Elphaba führte die Drei durch ihren verzauberten Turm. Von Außen sah der Turm verlassen und alt aus. Es gab keine Fenster, sondern nur ein altes rostrotes Dach, das schief oben auf den Turm saß. Doch innen war alles neu und modern eingerichtet. Elphaba hatte eine Vorliebe für helle Farben wie weiß und bege, die sehr präsent in ihrer Einrichtung zu finden waren. Das machte aber auch die Räume hell und freundlich.
Selena hielt Ausschaue nach Details oder Hinweisen von der Zeit als sie mit Elphaba hier gelebt hatte. Doch die Hexe hatte nichts aufgehoben, was daran erinnern konnte. Auch wenn Selena es nicht zugeben wollte, aber die Tatsache schmerzte sie. Ihr Blick schweifte zu Elphaba, die vor ihr herging und Hel ermahnte nicht dauernd alles anzufassen.
„Warum bist du traurig, Selena?", erklang Kits besorgte Stimme und Selena zuckte leicht zusammen. Elphaba drehte ihren Kopf und ihre klaren Augen trafen auf Selenas. Da war eine Sehnsucht in Selenas Herz. Für einen kurzen Moment spielte sie mit den Gedanken zu Elphaba zu rennen, sie zu umarmen und sie anzuflehen, ihr zu verzeihen. Sie hatte sie nicht so verletzen wollen und sie liebt... Selena wagte nicht zu Ende zu denken. Sie wandte den Blick ab, um zu Kit zu schauen.
„Traurig? Ich? Ha!" Sie verdrehte die Augen. „Das Einzige was ich bin ist verdammt müde, weil ihr zwei Idioten mir den letzten Nerv kostet."
Kit senkte den Blick betrübt und Selena bekam ein schlechtes Gewissen. Hel schnaubte laut und wandte sich an Elphaba.
„Das Angebot steht noch, Hexe."
„Was für ein Angebot?", wollte Selena wissen, während sie Kit kurz über den Kopf strich und heimlich zu zwinkerte. Kits Laune besserte sich sofort und Selena war froh darum. Als Selena sich zu Hel und Elphaba drehte, merkte sie, dass Elphaba sie beobachtete. Ihr Herz schlug ein wenig höher.
„Hel hat mir angeboten, dass sie meine Affendiener unsterblich macht, wenn ich dich töte."
Selena verzog das Gesicht und warf Hel einen erbosten Blick zu. „Ich weiß, du bist immer noch sauer, weil ich dich in die Falle geschmissen habe, aber habe ich das wirklich verdient?"
„Ja", sagten Hel und Elphaba wie aus einem Mund. Nun war es Selena, die laut schnaubte und bot Kit ihren Arm an. Er nutzte das sofort und kletterte auf ihre Schulter, um sich an ihren Hals zu kuscheln.
„Kit, wir brauchen die zwei nicht. Nicht wahr?", meinte Selena beleidigt. Kit schaute von Selena zu Hel, die ihre Arme vor der Brust verschränkte und theatralische ihre Augen rollte.
„Das stimmt nicht", erwiderte Kit und seine Augen blieben auf Hel gerichtet, die nun erstaunt zu ihm herüber blickte. „Wir brauchen Hel, auch wenn sie oft gemein ist. Aber sie hat uns beschützt gegen die Märchenwaldkönigin."
„Oh bitte ...", brummte Selena und schüttelte leicht den Kopf, als Hels Gesicht bemerkte. Die Göttin schien gerührt von Kits Worten und Selena meinte sogar Tränen in ihren Augen glänzen zu sehen, bevor Hel sich hastig umdrehte.
„Können wir die Geduselei auf später verschieben? Ich hab Hunger."
Elphaba schien amüsiert zu sein über Hels Reaktion, sagte aber nichts dazu. Stattdessen deutete sie auf einen großen Spiegel, der ebenso elegant und glamourös wirkte wie der der Psychopathin.
„Das Speisezimmer ist in den unteren Stockwerken", erklärte Elphaba und wackelte mit ihrer Nase, bevor sie den Spiegel berührte. Die spiegelnde Oberfläche wellte sich unter ihrer Berührung wie ein Teich, in den man einen Stein geworfen hatte. Dann zeigte sich das kleine Speisezimmer mit den gemütlichen Stühlen und einem breiten Tisch.
Hel schaute fasziniert in den Spiegel. „Wooow, das ist ziemlich cool." Ihr Blick glitt zu Elphaba. „Den Trick musst du mir zeigen."
Elphaba lächelte und hielt ihr eine Hand entgegen. „Gerne, aber nur wenn du aufhörst mich bestehlen zu wollen."
„Was?" Selena stellte sich zwischen Elphaba und Hel. „Hel?"
Hels Gesicht wurde auf einmal rot wie eine Tomate. Oder sagen wir die eine Hälfte ihres Gesichts, die nicht verbrannt war.
Elphaba hob die Augenbrauen und bedeutete ihr mit der Wahrheit rauszurücken. Hel stöhnte auf und überspielte ihre Verlegenheit mit ihrem typischen Augenrollen, als sie in der Luft schnipste. Zwei Bücher, ein Kerzenständer und ein lebendiger Affendiener erschienen aus dem Nichts. Der Affendiener kreischte panisch auf und flatterte wild davon, während die Bücher und der Kerzenständer vor Elphabas Füße landeten.
„HEL! Ist das dein Ernst?!", knurrte Selena. „Entschuldige dich sofort!"
Hel zog eine Schnute. „Ich wollte es nur borgen."
Selena schlug ihr mit der Hand gegen den Kopf und Hel jaulte auf genervt.
„Ja, okay, ist ja schon gut!" Hel schielte zu Elphaba. „Entschuldige."
Dann schlüpfte Hel durch den Spiegel ins Speisezimmer.
„Essen!", kreischte Kit und sprang gleich hinterher. Selena fuhr sich über das Gesicht.
„Das letzte Mal, dass ich dich so gestresst gesehen habe war, als du auf Däumeline hast aufpassen müssen", stellte Elphaba amüsiert fest.
Selena seufzte und starrte durch den Spiegel zu Hel und Kit, die sich gerade um eine Brotscheibe stritten.
„Das ist schlimmer", meinte Selena trocken.
„Wie es scheint hat der einsame Wolf endlich sein Rudel gefunden..."
Selenas Blick zuckte zu Elphaba. „Die zwei sind nicht mein Rudel!", empörte sich Selena. „Sie sind ... ungewollte Begleiter, die sich als ganz nützlich erwiesen haben."
Elphaba nickte, aber Selena wusste, dass sie ihr nicht glaubte. Sie wusste selbst gerade nicht, ob sie sich glauben sollte. Auch wenn sie es nicht zugeben wollte, aber irgendwie fing sie an Hel und Kit zu mögen. Selena verzog angewidert das Gesicht bei dem Gedanken.
Elphaba entwich ein amüsiertes Lachen und Selena merkte in dem Moment, wie sehr sie diesen Klang vermisst hatte. Auf einmal wurde ihr bewusste wie nach sie Elphaba stand. Ihre grüne Haut schimmerte leicht wie Sternenstaub und ihre Augen erwiderten Selenas Blick.
Selenas Augen glitten hinab zu ihren Lippen und deren süße Versuchung. Sie erinnerte sich an ihren Geschmack. Daran wie Elphabas Haut sich angefühlt hatte und wie sie sich bei ihr gefühlt hatte. Geborgen ... geliebt ...
Auf einmal legte sich Elphabas Hand an ihre Brust und schob sie von sich. Das ware beinahe so schlimm wie eine Ohrfeige für Selena. Elphaba schüttelte leicht den Kopf und verschwand dann durch den Spiegel. Sie ließ Selena zurück in ihrer Verwirrung und Verletztheit.
„Verdammt, Selena, was hast du dir erhofft?", murrte Selena, seufzte laut und folgte dann Elphaba durch den Spiegel.
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Die drei Mythengetiere
AdventureScheiß auf: Einer für alle! Wenn die vereinigten Länder der Mythen und Märchen von einem Fluch heimgesucht werden, machen sich drei Helden auf den Weg, den Fluch zu brechen und ihre Welt zu retten. Naja, nicht Helden. Sagen wir ein Ex-Sträfling, ei...