Schweden x Finnland

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Nun war es Tino's dritte Flasche, die er in einem Ruck hinuntergeschluckt hat. Oder war er mittlerweile schon bei der zehnten ? Vielleicht war es auch die zwanzigste oder... Ach, er hatte keine Ahnung mehr. Zu denken wäre das Letzte, was man betrunken machen sollte. Und ganz besonders dann nicht, wenn Tino's Kopf so bedrohlich pochte. Seine Kehle brannte von dem durchsichtigen Gift, von dem er seit Stunden nicht ablassen konnte. Seine zitternden Finger hatte er um die leere gläserne Flasche gekrallt, die er nicht mehr weglegen wollte. Sein Herz schmerzte ihm tief in der Brust, da es von dem Alkohol überflutet wurde. Seine Augen wurden schwerer und seine Augenlider fielen jede Sekunde immer weiter runter, aber ruhen konnte er nicht. Nicht jetzt, wenn er solche Schmerzen durch seinem ganzen Körper strömen spürte. Sein Herz schmerzte ihm zu sehr, um sich auszuruhen. Solchen schmerzhaften Schmerz hatte er noch nie gespürt. Noch nie fühlten sich seine Innereien so an, als würden sie immer weiter auseinander reißen. Seine Lungen taten ihm bei jedem eingenommen Atemzug ein Stück mehr weh, weil ihm das atmen zu schwer wurde. Sein Körper war am zittern, nicht ,weil ihm kalt war. Sondern weil er es nicht mehr ertragen konnte. Er konnte die Stille in dem großen leerstehenden Haus nicht länger aushalten und es schmerzte ihm tief in der Brust, wie das einst so farbenfrohe Zuhause im nächsten Moment nun so kalt und ausgestorben war. Was hat er nur getan ? Wieso musste er nur so stur sein ? Wieso konnte nicht für einen Moment sein vorlautes Maul halten ? Hätte er nur dieses eine Mal nichts gesagt, wäre es nie so weit gekommen. Er würde sonst ,wie an jedem anderen Tag in der Woche ,in ihrem Zuhause ,neben seinem Ehemann auf der Couch liegen, die eigenhändig von Berwald erbaut wurde. Er würde sich an seinen Ehemann anlehnen und von den rauen Arbeiterhänden, die Tino's Taille hinuntergleiten würden, würde er sich verführen lassen. Berwald würde ihn in dieser warmen Umarmung festhalten, die Tino so sehr liebte. Sie würden den Fernseher anschalten und sich süße Dinge gegenseitig ins Ohr flüstern und sich Komplimente geben, während sie ihre beiden Söhne ,Arvid und Peter, am knisternden Kamin beobachteten, während sie mit der kleinen weißen Malteser Hündin spielen würden. Sie würden dann, am späten Abend ,ihre beiden Söhne ins Zimmer bringen, wenn sie ,wie jedesmal, vor dem Kamin eingeschlafen sind und zu erschöpft waren, in ihre Betten zu gehen. Während Berwald Arvid in den Armen trug ,trug Tino Peter im Huckepack und die kleine Hündin würde ihnen auf jeden Schritt folgen. Sie würden die beiden in ihre Betten bringen und Tino würde die beiden mit der Bettdecke zu decken und würde danach kleine Gute Nacht Küsse auf die Stirn seiner schlafenden Babys drücken. Sie beide würden dann in ihr Schlafzimmer gehen und sich Mühe geben, so leise wie möglich ,zu sein. Danach würden sie sich in ihr gemeinsames Bett legen, nachdem sie sich umgezogen haben ,und würden sich weiterhin Komplimente geben ,und versuchen, den anderen verlegener zu machen. Tino's weiche Hände würden Berwald's raue Hände halten und ihre Finger würden in den anderen eintauchen. Ihre Gesichter wären ganz nah aneinander, sowie ihre Körper. Danach würden sie einschlafen, beim zuhören ihres gegenseitigen Herzschlages. Doch mittlerweile war Tino sich nicht mehr sicher, ob heute Nacht das passieren wird. Keiner war im Haus, außer er. Seine Ohren konnten nicht einmal das knistern des Kamins hören, dass heute nicht ein einziges Mal angezündet wurde. Er konnte auch nicht den warmen Kakao und die weichen Marshmallows ,die er jedesmal in Peter's Tasse tat, riechen. Arvid bestand immer darauf, dass er jetzt ein großer Junge sei und das er die weichen Marshmallows in seinem Kakao nicht mehr bräuchte. Eine Lüge, die Kinder immer sagten. Aber trotzdem meinte sein Sohn das Gegenteil. Tino musste immer Lächeln, wenn er daran dachte, dass Arvid in seinem Herz immer noch ein kleiner Junge war, trotz seiner ausgeprägten Persönlichkeit. Tino fühlte die Einsamkeit wieder ankommen, doch nur der giftige Alkohol war in seiner Nähe. Wieso ist es nur so weit gekommen ? Wieso konnte er nicht einfach aufstehen, den Alkohol zur Seite schieben und sich ,wie ein Erwachsener ,aufrichtig bei Berwald entschuldigen ? Wieso fiel es ihm so schwer, seine Dummheit für eine Sekunde zur Seite zuschieben ? Wieso war er nur so stur und dumm gewesen ? Alles was er konnte, war sich selbst für alles die Schuld zugeben, wieso ihre Familie anfing auseinander zu reißen. Er war schuld an allem. Nur er, kein anderer. Nicht Peter, der voller Angst am Türrahmen stand und mit zitternden Händen sich hinter der Ecke versteckte und sich so klein wie möglich machte, damit er nicht im Weg seiner Eltern stand, die gerade laut am streiten waren. Auch nicht Arvid, der die Hand seines Bruders festhielt, um ihn zu beschützen .Und auch nicht die kleine Hündin Hanatamago, die sich am Bein der kleinen Jungs kuschelte, um ihnen so Trost zu spenden. Und Berwald, besonders nicht sein geliebter Ehemann. Er war nicht schuld daran gewesen, dass er für die nächsten neunzig Tage deportiert wurde. Doch Tino war so egoistisch gewesen. Alles was er nur konnte ,war seinen Ehemann anzuschreien und ihn für alles Vorwürfe zu machen und das er das extra macht. Tino konnte seinem Ehemann nur die ganze Schuld dafür geben, dass Berwald die Familie in Stücke zerreißen wird, wenn er gehen würde. Und Tino die Scheidung einreichen wird, wenn er die Nerven hat, zurück zukommt. Doch anstatt die letzten Stunden als Familie zu genießen, stritten die beiden nur. Eigentlich war es nur Tino, doch er war zu aufgebracht gewesen, um es zu bemerken oder es einzugestehen. Und zu stur. Und zu dickköpfig. Tino konnte nur die Kontrolle über sich verlieren, als er daran dachte, dass Berwald ihn nur loswerden wollte und deshalb freiwillig sich für die neunzig Tage entschieden hat. Er schrie aus seiner Kehle heraus und warf wütend die hölzernen Rahmen ,in denen die schönen Momente ihrer Familie gefangen waren, die noch vor ein paar Sekunden auf den Wänden hingen, auf den Boden und hörte nicht auf zu schreien. Die Scherben flogen in alle Richtungen und ein jaulen war von der Hündin zuhören, aber darauf zu reagieren traute sich keiner. Jeder hatte Angst. Alles passierte zu schnell. Tino's Hals schmerzte ihm ,doch er war lange noch nicht annähernd mit Berwald fertig gewesen. Berwald wollte ihn beruhigen und versuchte ,seine Hände auf Tino's Schultern zu legen, weil ihn dies normalerweise beruhigte. Doch nicht dieses Mal. Dieses Mal blockierte ihn Tino ab und seine Stimme wurde nur lauter. Zwischen seinen Brillengläsern konnte er die beiden Schatten am Türrahmen sehen. Den Schatten von Peter, der voller Angst nur dastehen konnte und Arvid, der ihn bedrohlich anblickte. Und ohne es zu wissen, liefen Tino Tränen die Wangen runter. Er schniefte zwischen jedem Wort, doch aufhören konnte er nicht. Noch nicht, wenigstens. Tino hatte noch nie gedacht, dass er Berwald so sehr anschreien würde und doch konnte er jetzt nicht aufhören. Zwischen seinen nassen Augen erblickte er das schockierte Gesicht seines Partners und doch sah er nicht annähernd so verletzt aus wie Tino. Wieso machte ihm das nicht so viel aus, wie bei ihm ? Wieso war er so ruhig und gelassen gewesen, als er Tino von der Deportation erzählte ? Wieso hatte er gar keine Angst davor, seinen Ehemann und seine Söhne alleine zurückzulassen ? Wieso war er nicht wütend gewesen ? Oder traurig ? Oder verletzt ? Oder sauer ? Wieso zur Hölle war er nicht am weinen ? Wieso zeigte er gar keine Emotionen ?!

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