8. Kapitel

203 13 0
                                    

Etwas später führten Lea und Nelly mich wichtigtuerisch durch den Schnee.

Ich hatte schon Angst, dass wir uns zu weit von der Schule entfernt hatten, aber plötzlich blieb Nelly stehen und Lea quetschte sich an einem Stein vorbei. War das der Weg zu einer Höhle?

Tatsächlich war es eine kleine, gemütliche Höhle, deren Decke ein paar Meter über meinem Kopf vorbei ging. Auf dem steinigen Boden lagen ein paar Decken. „Hier treffen wir uns ganz oft. Eigentlich immer mit Lea, Liam und mir. Hier stört uns niemand“, erklärte Nelly mit einem Augenzwinkern.

Sie holte eine Tüte Bonbons aus ihrer Tasche und warf jedem einen Bonbon zu.

Wir setzten uns auf die Decken und Nelly fragte: „Findet ihr Liam in letzter Zeit auch so komisch?“ Ich nickte und Lea antwortete: „Irgendwie schon, er hat immer wieder neue Blutflecken und wehrt sich hartnäckig darüber zu sprechen.“ - „Habt ihr auch bemerkt, dass die Bären ihn immer so schadenfroh ansehen?“, bemerkte ich.  „Nein! Echt? Oh Gott, hoffentlich haben die nichts damit zu tun...“, stammelte Lea und wir sahen uns einen Moment lang besorgt an. „Die mögen ihn doch eh nicht, vielleicht hat das gar nichts damit zu tun“, versuchte Lea noch, die Situation zu retten, doch wir glaubten es alle nicht wirklich. Lea glaubte es selbst nicht.

Es herrschte einen Moment Stille, dann wechselte Nelly das Thema: „Ayla, wollen wir endlich mal deine Verwandlungen üben?“ - „Ich helfe auch mit“, sagte Lea und ich strahlte. Mit ihrer Hilfe würde ich es bestimmt schaffen. „Ok, aber nur, wenn ihr mich auffangt, wenn ich falle“, sagte ich lachend und Nelly antwortete: „Wir können sofort aufhören und eine Pause machen, wenn du meinst, du fällst gleich um, sag einfach bescheid.“ Lea nickte.

So verwandelten sich Lea und Nelly vor meinen Augen und ich spürte wieder ein Kribbeln, aber der Schwindel war auch da. Dann wurde der Schwindel stärker und ich gab Nelly und Lea ein Zeichen. Also verwandelten sie sich zurück, und auch ich war wieder in meiner Menschengestalt. So übten wir ganz lange die Verwandlung, bis ich auf einmal als Löwe da stand. Seit Jahren war ich kein Löwe mehr gewesen! Der Schwindel und das Kribbeln verschwanden fast zur selben Zeit.

Es fühlte sich unbeschreiblich an. Auf einmal hörte ich sogar das Wasser plätschern, dass ein paar Meter neben der Höhle floss, roch die Bonbons, die den herrlichen Zitronenduft an sich trugen.

Nelly und Lea sahen mich stolz und fröhlich an. Tschacka!, rief Nelly glücklich und stürmte zu mir.

So tobten wir fröhlich und ausgelassen durch die Höhle und legten uns dann erschöpft auf die Decken und Lea versuchte sich als Leopard einen Bonbon zu angeln, was aber nicht funktionierte, denn sie hätte den Bonbon fast mit Papier verschluckt.

Nelly war am besten, was Verwandlungen anging, also teilverwandelte sie ihre Hände und warf Lea ihren Bonbon in das Leopardenmaul. Mir warf sie auch einen hin, der landete aber auf dem Boden.

Dann übten wir die Rückverwandlung, welche deutlich schneller funktionierte, da ich meine Menschengestalt gut kannte.

Darauf versuchte ich mich noch einmal an meiner Löwengestalt, aber ich war zu müde und schaffte es irgendwie nicht.

Trotzdem ging ich glücklich mit Nelly und Lea wieder zurück. Wir strahlten alle drei bis über beide Ohren.

Nelly und ich verabschiedeten uns von Lea und gingen zu unserer Hütte.

Dort fielen wir beide hundemüde in unsere Betten und schliefen sofort ein.

Der nächste Tag war ein Freitag, Nelly und ich hätten fast verschlafen, weil ich vergessen hatte meinen Wecker zu stellen. Zum Glück war ich Frühaufsteherin und Nelly und ich mussten uns nur etwas beim Essen beeilen.

Heute hatten wir in der ersten Stunde Menschenkunde bei Mrs Foxheart. In Menschenkunde war ich recht gut, ich war ja an einer Menschenschule gewesen, bei einem Menschen aufgenommen worden und schließlich auch als Mensch aufgewachsen.

Wir redeten darüber, wie Menschen aussahen, wenn sie schlechte Laune hatten und darauf natürlich auch wie sie aussahen, wenn sie glücklich waren. Mrs Foxheart malte zwei Skizzen an die Tafel und wir zeichneten sie ab.

Es war recht lustig zu hören, wie einige Schüler das Lächeln anfauchten, weil es für sie wie ein Zähnefletschen aussah.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt