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Am nächsten Tag wache ich in einem fremden Bett auf. Müde reibe ich mir die Augen und langsam kommen all die Erinnerungen an gestern wieder hoch. Harry hat mich wieder mit zu sich nach Hause genommen und abends haben wir noch einen Film geschaut. Wie ich in dieses Zimmer komme, weiß ich aber nicht mehr. Ich glaube, ich bin eingeschlafen. Hat mich Harry wirklich hochgetragen? Er hätte mich auch einfach auf der Couch schlafen lassen können. 

Das Zimmer, in dem ich mich befinde, ist sehr groß und hell. Ein paar Dekoartikel, die gut zur Einrichtung passen, stehen herum. Aber nichts persönliches, daher nehme ich an, dass ist ein Gästezimmer, was mich bei Harrys riesigem Haus auch nicht wundert. Aber Geschmack bei der Einrichtung und Deko hat er ja schon, ich fühle mich hier sehr wohl, sogar wohler als bei mir zuhause. Die Wohnung von mir und Dan ist aber auch schon ziemlich abgenutzt und alt, die Wände schon dreckig und auch unsere Möbel sind nicht die schönsten, dafür ist es aber auch nicht allzu teuer. 

Mit einem kurzen Blick auf die Uhr springe ich sofort auf. Scheiße. Es ist bereits 11 Uhr, was bedeutet, dass ich mein Seminar heute verpasst habe. Ich habe zum Glück schon einiges vorgearbeitet und komme mit dem Stoff immer noch ziemlich gut hinterher, allerdings möchte ich trotzdem so oft es geht, also eigentlich immer, bei den Seminaren anwesend sein. Auch mein Handy zeigt mir zwei verpasste Anrufe von Dan und einige Nachrichten von ihm an. Er weiß nicht, wo ich bin oder warum ich die Nacht nicht heimgekommen bin und Vorlesungen schwänzen sieht mir auch nicht ähnlich. Ich rufe zurück, obwohl ich weiß, dass er nicht drangehen wird, da er in der Uni ist. Rücksichtslos schmeiße ich mein Handy auf mein Bett, nachdem mich seine Mailbox begrüßt.

Ich gehe raus auf den Gang, in der Hoffnung, das Badezimmer oder die Küche zu finden. Entweder esse ich zuerst etwas oder ich mache mich zuerst fertig. Ich öffne sämtliche Türen und Räume, komme aber nie da raus, wo ich eigentlich hin will. Da ich seine Privatsphäre respektiere und nicht noch mehr Zimmer öffnen möchte, weil ich nicht weiß, ob das für Harry in Ordnung ist, gehe ich strikt die Treppe runter. Dort schlägt mir ein Geruch von Pfannkuchen entgegen, dem ich sofort folge. Er hat mich direkt in die Küche geführt, welche groß und geräumig ist, ganz im Vergleich zu der bei mir zuhause. 

Harry steht am Herd, dreht mir den Rücken zu- und macht zu meiner Überraschung- tatsächlich Pfannkuchen. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen und mein Magen beginnt zu knurren, bei diesem wundervollen Geruch. Der Anblick von Harry beim kochen lässt meinen Bauch wieder wohlig warm werden. Durch meine komischen Magen Geräusche hat mich Harry bemerkt und dreht sich zu mir um, mit einem verschlafenen lächeln im Gesicht. Allzu lange kann auch er noch nicht wach sein. „Guten Morgen" sagt er mit rauer Stimme, während er die Pfannkuchen auf Teller verteilt.

„Guten Morgen" gebe ich mit einem aufrechten lächeln zurück.

Wir essen beide unsere Pfannkuchen -die wirklich gut sind- und unterhalten uns hier und da ein wenig. Ich könnte mir keinen schöneren morgen vorstellen. Hierfür würde ich jeden Tag meine Seminare ausfallen lassen. Doch mir ist durchaus bewusst, dass das niemals wieder vorkommen wird. Das gestern war eine Ausnahme.

Nach dem essen helfe ich Harry beim abräumen.

„Weißt du Sam, ich werde bald auf Tour gehen." Harry wirkt sichtlich nervös.

Ich stelle einen weiteren Teller in die Spülmaschine und sehe ihn verwirrt an.„Das ist doch toll." freue ich mich für ihn. Ich verstehe seine Nervosität nicht. Das ist schließlich sein Traum. Sowieso verstehe ich nicht, wieso er mir das jetzt erzählt.

„Ja, ich freue mich schon sehr darauf." strahlt er. "Gestern habe ich eine E-Mail von meinem Management bekommen." Nun ist sein Blick besorgt und wieder nervös, seine Stimme leise. Das lässt mich aufhorchen und seine Nervosität dringt zu mir über. 

„Warum erzählst du mir das? Es ist doch selbstverständlich, schließlich organisieren sie deine Tour", den letzten Satz sage ich mehr im Witz, und bringe ein gekünsteltes Lachen von mir, das wahrscheinlich doch mehr meine Nervosität zeigt als mir recht ist. Mir ist durchaus bewusst, dass Harry dieses Thema nicht ansprechen würde, wenn es nicht auch mich betreffen würde. Ich glaube kaum, dass er mir all seine geschäftlichen Sachen einfach so erzählen würde, so vertraut sind wir miteinander nämlich nicht.

„Ja.." Harry stockt, „Sie wollen dass du mich auf die Tour begleitest." setzt er seinen Satz dann nervös fort. Dabei wird er bei jedem Buchstaben leiser.

Insgeheim habe ich schon mit so etwas gerechnet, trotzdem bin ich geschockt, als er es bestätigt.
"Aber das bedeutet doch, dass ich meine Studium abbrechen muss, anders komme ich nicht mehr hinterher."
"Ja, also du kannst alles nachholen, wenn du das schaffst oder dieses Jahr wiederholen. Es tut mir so leid Sam." Man merkt ihm an, wie leid es ihm tut. Er kann mir schon gar nicht mehr in die Augen schauen.

„Ich weiß, du kannst nichts dafür" sage ich aufmunternd. Ich möchte nicht, dass sich Harry schlecht fühlt.

„Wir können dein Gehalt erhöhen" schlägt er vor, dabei meidet er immer noch Blickkontakt. Er meint es nur gut, aber ich möchte ihn nicht auf diese Weise ausnutzen. Bestimmt ist es auch für ihn unangenehm. Ich schüttle nur den Kopf.

Dann umarme ich ihn, ohne groß darüber nachzudenken. Harry versteift sich, lässt es dann aber zu. Augenblicklich bereue ich es. Was habe ich mir damit nur gedacht? Ich will mich lösen, aber Harry zieht mich zurück. Seine kräftigen Arme um mich sind das schönste Gefühl, dass ich kenne. Abgesehen von seinem Lippen natürlich. Fuck, ich muss echt aufhören.
'Ich würde für diesen Mann alles tun' fährt es mir durch den Kopf. Diese Gedanken sollte ich gar nicht haben, trotzdem genieße ich diese Umarmung mehr als ich sollte. Ich empfinde für Harry mehr als nur Freundschaft, auch wenn ich es mir nicht eingestehen möchte. 

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