09. Erleichterung

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  Nervös wippte Patrick von einem Fuß auf den anderen. Er hatte Manuel im Publikum gesehen, doch war nach seinem Auftritt nicht bereit, auf ihn zuzugehen. Er hatte das starke Bedürfnis, sich Tim anzuvertrauen, aber das ging nicht. Er war ein Plappermaul und würde ihn sicherlich, wenn auch unbeabsichtigt, verraten, dass er sich mit einem Freier außerhalb des Clubs getroffen hatte. Dann wäre Patrick auch diesen Job los.

  »Tim?«, sagte er schließlich und drehte sich zu seinem Kollegen um. »Könntest du Manuel vielleicht sagen, dass ich in meinem Zimmer auf ihn warte?«

  »Mh«, murmelte sein Kollege überlegend, während er Patrick von oben nach unten anschaute. Er wusste, dass etwas nicht stimmte, aber entschied sich, nicht nachzufragen. »Mach ich. Aber wenn es was zu bereden gibt, dann sagst du mir bitte Bescheid.«

  Tim strich dem Kleineren sanft lächelnd über die Schulter und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor Patrick sich dankend zu seinem Zimmer aufmachte. Er wollte keine Blicke der anderen Gäste auf ihm spüren, während er sich selbst so elend fühlte. Schon allein Manuel in Empfang zu nehmen, schien nicht richtig zu sein. Gestern Abend hatte er sich noch viele Gedanken zu ihrem Treffen gemacht und kam auf den Entschluss, das Geld nicht anzunehmen. Er konnte es einfach nicht. Sie waren zwar drei Stunden spazieren gewesen, aber wie sie auseinandergingen, war nicht abgemacht. Er hatte Manuel enttäuscht und das war das erste Mal, dass ein Freier mit seinen Leistungen nicht zufrieden war. Dafür konnte er kein Geld annehmen.

  Ein Klopfen an der Tür ließ den Tänzer aufschrecken. Ein letztes Mal atmete er tief ein und aus, bevor er diese mit Herzklopfen öffnete. Als Manuel, gewohnt mit seinem weißen Hemd und dunkler Anzugshose vor ihm stand, schlug sein Herz noch schneller.

  »Hey«, sagte Patrick unsicher und schloss die Tür hinter ihnen.

  »Ich wollte dir nur schnell das Geld geben und verschwinden«, sagte der Architekt streng.

  Manuel zog sofort sein Portemonnaie heraus und hielt ihm die Scheine hin, doch Patrick nahm sie nicht an.

  »Können wir vielleicht reden?«, fragte er sanft und deutete mit einer kleinen Armbewegung auf die Couch. Er hakte ein leidendes »Bitte« nach, nachdem Manuel keine Anstalten machte, sich zu bewegen oder die Geldscheine wegzustecken.

  »Ich weiß nicht, was es zu bereden gibt«, sagte Manuel tonlos, setzte sich nun trotzdem hin.

  »Es tut mir leid, wie das gestern verlaufen ist«, fing Patrick an und hielt sich mit aller Kraft zurück, nicht mit einer seiner Haarsträhnen zu spielen. »Ich habe mich im Ton vergriffen und das Falsche gesagt. Ja, ich habe das Treffen nur wegen des Geldes angenommen, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich so verhalten darf. Es war eine Dienstleistung von mir und ich habe sie nicht erfüllt, deswegen möchte ich das Geld nicht annehmen. Viel wichtiger ist aber, dass du mir meine Entschuldigung abnimmst.« Patrick atmete tief durch. »Manuel, ich will nicht lügen, ich mag dich. Du bist mein Freier, ich werde von dir bezahlt für Sex, aber ich mag dich wirklich. Ich freue mich jedes Mal, dich hier zu sehen. Deswegen hoffe ich inständig, dass du mir nicht mehr böse bist.«

  Am Ende seines Monologs legte Patrick seine Hände doch auf Manuels Oberschenkel und er war verwundert, dass der Architekt nicht einmal versuchte, sie wieder wegzunehmen. Vielleicht hatten seine Worte wirklich etwas gebracht. Er schaute Manuel in die tiefgrünen Augen, doch diese wollten ihm nichts verraten.

  »Patrick«, fing Manuel langsam an, lachte kurz in sich hinein, weil er nicht die Worte finden konnte. »Ich war naiv zu denken, dass ich jemals mehr für dich sein würde als ein Kunde. Ja, ich hatte das geglaubt und ja, deswegen bestand ich so sehr auf dieses Treffen. Ich weiß, dass es deine Arbeit ist, mich zu verführen. Und dass du das bei etlichen anderen Männer auch tust, aber du hast mich verzaubert. Nicht nur der Sex, sondern wirklich du. Ich bin dir nicht böse, ich bin eher enttäuscht von mir.« Er schüttelte leise auflachend seinen Kopf und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Du wirst mich weiterhin jede Woche ertragen müssen, denn ich muss dich sehen.«

  Patrick hatte es schon geahnt, dass Manuel sich in ihn verliebt hatte. Das war bei vielen Freiern der Fall - aber bei Manuel war es irgendwie doch anders. Normalerweise bot Patrick nur Sex an, rein raus, eine schnelle Nummer, das war's. Ein Kunde von ihm bestand darauf nur zu Kuscheln, was auch in Ordnung war. Aber bei keinem anderen außer Manuel würde er je auf die Idee kommen, noch lange nach dem Akt einfach dazuliegen und zu reden. Sich die Geschichten freiwillig anzuhören. (Andere klagten über ihre Ehe oder Kinder während des Aktes, Patrick hasste das, immerhin war er weder Paarberater noch Therapeut.)

  »Das heißt, es steht nichts mehr zwischen uns«, sagte der Tänzer erleichtert und versuchte das Kribbeln in seinem Bauch zu ignorieren. »Das freut mich, wirklich.«

  Patrick konnte nicht anders, es war als würde er von Fäden gezogen werden, als er sein Bein über Manuel schwang und sich auf seine Oberschenkel setzte und sich an seinem Hemd zu schaffen machte. Hastig öffnete er Knopf nach Knopf, während Manuel gierig seinen Hosenbund öffnete und ihn mit einem lüsternen Blick anschaute.

Fulfill Me | kürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt