4. Gabel

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P.o.v.: Levi

Unbeeindruckt beobachtete ich, wie Akira zu Boden gerungen wurde. Er hatte es eben übertrieben. Wahrscheinlich würde ich ihn die nächsten Tage nicht sehen. Irgendwie schade, aber ihm hatte ich es auch zu verdanken, dass ich jetzt in einer größeren Zelle war. Ich war eigentlich ganz zufrieden gewesen, mit meiner alten Zelle. Er hätte beim Ausbrechen wenigstens ein bisschen besser aufpassen können oder die Tür nur so beschädigen, dass es in fünf Minuten repariert wäre. Ich seufzte. Heute Abend würde es für mich wahrscheinlich nicht langweilig werden. Ich hatte die Gefangenen in meiner Zelle sofort erkannt. Zumindest Cooper, Kristal und Nero. Cooper hatte ich damals k.o. schlagen müssen. Mit Magie ging das deutlich leichter, als ohne. Ich weiß nicht mehr, was er angestellt hatte. Es war ein recht kleines Vergehen gewesen. Er ist nur hier gelandet, weil er einen der Ermittler umgebracht und mehrere schwer verletzt hat, als wir ihn erwischten. Kristal war in illegale Drogengeschäfte verwickelt gewesen. Bei diesem Fall war ich sogar maßgeblich daran beteiligt ihn aufzulösen, allerdings war ich bei ihrer Verhaftung nicht dabei, weswegen sie mich wahrscheinlich nicht erkennt. Bei Nero weiß ich es nicht. Ich habe nur einmal kurz seine Akte gesehen. "Hey! Hör auf so blöd zu starren, Scheißbulle!", knurrte Cooper und holte mich wieder aus meinen Gedanken zurück in die Realität. Ich ignorierte ihn einfach, er wollte mich provozieren, damit ich einen Fehler machte und wieder 'ne Strafe aufgebrummt bekäme und darauf hatte ich gerade überhaupt keine Lust. Ich schaute zu Akira und sah, wie er gerade von mehreren Wachen abgeführt wurde. Er hatte es echt drauf, sich Ärger einzufangen. So wie damals...

"Isst du das noch?", fragte mich Nero. ich schüttelte nur den Kopf und sah zu, wie er meine restlichen Nudeln zu sich hinüber zog. Ich hatte nicht wirklich Hunger und mir brummte der Schädel. Coopers Schlag war nicht von schlechten Eltern. Natürlich könnte ich mir den Kopf einfach heilen, aber das würde nur zu viel aufsehen erregen. Ich sah mich nach einem Wächter in der Nähe um und winkte ihn zu mir. "Entschuldigen Sie, dürfte ich kurz auf die Toilette gehen", fragte ich, da die Toiletten außerhalb der Speisesaals lagen und man ihn, während des Essens, nicht ohne Begleitung verlassen durfte. Der Wächter nickte mir knapp zu und bedeutete mir vorzugehen. Ich lief, gefolgt von einem Mann, der mich irgendwie an ein Schwein erinnerte, zur Toilette, wo ich in eine Kabine ging. Ich musste nicht aufs Klo, aber es war einer der wenigen Orte hier, die nicht Video überwacht waren. Vorsichtig legte ich meine Hand an meine Schläfe und spürte, wie die Energie durch mich hindurchströmte und meine Hand anfing zu glühen. Als meine Kopfschmerzen vorbei waren, stoppte ich den Energiefluss wieder und wartete noch ein wenig. Dann spülte ich und ging zu den Waschbecken, wo ich, um den Schein zu wahren, meine Hände wusch. Draußen wartete der, mittlerweile genervte, Wächter auf mich und schaute mich misstrauisch an. Ich hatte anscheinend lange gebraucht. Dann grunzte er irgendetwas unverständliches und wir gingen zurück. Eindeutig Schwein.

Nach dem Essen war Duschzeit. Der Kleine würde sich sicher freuen, dass ich nicht mehr stinke. Ich denke nicht, dass er weiß, dass ich es bemerkt habe, aber wie er die Nase bewegt, wenn er mich sieht, ist unverkennbar. Danach hatten wir "Freizeit". Es war nicht wirklich Freizeit. Besser gesagt gab es verschiedene Aktivitäten, die man machen musste. Einerseits gab verschiedene Sportarten, damit die Häftlinge ihre überschüssige Energie los wurden und sich nicht gegenseitig umbrachten, andererseits wurden auch Handwerkliche Aktivitäten angeboten, für die, die nicht für immer hier eingesperrt sind, gab es auch noch die Möglichkeit sich weiter zu bilden, damit man einen Job bekommt, wenn man hier raus kommt. Meistens ging ich zur Werkstatt, und arbeitete dort ein wenig vor mich hin. Es war eine gute Konzentrationsübung. Ansonsten schlich ich mich heimlich davon und erkundete das Gelände oder beobachtete die anderen Häftlinge. Wenn mich jemand erwischte setzte ich eine Unschuldsmiene auf und behauptete, mich verlaufen zu haben. Heute war ich wieder mal unterwegs, aber diesmal mit einem klarem Ziel vor Augen. Ich wollte sehen, wo sie Akira hingebracht haben. Ich war ihm etwas schuldig. Schließlich hatte er mir heute ziemlich aus der Klemme geholfen. Vorsichtig schlich ich im Schatten der Mauer entlang zu dem großen Gebäude. Ich hatte eine Idee, wo er sein könnte, war mir aber nicht ganz sicher. Ich folgte einem langen Gang und mehreren Treppen, die nach unten führten, immer auf der Hut vor den Wächtern. Ein Paar mal musste ich mich in den Schatten oder zwischen zwei Säulen zwängen, wurde aber glücklicherweise nicht entdeckt. Wenn die Wächter nur ein wenig genauer hingesehen hätten, aber das taten sie nicht. Sie waren entweder vollkommen demotiviert, oder sie rechneten nicht damit, dass von außen jemand versuchen würde hier einzudringen. Raus zu kommen wird schwieriger werden, aber machbar. Schließlich kam ich in dem langen Gang an, indem die Einzelzellen waren. Die Türen gingen links und rechts vom Flur ab, pro Seite sechs Stück. Ein einzelner Wächter lehnte an der Wand neben einer Tür, was darauf schließen lies, dass nur ein Gefangener zurzeit hier unten war und in welchem Raum er sich befand.

Ich wusste aus eigener Erfahrung, dass er wirklich alleine war und auch, dass der nächste Schichtwechsel erst in zwei Stunden sein würde. Also hatte ich genügend Zeit. Das einzige Problem waren die Überwachungskameras und der Wächter. Das mit den Kameras ist nicht allzu schwer. Da sich der Wächter eh kaum zu bewegen schien, konnte ich es auf Standbild stellen. Wenn man nicht allzu genau hinschauen würde, würde es niemand bemerken. Den Wächter musste ich wohl oder über kurz schlafen legen. Am besten ohne, dass er mein Gesicht sieht und so, dass er auch im Nachhinein denkt, er wäre nur kurz eingeschlafen.

Vorsichtig holte ich die Gabel, die ich vom Mittagessen habe mitgehen lassen, aus meinem Ärmel und als der Wächter mir mal kurz den Rücken zudreht, bohre ich ihm das stumpfe Ende, in einen seiner Nervenpunkte, woraufhin er sofort zusammensackt. Schnell fange ich ihn auf, bevor er auf dem Boden aufkommt und lehne ihn an die Wand. Dann hole ich seinen Schlüssel aus seiner Tasche und schließe die Tür auf.

Prison of the WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt