* Trauzeugen *

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Ich machte mich auf zu unserem Dorfbäcker und bei der Ansage, dass ich jetzt zu Anne gehe, ließ auch sofort Harry von seinem Knochen ab und begleitete mich gerne. Er war halt immer auf der Suche nach der frischesten Wiener, die es natürlich nur von Anne gab.
"Hey Anne, na wie geht's dir? Ich hab heute einen außergewöhnlichen Wunsch. Kannst du mir irgendwie die Tortenstücke, die noch da sind auf eine Etagere packen, damit es irgendwie dreistöckig wird?"
Anne ließ von Harry ab und schaute mich leicht überfordert an.
"Was plant ihr denn? Wollt ihr spontan heiraten?" Sie lachte über ihre eigene Aussage, doch verstummte auch bald wieder, als ich ernst mit dem Kopf nickte.
Sie kannte meine Geschichte und verstand, wieso das alles so spontan von statten gehen sollte.
"Ich mache da schon irgendwas. Ich bring ihn dir nachher rum."
Ich drückte Sie. Anne war einfach ein Schatz.
Auf dem Weg nach Hause klingelte ich direkt noch bei Barbara, der Dorfansessigen Standesbeamtin. Also ich muss schon sagen, dass ein Segen war, dass es alles in dem 400 Einwohner Dorf gab, was das Herz begehrte. Ansonsten wäre das auch kaum möglich gewesen.
Sie erklärte mir, dass sie es zwar machen könne, aber offiziell wären wir noch dann nicht nicht verheiratet, da das mit dem ganzen Papierkram nicht klappen würde. Aber das war mir egal. Die Zeremonie war für uns das entscheidende, klar wollte ich auch offiziell Strobel heißen, aber das würde sich später schon ergeben, wenn alle Dokumente fertig wären.
Also Barbara, die wichtigste Person, neben Lukas und mir, stand also fest. Doch wer sollte mein Trauzeuge werden? Ein Problem, was ich noch garnicht auf dem Schirm hatte. Freundinnen hatte ich ja nicht wirklich. Auf dem restlichen Weg machte ich mir Gedanken dazu, doch kam noch nicht wirklich auf einen Nenner. Egal, das war ja nun auch nicht der entscheidenste Punkt.
Wichtig war ganz alleine, dass ich heute Abend endlich Frau Strobel war und nicht mehr Schmidtke.

Ich ließ Harry von der Leine und dieser rannte auch sofort nach Hause in den Garten, wo Lukas auch schon gewaltig am werkeln war. Zumindest ich hatte meine Aufgaben soweit erledigt und auch Lukas lud, während ich unterwegs war, die Jungs ein, die natürlich auch restlos überfordert waren von unserer Spontanität. Nur Tom wusste noch nix, dass musste er ja auch nicht, denn er würde eh demnächst in die Vorbereitungen platzen.

Was Lukas werkelte? Er hatte scheinbar in den Tiefen meines Dekoschrankes noch einige Kunstblumen Girlanden gefunden, dass es nun Weihnachtssterne waren, war mir auch völligst egal, denn es sah schön aus, was er damot machte.
Unsere kleine überdachte Essecke hatte er leer geräumt und die Ränder mit den Girlanden verziert. Es stand nur noch ein Tisch darunter und zwei Stühle, die er auch schon, dank meiner großen Bändersammlung, die eigentlich für Geschenke gedacht war, mit zwei großen weißen Schleifen verziert hatte. Wüsste man nicht, dass alles spontan von statten ging, hätte man denken können, dass alles wurde auf lange Sicht geplant.
Ich stellte noch jeweils einen Stuhl, aber ohne jegliche Deko schräg hinter unsere Stühle.
"Was wird denn das?", fragte Lukas irritiert und ich erklärte ihm, dass wir schließlich Trauzeugen brauchen und ich keine Ahnung hätte, wen ich nehmen sollte.
Sofie wollte ich nicht nehmen, zwar war sie die Freundin meines Bruders, aber wir hatten bei weitem nicht so viel miteinander zu tun, dass ihr ihr die Ehre erwiesen hätte. Das klingt zwar böse, aber wenn sie diese Zeilen ließt, wird sie es bestimmt bestätigen. Wir kommen super miteinander aus, aber andere Leute in meiner Umgebung kenne ich bei weitem besser.
"Na meiner wird Tim, das ist ja klar und ich würde dir vorschlagen, nim Steven.", meinte Lukas ziemlich ernst. Wie kam er nur auf Steven? Klar möchten wir uns, aber es wirkte schon so, als ob ihm das wichtig schien, sodass ich nachhakte, wieso ausgerechnet ihn.
Wir setzten uns auf die Stühle und er fing an mir etwas zu erzählen, was mir innerlich bestätigte, wirklich Steven zu nehmen.
"Weißt du was, ohne Steven wären wir jetzt nicht hier, wo wir sind. Er war derjenige, der damals gemerkt hat, dass ich Gefühle für dich entwickel. Ich hatte aber Angst davor, weil du so gebrochen warst. Er hat mich quasi immer wieder dazu angetrieben, dass ich mich mit dir treffe und dir zeige, dass das Leben schön sein kann. Weißt du noch damals, als wir im Winter den spontanen Ausflug nachts gemacht haben? Auch den hat er quasi angezettelt. Er saß die ganze Zeit neben mir und hat mich dazu gedrängt, obwohl ich Angst vor einem Korb von dir hatte. Aber er sollte recht behalten und tada heute heiraten wir. Steven hält echt viel von dir und glaube mir, wenn du Probleme hättest, dann würde nicht nur ich durchs Feuer für dich gehen, sondern auch er."

Seine Worte machten mich sprachlos und auch dankbar für das, was Steven unerkannt für mich getan hatte. So stand meine Entscheidung fest, ihn zu fragen, sobald er hier auftauchen würde. Mein Status zu ihm änderte sich abrupt. Vom Kumpel zum ziemlich besten Freund. Innerlich zumindest dachte ich nun so.

Ich hoffte einfach darauf, dass er ja sagen würde, wenn ich ihn als Trauzeugen haben wollte.

Dann stand er einfach so da... (Alligatoah Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt