17. Kapitel

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Kurz darauf wartete ich mit meinem Vater vor der Tierklinik im Schutz der Bäume darauf, dass jemand mit einem Milan im Arm zu uns kam.

Ich war sehr angespannt. Nebenbei zertrat ich die Kiefernzapfen auf dem Boden, um irgendetwas zu tun. Lange schweiften meine Gedanken um Grace, dann erinnerte ich mich aber an Liam, den Wolf, dem ich hoffentlich bald zu verdanken haben würde, dass Grace wieder im Menschenkrankenhaus ist.

So in Gedanken vertieft hätte ich fast nicht bemerkt, wie jemand, den ich noch nie gesehen hatte, mit meinem Lieblingsmilan im Arm auf uns zu kam. Der Mann hatte kurze, braune Haare, in denen ein paar Blätter hingen. Wahrscheinlich war er gerade noch in seiner Zweitgestalt durch den Wald gestreift. Vorsichtig übergab er den Milan an Ben, der ihn erleichtert entgegen nahm.

Alles gut?, fragte ich Grace sofort. Ja, ja, die Tierpfleger waren nicht schlecht zu mir, sagte sie nahezu fröhlich. Kam es mir nur so vor, oder hatte dieser Milan einfach nur sein Futter gefressen und nicht auch nur einen Gedanken von seinem Essen und den Tierpflegern abschweifen lassen, während wir uns hier die Köpfe zerbrochen haben? Ich musste unwillkürlich lächeln. Der Gedanke verschwand jedoch sehr schnell, da die Freude, Grace wiederzusehen, größer war, als jedes andere Gefühl.

Dankbar sahen mein Vater, Grace und ich, den Wolfswandler an und mein Vater bedankte sich bei ihm. „Gerne doch. Kann ja mal passieren", sagte der Mann grinsend und sprach nicht weiter, weil wir immernoch direkt neben der Tierklinik standen und man uns vielleicht hörte, aber er brauchte auch nicht weiterzusprechen, wir wussten was er meinte.

Tschüss! Und noch mal ein dickes Danke, dass so dick ist wie die fetteste Maus!, rief Grace dem Mann in Gedanken noch zu, als dieser sich zum Gehen wandte und er lachte. Nochmal, gerne, aber was die Maus angeht, nehme ich eher ein Reh, davon werde ich eher satt. - Dann so, wie auch immer, das war sehr flügge von dir!

Flügge war ein Wort, welches Grace sehr oft als Lob benutzte, und ich freute mich, dass ihre Lebensfreude nicht unter dem Krankenhausaufenthalt litt. Der Wolf und Grace unterhielten sich so noch etwas weiter. Ich war mir nicht sicher, ob mir das nur so vorkam, aber die beiden verstanden sich erstaunlich gut.

Mein Vater, der von dem ganzen Gespräch nicht viel mitbekam, weil er ein Mensch ist, stand nur da, glitt abwesend mit den Fingern durch Grace' Gefieder und betrachtete den Mann.

Als sich Grace und der Wolf dann endlich verabschiedeten, gingen wir zu unserem Auto und mein Vater legte mir vorsichtig die verletzte Grace in die Arme.

Ich setzte mich auf die Rückbank und unterhielt mich mit Grace. Es war ein gutes Gefühl zu wissen, wie es ihr geht. Sie erzählte lange davon, wie sie ab und zu versucht hatte zu fliegen. Meistens war das missglückt, wie sie sagte. Also, eigentlich fast immer. Ich wunderte mich dennoch, wie sie es fast geschafft hätte in einen Käfig zu fliegen. Das ging doch gar nicht! Obwohl ich sehr wenig Ahnung davon hatte, wunderte ich mich sehr.

Wenig später bogen wir in eine kleine Waldstraße ab, damit Grace sich verwandeln konnte. Das schien sehr weh zu tun, denn die leisen Geräusche, die Grace dabei von sich gab, waren vom Schmerz verzogen.

Dann zog sie sich ein lockeres Kleid an und kam als menschliche Grace wieder zum Vorschein. Wir umarmten uns. Leider wurde diese Umarmung schnell unterbrochen, als Grace' Arm begann zu schmerzen. Wir fuhren schnell zum Krankenhaus und mein Vater log vor, dass wir einen sehr wichtigen Termin gehabt hätten, dessen Datum sich spontan geändert habe, weshalb Grace nicht da war. Auf die Frage, warum wir sie nicht abgemeldet hatten, antworteten wir damit, es wegen dem ganzen Stress vergessen zu haben und ganz nebenbei auch keine Zeit dafür gefunden zu haben. Zu unserem Glück glaube man uns das und Grace bekam ihr Zimmer zurück.

Als ich an diesem Tag ins Bett fiel, war ich hundemüde und schlief sofort ein.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt