ihn mochte. Ihn! Mochte! Den anhängigen Freier, der ihn zu Gefühlen zwingen wollte, die er nicht besaß - oder? Freute man sich einfach so auf einen Kunden? Redete er auch so viel mit anderen? Bei dem Gedanken daran, dass Patrick dasselbe machte mit anderen Männern, verzog sich sein Magen schmerzhaft – er war eifersüchtig.

  »Jetzt ist aber mal gut«, murmelte Manuel zu sich selbst, nippte an seinem Glas Champagner und tauchte noch tiefer in das angenehm warme Wasser ein.

  Er konnte es nicht unterdrücken; egal was er tat, er stellte sich vor, wie es mit Patrick doch noch viel schöner wäre. Im Jacuzzi nackt baden, nebeneinander einschlafen, zusammen frühstücken. Manuel schüttelte seinen Kopf, doch Patrick verschwand nicht.

  »Er hat keine Gefühle für dich«, wiederholte der Architekt immer und immer wieder, als sei es sein Mantra.

  Irgendwann entspannte ihn das blubbernde Wasser nicht mehr, also trank er trotzig den Champagner in einem Schluck aus, stieg aus dem Jacuzzi und umhüllte seinen Körper mit einem samtenen Bademantel. Manuel hinterließ kleine Pfützen aus Wasser, als er zurück in sein Haus lief, doch das interessierte ihn herzlich wenig. Morgen würde eh die Reinigungsfirma kommen und alles säubern. Das Haus war viel zu riesig und er hatte zu wenig Zeit, um sich selbst darum zu kümmern, also hatte er nach Fertigstellung des Baus direkt eine Firma kontaktiert, die zwei Mal die Woche kam.

  Normalerweise war er keine Person, die etwas absichtlich dreckig hinterließ, eigentlich versuchte er alles so sauber wie möglich zu halten, aber heute interessierte ihn nichts mehr. Patrick hatte sich so in seinem Kopf festgesetzt, dass er über nichts anderes mehr nachdenken konnte. Unter anderen Umständen hätte er sich gefreut, endlich was anderes im Kopf zu haben als die Arbeit. Aber arbeitsbedingten Stress durch emotionalen Stress auszutauschen fühlte sich kein Gold besser an.

  Immer noch mit einem nassen Körper, der sich an den Bademantel schmiegte, ließ sich Manuel ins Bett fallen und hoffte, sein Kopf würde ihn endlich in Ruhe lassen.

Fulfill Me | kürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt