Nach dem Unterricht stürmte ich wie ein Blitz zu unserer Hütte und packte hastig alles, was gewaschen werden musste, in meine Tasche.
Ich umarmte Nelly, die, über meine Eile noch total verwirrt, in der Tür stand.
Der Wind pfiff mir um die Ohren und der Schnee flog an meinen Füßen zur Seite. Ich wunderte mich fast, warum ich heute auf einmal so schnell laufen konnte, aber das war im Moment Nebensache. Ich wollte nur so schnell ich konnte zu meinem Vater.
Dann kam ich auf dem Parkplatz an und sah mich um. Er ist noch nicht da...
Ich begann, ungeduldig zu warten. Warum kam er denn nicht? Bestimmt war ich viel zu schnell gewesen und er arbeitete jetzt noch oder war einfach nur zu spät losgefahren.
Aber mit der Zeit verschwand auch mein Optimismus. Er kommt nicht!, sagte meine innere Stimme, aber noch wehrte ich mich. Er kommt immer noch nicht!, sagte sie wieder, aber ich ignorierte sie, so gut ich konnte.
Ich stand nervös auf der Wiese und trat von einem Fuß auf den anderen. Wo blieb er denn nur? Hoffentlich ist nichts passiert... Oder hat er mich jetzt, wie meine leiblichen Eltern es gemacht haben, ausgesetzt? Nein! Das würde er nie tun!
„Hey, Ayla! Was machst du denn hier?“, sagte Lea, die plötzlich hinter mir aufgetaucht war. Ich antwortete nur leicht betrübt: „Ich warte auf meinen Vater“ - „Stört es dich, wenn ich mit dir warte?“, fragte sie. Ich schüttelte den Kopf. „Klar kannst du hier bleiben“, sagte ich.
So standen wir zu zweit da und warteten. Ich sah auf die Uhr. Was? Es war schon fast eine Stunde seit Unterrichtsschluss vergangen.
„Bist du dir sicher, dass er kommt?“, fragte Lea vorsichtig und sah mich mit besorgten Augen an. Ich wollte zwar nicht naiv wirken, sagte aber nur „Ja“ und starrte dann wieder voller Ungeduld auf meinen Vater, zur Straße.
Auf einmal fuhr in höllischem Tempo unser kleines, verbeultes, graues Auto auf die Wiese und mein Vater sprang heraus. Er rannte keuchend zu uns. „Grace, sie hat mich gerade... angerufen, sie... sie liegt im Krankenhaus!“
Oh nein, bitte nicht! „Kann sie noch fliegen?“, fragte ich sofort. Ben schüttelte den Kopf. „Sie war als Milan auf der Jagd und im Flug hat sie eine Straße übersehen und musste sich zurückverwandeln, um Hilfe zu holen.“
Lea sah mich mitleidig an, obwohl ich mir gar nicht sicher war, ob ich es überhaupt geschafft hatte, ihr von Grace zu erzählen.
Mein Vater und ich stiegen nur Augenblicke später ins Auto und fuhren in irrem Tempo los zum Krankenhaus nach Victoria. Die ganze Fahrt über redeten wir nicht, viel zu groß war die Sorge um Grace.
Als wir ankamen, blieben wir nur kurz stehen, um nach der Nummer ihres Zimmers zu fragen, dann eilten wir sofort weiter.
Bitte, mach dass es nicht so schlimm ist!, flehte ich. Mach, dass Grace wieder gesund wird und sie wieder fliegen kann!
Wir rannten fast die Tür ein, weil sie so schwer aufging, dann aber waren wir drinnen und gingen zu Grace. Sie lag in einem weißen Bett und sah uns mit einem müden Lächeln an. Ihr linker Arm war in einen dicken Verband gewickelt.
„Hey“, sagte sie. „Wie geht's euch?“ - „Wie es uns geht?“, fragte mein Vater und fügte ein: „Wir sollten fragen, wie es dir geht!“ Eine kurze Stille. „Wie geht es dir denn?“, fragte ich vorsichtig. „Gut, besser. Mein Arm schmerzt nur, aber es ist nicht der Rede wert, wirklich nicht.“ Mein Vater musste ein wenig Lächeln. „Wie ist die neue Schule?“, wechselte Grace schnell das Thema. „Wunderschön, die Lehrer sind nett. Das Gebäude ist schön gebaut und ich habe schon ein paar Freunde“, antwortete ich. Grace sah mich liebevoll an. „Das freut mich, Ayla.“ Sie hob ihre Hand, um mir über meine Wange zu streichen, aber sie zuckte zusammen, schloss kurz die Augen vor Schmerz und senkte ihren Arm vorsichtig wieder. „Ich habe mir von dieser Schule viel für dich erhofft, weißt du?“, sagte Grace mit einer leicht heiseren Stimme.
Plötzlich wurde unser Gespräch unterbrochen, weil ein Arzt hineinkam und meinen Vater und mich hinausscheuchte.
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»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤«
FanfictionAyla wirkt auf den ersten Blick wie jedes andere 12-jährige Mädchen, doch das ist sie keineswegs. Sie ist ein Löwenwandler, ein Albino noch dazu; von ihrer leiblichen Familie verstoßen, lebt sie nun in Kanada. Allerdings findet sie an ihrer Schule k...