6. Kapitel

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Nelly verwandelte sich schnell und lief jetzt als Mädchen neben mir her. Wir gingen zum Haus II, in dem Lea sich ihr Zimmer mit Lyle teilte. Ich war erleichtert, als ich sah, dass Lyle nicht da war. Lea hatte nämlich erzählt, dass Lyles Zweitgestalt ein Blauwal war und ich wollte nicht unbedingt mit einem Blauwal in einem kleinem Zimmer sein, weil ich meistens panisch wurde, wenn ich wenig Platz hatte.

Nelly und ich gingen hinein. An der Wand von Leas Zimmer waren viele Zeichnungen von allen möglichen Tieren und Pflanzen, aber vor allem waren es sehr viele Schneeleoparden. Hat Lea sie gemalt?, fragte ich mich. Wenn ja, konnte Lea so richtig gut zeichnen.

„Wer hat die Bilder gemalt?“, fragte ich Lea, weil ich so neugierig war. „Lyle“, verkündete sie zu meiner Überraschung. „Sie möchte aus irgendeinem Grund total gerne ein Schneeleopard sein und malt immer ganz viele. Sie sehen voll schön aus, es ist aber manchmal etwas nervig, wenn sie einem seit einer Stunde erzählt, wie gerne sie einer wär.“ - „Aha“, brachte ich nur heraus. „Wo bleibt Liam eigentlich? Ist er mit wem anders schon losgegangen?“, fragte Nelly ungeduldig. Lea zuckte mit den Schultern.

„Ich geh nachschauen“, sagte ich nach einer weiteren Viertelstunde des Wartens. „Ich komm mit!“, rief Nelly und als ich Lea mit einem fragenden Blick ansah, schüttelte sie den Kopf: „Falls er doch noch kommt“, sagte sie und fügte noch „Ihr kommt aber in zehn Minuten zurück!“ hinzu.

So liefen wir dann wieder heraus und gingen zur Hütte VII, in der Liam wohnte. Wir klopften am Zimmer II, weil der Name Liam darunter geschrieben stand. Keine Antwort. Vorsichtig öffnete Nelly die Tür und sah hinein. Als ich auch einen Blick hinein warf, sah ich, dass niemand da war. „Wo ist dieser verdammte Wolf denn jetzt? Sonst war er zum Wahrheit oder Pflicht spielen immer pünktlich!“,sagte Nelly, als wir nach draußen gingen.

Weil wir nicht wussten, wo wir noch suchen sollten, gingen wir zurück zu Lea. „Na, habt ihr ihn gefunden?“, fragte sie sofort, als wir eintraten. Nelly schüttelte den Kopf und Lea sagte, dass wir wohl alleine gehen müssten.

Also gingen wir nur zu dritt die Treppe hoch, denn die Zweitjahresschüler in Leas Haus spielten gerne mit oder überließen ihnen andernfalls die obere Etage, wie Nelly und Lea auf dem Weg erzählten.

Der Raum war riesig. Die Wände waren in einem hellen Lilaton gestrichen und es hingen ein paar Bilder an den Wänden. Hier standen auch die selben Bette und Schreibtische wie bei uns und es befanden sich auch viele Stühle und Schränke in dem Raum, es gab aber in der Mitte eine große, freie Fläche, auf der ein bunter Teppich lag. 

Auf dem Boden saßen auch schon eine Menge Leute, was bei mir Bauchschmerzen verursachte. Lyle, vermutlich ein paar ihrer Freunde, vier Zweitjahresschüler, die ich nicht kannte und ein Junge mit blonden Haaren. Neben ihm saßen zwei Jungen wie Bodyguards, die beide braune, glatte und mit Gel verschmierte Haare hatten.

Aber wie lange ich mich auch umsah: Liam blieb verschwunden.

Dann fingen wir an zu spielen. Zuerst ergriff eine schwarzhaarige Zweitjahresschülerin das Wort. Sie erklärte kurz das Spiel, obwohl die meisten Leute hier es schon kannten. Dann blickte sie kurz in die Runde, bis ihr Blick an einer Schülerin hängen blieb. „Maya, Wahrheit oder Pflicht?“ Sie wählte Wahrheit, aber danach hörte ich nicht mehr richtig zu, ich war viel zu müde. Nach ungefähr fünf Runden musste Nelly sich verwandeln und das Treppengeländer einmal hoch- und wieder herunter laufen.

Wir spielten nicht lange, als plötzlich, wie aus dem Nichts, Liam auftauchte. „Ich hab's vergessen“, murmelte er und ich meinte zu hören, wie er log. Ich sah es ihm auch an, denn auf seinem T-Shirt waren rote Flecken, die nicht so aussahen, als ob sie da hingehören würden.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt