8. Hündchen, Pisser oder Drecksbulle

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p.o.v. Levi

Als Akira das Wort Magier erwähnte, zuckte ich unmerklich zusammen. Er hatte gestern anscheinend doch nicht geschlafen. Ich lächelte. Doch es war nichts mein gewöhnliches, dümmliches Grinsen. Es war das erste echte Lächeln seit Jahren. Ich setzte mich auf mein Bett und bedeutete ihm sich neben mich zu setzten, was dieser auch tat. Insgesamt konnte ich ihm gegenüber mein wahres Gesicht zeigen. Er konnte spüren, wer ich war, auch wenn er meine Maske noch nicht ganz durchschaut hatte. So wie er sich hinter dem kalten Blick und Kraft versteckte, versteckte ich mich hinter meinem dümmlichen Lächeln. Es irritierte alle, wenn ich es tat. Vor allem jene, die mich schon mal getroffen hatten.

"Ok", sagte ich: "Lass uns reden. Aber ich werde dir nicht einfach so alles über mich erzählen. Informationen sind teuer. Für jede Frage die du mir stellst, darf ich dir eine Frage stellen." Akira setzte sich neben mich und nickte. "Fang du an", meinte er nüchtern. "Ok, wie heißt du?", fragte ich. Als er mit "Akira" antwortete, schüttelte ich nur den Kopf. Er wusste, was ich meine. Eine Zeit lang schaute ich ihn schweigend an. Wenn ich in etwas gut war, dann in schweigen. Ich würde einfach so lange nichts sagen, bis er antwortete: "Haru... Akira Haru." Ich nickte. "Jetzt bis du dran", erwiderte ich. "Aus welcher Familie kommst du?", fiel er mit der Tür ins Haus. Ich seufzte. Diese Frage, ich hasste sie. Auch wenn sie mir nur selten gestellt wird. Nur wenige wissen, dass die meisten starken Magier nur aus fünf Familien kommen. Die Antwort bereitete mir irgendwie immer ein unbehagliches Gefühl. Schnell verdrängte ich die Gedanken. Akira konnte Gefühle anderer manipulieren und sie dadurch auch besser wahrnehmen. Ich durfte ihm keine Angriffsfläche bieten. "Aus keiner", sagte ich: "Ok, jetzt bin ich dran. Hast du eine Familie?" Aus meiner Stimme hatte ich jegliche Emotionen verbannt. Trotzdem er hatte mein anfängliches Zögern sicher bemerkt, aber auch er zögerte, was sich dadurch zeigte, dass er sich mich dem Fuß hinterm Ohr kratzte, bevor er antwortete: "Ich hatte mal eine..." Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr: "Warum ziehst du hier eigentlich so eine Show ab?" Ich musste lächeln. Irgendwie hatte ich schon mit dieser Frage gerechnet, aber ich dachte, dass er zuerst danach fragen würde, wieso ich hier war. "Es ist schwer zu beantworten", fing ich an: "Ich denke es ist, wie bei dir. Du versteckst dich hinter deiner eiskalten Fassade und ich hinter meinem Lächeln. Außerdem... habe ich so mehr Freiheiten." Er schaute mich verständnislos an. "Ich verstecke mich?", seine Stimme klang dabei so verwirrt, dass ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte. Es war schon verwirrend. Ich hatte es auch vor kurzen ganz begriffen. Jeder der hier sitzt, verstellte sich, spielte jemanden, der nicht er selbst war. Zumindest fast alle, Kristal tat das nicht. Sie, die früher eine wahnsinnig gute Lügnerin war, war hier ehrlich. Vielleicht lag es daran, dass ihr Kitsunekräfte versiegelt worden waren und das sie jetzt nur noch ein Mensch war. Auch Akira schien sich Gedanken über das zu machen, was ich gesagt hatte. So saßen wir eine Weile da, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken.

"Hey, lebst du noch?! Aufwachen! Du bist dran", holten mich die Stimme von Akira und ein Boxer auf den Oberarm aus meinen Gedanken. "Hm, was? Ach ja... Warte kurz", stammelte ich und rieb mir meinen Arm: "Das nächste mal bitte ein wenig sanfter, okay?" "Mimose, ich stehe immer noch unter Silber", erwiderte er: "Deine Frage, ich warte..." Ich setzte mich ein wenig anders hin, schaute ihn an und fragte: "Wie war es so eine Familie zu haben?" Ich weiß, die Frage ist unhöflich, aber... Ich wollte es einfach wissen. "Du musst nicht antworten, wenn es dir sehr unangenehm ist", fügte ich hinzu. Doch zu meinem Überraschen antwortete er sogar: "Ich kann mich nicht mehr an sie erinnern." "Ich wünschte, ich könnte meine Familie auch einfach so vergessen", murmelte ich. Scheiße, hatte ich das eben laut gesagt. Das kam jetzt sicher nicht gut rüber. Außerdem hatte ich damit sehr viel über mich selber preisgegeben. Ich schaute ihn an, in seinen Augen sah ich nichts, was etwas darüber aussagte, was er jetzt über mich dachte. Vielleicht hatte er es nicht gehört, obwohl bei diesen riesigen Ohren konnte man schlecht etwas überhören. "Was hältst du eigentlich von den Verbotenen Kräfte?", stellte er die nächste Frage. Erstaunt sah ich ihn an. Damit hatte ich nicht gerechnet, eher damit, dass er mich zu meiner Familie ausquetschte. "Was ich von ihnen halte? Gute Frage. Sie zwingen ihren Besitzer sie zu verheimlichen. Aber...", ich machte eine kurze Pause: "Es sind doch nur ganz normale Kräfte. Bei denen sich irgendjemand ausgedacht hat, wir könnten sie einfach verbieten. Die Kräfte haben nichts böses an sich, also wieso sollte ich sie verabscheuen. Du willst doch sicher hören, dass ich sie verabscheue. Das wollen doch alle, aber ich kann es nicht." Ich zuckte mit den Schultern und sah von meinen Händen, auf die ich geschaut hatte, zu Akira. Das erste mal, konnte ich in seinen distanzierten Augen etwas anderes erkennen als Trauer. Er wirkte fast... erleichtert. Diese Reaktion hatte ich nicht erwartet. Könnte es sein, dass er selber welche besaß. Aber ich war nicht anderes. Das ein Magier die magische Energie von Objekten beeinflussen oder aufnehmen konnte war normal, aber ich konnte auch direkt auf ihre normale Energie zugreifen. Es war sehr praktisch, denn dadurch konnte ich andere Wort-wörtlich Schlafen legen. "Also gut", sagte ich: "Meine Frage ist: Ist dieser Blondie dein Spielzeug, oder ist er mehr?" "Gibt es nen Publikumsjoker?", antwortete Akira mit einer Gegenfrage. Ich lächelte. Publikumsjoker. Wie kommt man nur auf so was? "Ich werte es als, ich weiß es selber nicht, okay?", hakte ich nach. Akira nickte nur.  Er war jetzt dran: "So jetzt zu dir Wauwau" Ich unterbrach ihn indem ich einmal bellte. "Was", fuhr er fort: "macht so ein Kläffer wie du im Knast? Jetzt musst du mir antworten." Ich legte meinen Kopf schief. Was hatte ich gesagt, die Frage würde auftauchen. Ich atmete tief ein. "Erstens ich bin kein Hund, ich bin ein Magier. Zweitens... Ich habe vergessen, was zweitens war. Egal weiter", rechtfertigte ich mich, bevor ich antwortete: "Jetzt zu Antwort: Ich war vielleicht nicht so gut für den Job geeignet. Heißt ich wurde öfters mal suspendiert oder als Wache eingeteilt. Naja, bei einem Fall habe ich meinen Chef hinterfragt und bin auf eigene Faust losgezogen, obwohl ich, mal wieder, suspendiert war. Das hat denen da oben nicht so gut gefallen." "Willst du mich verarschen?", fragt er genervt: "Komm mal auf den Punkt, wegen so was sperren die einen doch nicht weg." "Ich würde ja noch weiter erklären, wenn du mich lassen würdest", motzte ich zurück. Ich mochte das Thema nicht. Ich würde es schnell beenden. "Ich wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt", beendete ich unser Gespräch in dem Moment, indem die anderen hinein kamen. Anscheinend war der Hofgang, oder was auch immer gerade gewesen ist, jetzt vorbei.

"Fahrlässige Tötung, also", höhnte Cooper: "Du hast also nicht mal was gescheites angestellt. Warst nur unvorsichtig. Ja ja, ihr Bullen habt es schon schwer" Dann packte er mich am Kragen und warf mich durch die Zelle. Gekonnt rollte ich mich ab. Er hatte sich in letzter Zeit ein paar mal geprügelt. Ich kannte seine Bewegungsabläufe. "Diesmal wird dich Akira nicht beschützen können. Schau ihn dir nur an", sagte er, während er zu einem neuen Angriff ansetzte. Ich schaute kurz zu Akira, der auf meinem Bett saß und uns zuschaute. Ich duckte mich unter seinem Schlag weg und berührte seinen Arm mit meinen Fingern. "Pass du lieber auf, dass du dich nicht überanstrengst", meinte ich lächelnd, während ich seinen Angriffen auswich. Er machte viele unnötige Bewegungen, sodass es nicht auffallen würde, wenn ich ein wenig von seiner Energie abzwackte. Ich hatte in der Polizeischule gelernt unnütze Bewegungen zu vermeiden und ich hatte meinen Körper gut unter Kontrolle. "Hör auf weg zu rennen, du Pisser!", schrie er: "Stell dich mir endlich! So wie damals! Drecksbulle."Ich musste lachen. Er schlug kräftiger zu. Es war wie ein letztes Aufbäumen, bevor er keine Energie mehr hatte. Ich hatte es fast geschafft. Seine Schläge waren gefährlicher, als vor fünf Jahren stellte ich fest, als er mich an der Wange streifte. Ich könnte ewig so weiter machen, aber wollte ich das? "Alter! Du sitzt hier vielleicht für ein Paar Jährchen und regst dich schon so auf! Was soll ich machen? Ich werde für immer in diesem Drecksloch bleiben!", sagte Akira genervt. Das war unerwartet und ich hätte fast meine Deckung vernachlässigt, so wie es mein Gegner tat. Blitzschnell stieß ich mich ab und rammte ihm meinen Ellbogen in die Magengrube, worauf hin dieser zusammen sackte. Ich fing ihn auf bevor er auf den Boden traf und legte ihn ab. "Der wacht sicher gleich wieder auf", sagte ich und grinste in die Runde. Dann holte ich die Decke aus seinem Bett, um ihn zu zu decken. Was machte man nicht alles für seinen Ruf.

Als ich an Akira vorbei ging, flüsterte ich ihm zu: "Danke. Wenn du willst gebe ich dir was von meinem Nachtisch ab, wenn es wieder was mit Schokolade gibt." Er schaute mich ernst an und sagte: "Der Sturm zieht auf." Verwirrt ging ich zu den anderen und deckte Cooper zu.

Prison of the WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt