12. Ausbruch

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P.o.v.: Levi

Ich lief die dunklen Flure entlang, ein paar Wächter kamen mir entgegen, doch sie sahen mich nicht. Meine Haare flogen hinter mir her. Ich hatte mein Band im Zimmer gelassen. Der Zopf engte mich ein. Genau so, wie die Gitter und die Mauern. Bis jetzt hatte es mich noch nie so gestört, wie heute. Ich spielte mit den Gedanken einfach ab zu hauen. Den Weg kannte ich schon. Ich hatte in den letzten zwei Jahren genug Zeit gehabt, einen zu finden, der wirklich funktionierte. Wie oft war ich geschnappt worden, als ich mich durch die Gebäude geschlichen hatte. Mittlerweile kannte ich die dunkelsten Flure, die Routen der Wärter... Was hielt mich dann noch hier. Ich könnte einfach weggehen, vergessen was passiert ist. Ich hatte keinen Grund mehr hier zu bleiben. Akira war aufgetaucht, ich wusste jetzt, was mit ihm passiert ist. Aber es war nicht der selbe Akira, den ich hatte beschützen wollen. Er wollte nicht, dass ich bei ihm war und das zurecht. Er erinnerte sich zwar nicht mehr daran, aber als er verhaftet wurde, war ich dabei gewesen. Ich war einer der leitenden Ermittler gewesen. Ich hatte ihn verhört und ihn bei diesem Verhör zusammen geschlagen. Ich schob die Gedanken beiseite. Ich schuldete Akira gar nichts.

Ich öffnete eine Tür und schlüpfte nach draußen. Die kühle Nachtluft tat mir gut. Ich musste einen klaren Kopf behalten, wenn ich mich zusehr in etwas herein steigerte, würde ich nur die Kontrolle verlieren. Mein Meister hatte mich immer davor gewarnt, Gefühle zu haben. Gefühle sind Gift für deinen Verstand, hat er immer gesagt. Ich stieg auf eine kleine Mauer und setzte mich. Der Himmel war von Wolken bedeckt, nur manchmal schimmerte hier und da ein Stern hindurch. "Wer bist du?!", hörte ich eine harsche Stimme hinter mir. Ich antwortete nicht und schaute weiter in den Himmel. "Antworte!", befahl die Stimme. Da stand ich auf und drehte mich um. Meine Haare wehten um mein Gesicht. Das Gesicht des Wächters wurde kreideweiß, als hätte er ein Gespenst gesehen. Vielleicht hielt er mich auch für eines. Indem Moment, in dem er nach seiner Taschenlampe griff, ließ ich mich nach hinten von der Mauer kippen. Ich rollte mich ab und verschwand in den Schatten. Was für ein dummer Wärter, bei der Nachtpatrouille die Taschenlampe aus zu haben.

Nachdem ich genug Abstand zwischen mich und den Wachmann gebracht hatte, verlangsamte ich meine Schritte und schaute mich um. Vor mir lag das Gebäude, in dem die Wärter untergebracht waren. "Wenn ich schon mal hier bin", dachte ich: "kann ich auch mal nach Blondie schauen." Ich ging einmal um das Gebäude herum, um nach einem geeigneten Einstieg zu suchen. Schließlich entschied ich mich dafür einfach durch den Eingang einzudringen. Ohne große Probleme schaffte ich es, dass Schloss zu öffnen. Ich trat ein und machte mich auf die Suche nach Blondies Zimmer.

Als ich ihn schließlich fand war es schon beinahe morgen. Leise öffnete ich die Tür und trat ein. Im Raum war es Dunkel, nur die Nachttischlampe warf ihren Lichtkegel auf den jungen Mann, der in seinem Bett saß und in einer Zeitschrift las. Sein rechter Arm war eingegipst worden. Leise schlich ich mich zu seinem Schreibtisch und setzte mich auf den Stuhl, der davor stand. Dann fing ich an, mir auf seinem Schreibtisch Papier und Stifte rauszusuchen, um etwas zu malen. Von den Geräuschen aufgeschreckt legte er sein Heft zur seine und griff reflexartig nach seinem Teaser. "Wer ist da?", fragte er, ohne Panik in der Stimme. Mittlerweile hatten wir ihn anscheinend so oft Nachts besucht, dass ihn so etwas nicht mehr aus der Ruhe bringen konnte. Ich knipste die Schreibtischlampe an, sodass er mich sehen konnte. "Keine Sorge, ich tue dir nichts. Anders, wie Akira", sagte ich: "Du kannst den Teaser runternehmen. Wird dir eh nichts auf die Entfernung bringen." Er legte tatsächlich den Teaser beiseite. "Wie geht es Akira?", fragte er, worauf ich nur den Kopf schüttelte. Blondie wurde still. Ich ahnte, wie er sich fühlen musste, deshalb ging ich zu ihm rüber. "Wie geht es deinem Arm?", fragte ich, um das Thema weg von Akira zu lenken. "Der Unterarmknochen ist zerstört worden", antwortete er: "Die Ärzte sagen, dass er wahrscheinlich nie so zusammen wachsen wird, wie er einmal war." Er seufzte. "Mit Magie ließe sich da sich was machen", meinte ich. Er seufzte nochmal. "Wie soll ich bitte an einen Magier dieser Klasse kommen. Die sind doch alle dem Königshaus unterstellt", widersprach er. Ich überlegte. Sollte ich ihm helfen? Ich würde mein Geheimnis offenbaren, aber er hatte Akira und mich nie verpfiffen. Sollte ich es wagen?

"Ich kann dir eventuell helfen", sagte ich nach langer Überlegung. Er sah mich nur fragend an. "Aber das hat seinen Preis, ok?",  fuhr ich fort. Er nickte. Ich atmete einmal tief durch und strich mir die Haare aus dem Gesicht, dann sagte ich: "Ich will, dass du Akira triffst." Er schaute mich noch verwirrter an. Diesmal war ich es der seufzte und begann zu erklären: "Akira hat einen Lieblingsort hier auf dem Gelände. Sicher wird er in den nächsten Tagen dort hin kommen, um nachzudenken. Komm ich zeige ihn dir. Und es gibt noch eine Bedingung: Du darfst keine Fragen stellen, verstanden?" Er zögerte kurz, nickte aber schließlich doch. Dann packte ich ihn am gesunden Arm und zog ihn mit mir, während ich ihm langsam seine Energie entzog. "Du musst dir den Weg unbedingt merken", sagte ich. Wir liefen eine Weile über den Hof bis wir zu der kleinen Mauer in der Nähe von Eingang, an der Akira und ich uns das erste Mal richtig unterhalten haben. "Wir sind da", sagte ich. Ich fing Blondie auf, der schlafend zu Boden sank. Vorsichtig lehnte ich ihn an die Mauer und versicherte mich, dass er auch wirklich schlief und auch keine anderen Wachen in der Nähe waren. Ich legte meine Hände auf den Gips. Es würde schwer werden, denn ich durfte den Arm nicht heilen, ich musste nur dafür sorgen, dass er richtig zusammen wuchs. Ich schloss meine Augen und spürte, wie die Energie durch meine Hände strömte. Ich spürte wie die Energie die Knochensplitter wieder in die richtige Position schob. Danach gab ich ihm einen Teil seiner Energie zurück, sodass er in zehn Minuten auf wachen würde. Dann drehte ich ihm den Rücken zu und lief davon...

Prison of the WarriorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt