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Nie hätte Lucius Malfoy gedacht, dass er sich einmal in einer gewöhnlichen Muggelbar im Süden von London so wohl fühlen würde. Vor ungefähr einem Jahr war er durch Zufall darüber gestolpert und sowohl das heimelige, aber gepflegte Interior, als auch die überraschend gut sortierte Getränkeauswahl hatten ihn zur Wiederkehr bewegt. Außerdem genoss er die Anonymität. Die kurze Zeit, in der er unerkannt einfach nur in einer Ecke sitzen und einen Drink genießen konnte, war für ihn unendlich wertvoll geworden und daher frequentierte er diese Bar nun regelmäßig. Warum auch nicht? Das Manor war seit Dracos Auszug und der Scheidung von seiner Frau leer und bot abgesehen von der Bibliothek nicht viel Abwechslung. Manchmal vermisste er Narzissa  - sie war ihm noch immer eine liebe Freundin. Zwar trafen sie sich dann einfach auf eine Tasse Tee und plauderten ein wenig. Aber die Abende blieben weiterhin etwas öde und trist.

Hier in der Bar hingegen herrschte immer ein reges Treiben und die heitere Stimmung färbte auf ihn ab, auch, wenn er nur ein stummer Beobachter war. Hin und wieder erschrak er darüber, wie sehr er sich verändert hatte, tröstete sich dann aber mit dem Gedanken, dass es vielleicht nicht das Schlechteste war. Heutzutage schienen Veränderungen auch viel Gutes mit sich zu bringen. Zumindest konnte er nicht leugnen, dass es seiner Schlafqualität äußerst zuträglich war, dass der dunkle Lord nun endgültig nicht mehr unter ihnen weilte.

Gerade nahm er noch einen Schluck aus seinem Glas, als etwas seine Aufmerksamkeit fast schon an sich riss. Es war nichts Besonderes, dass eine neue Person die Bar betrat - es herrschte für gewöhnlich ein reges Kommen und Gehen. Doch die junge Frau, die mit gesenktem Kopf geradewegs in Richtung Theke zusteuerte, kam ihm mehr als bekannt vor. Wenig graziös ließ sie sich auf einen Schemel fallen und saß nun mit dem Rücken zu ihm. Erkannt hatte er sie trotzdem. Was bewegte die berühmte Hermine Granger dazu, allein in eine Bar zu gehen und sich dort einen Drink der eher stärkeren Sorte zu bestellen? Zu seinem Staunen trank sie ihr Glas, das augenscheinlich ebenfalls mit Whiskey gefüllt war, in einem Zug aus. Lucius hatte die junge Hexe schon lange nicht mehr gesehen, doch dieses Verhalten erschien ihm doch recht eigentümlich. Als sie sich einen weiteren Drink bestellte, erfasste ihn eine verrückte Idee. Überrascht von seiner eigenen Impulsivität stand er auf und kam zu ihr herüber.

"Na na, Miss Granger. Haben Sie ein Eselsohr in einem Ihrer Bücher gefunden oder was treibt Sie in derartige Alkoholexzesse?"

Belustigt deutete er auf ihr inzwischen zweites geleertes Glas.  Hermine Granger hingegen fiel vor Schreck beinahe von ihrem Hocker. Die beiden Whiskeys, die sie in Rekordzeit getrunken hatte, waren sicherlich keine Hilfe.

"Mister Malfoy! Sie können sich doch nicht einfach so an Leute heranschleichen!"

Die junge Hexe fasste sich erstaunlich schnell und fuhr gereizt fort:

"Jemand könnte Sie aus einem Reflex heraus verletzen. Am besten, Sie legen diese Angewohnheit so schnell wie möglich ab!"

"Ich versichere Ihnen, Miss Granger, dass ich nicht im Geringsten vorhatte, Sie zu erschrecken. Ich bitte um Verzeihung."

Das spöttische Grinsen, das er nicht unterdrücken konnte, strafte seiner Worte Lügen und das wusste er auch. Fast schon bedauerlich, wie er fand, denn es tat ihm tatsächlich leid, die junge Frau so in Aufruhr versetzt zu haben. Aus der Nähe konnte er erkennen, dass sie abgekämpft und niedergeschlagen aussah. Der Funken Kampfgeist, mit dem sie ihm begegnet war, verschwand wieder und Miss Granger widmete sich dem Barkeeper. Ein weiterer Drink tauchte vor ihr auf und wurde eilig in Empfang genommen.

"Ja ja, natürlich. Und mein Kater kann fliegen. Wie auch immer. Was wollen Sie hier und warum stehen Sie immer noch dumm rum und starren mich an, Malfoy?"

Der dritte Whiskey hatte eindeutig keinen guten Einfluss auf ihre Manieren, soviel war Lucius klar. Jedoch tat er sich mit der Antwort auf ihre Frage denkbar schwer. Er war einem Impuls gefolgt, den er selbst nicht ganz verstand. Dennoch verzog er keine Miene und trieb das Spielchen sogar noch weiter.

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