Einige Stunden später sind wir gelandet. Harry muss gleich weiter zum Soundcheck, da wir durch unser verschlafen den Zeitplan durcheinander gebracht haben.
Er hatte mich zwar gefragt ob ich ihn begleiten möchte, jedoch wollte ich erstmal in Ruhe einchecken und mich dann etwas ausruhen. Der Flug war zwar angenehmer als mein erster, jedoch hatte ich trotzdem immer wieder Panik, wobei Harry die ganze Zeit bei mir war um mich zu beruhigen, wenn es wieder schlimmer wurde.Bevor er ging versicherte er sich nochmal, ob ich wirklich alleine bleiben wollte, wobei ich das immer bejahte. Meine Entscheidung hatte mehrere Gründe:
1. Ich war müde.
2. Ich möchte nicht anhänglich sein.So verlockend das Angebot auch ist, ich denke, Zeit getrennt ist genau das richtige jetzt. Vor allem nachdem wir die letzten 2 Tage so gut wie die ganze Zeit zusammen verbracht haben- was aber auch wunderschön ist. Eine gute Beziehung jedoch -oder was auch immer wir gerade haben- funktioniert nur, wenn man nicht andauern aneinander klebt. Sonst kommt es am Ende soweit, dass sich einer eingeengt fühlt und das möchte ich nicht riskieren.
Ich winke Harry, der gerade in seine Limousine steigt, nochmal zu. Dann drehe ich mich um, um ausschau nach Sebastian zu halten. Dieser torkelt gerade verschlafen aus dem Flugzeug. Als er mich sieht, zieht sich sein Mund zu einem Lächeln.
Schnellen Schrittes kommt er auf mich zu. „Sam" quickt er. „Danke für den Flug. Er war wundervoll. Ich konnte mich total gut erholen, alles war ruhig und ich musste nicht arbeiten. Harrys Flieger ist echt ein Unterschied zu dem Bediensteten Flieger, wo man dauernd.." ich unterbreche ihn, indem ich laut lache.
„Was ist?" fragt er bestürzt.
„Ich glaube, du hast dein Shirt vollgesabbert." Ich zucke grinsend die Schultern.
Er blickt an sich hinab, um kurz daraufhin mit rotem Kopf wieder aufzusehen.
"Ja ähm also.."
„Es ist okay" unterbreche ich ihn schon wieder.Er sieht mich dankbar an, wobei er sich ein Grinsen nicht verkneifen kann.
Wir fahren ins Hotel, wo ich mich erstmal an das Auspacken meiner Koffer hermache. Währenddessen bringe ich Sebastian auf den neuesten Stand, der auf meinem Bett sitzt und mich beobachtet. Nachdem er so freundlich war und uns beim Frühstück alleine gelassen hat, will er alles wissen.Ich habe heute auch nichts mehr vor, daher ziehe ich mir eine bequeme Jogginghose und ein viel zu großes Shirt an, um es mir dann gemeinsam mit Sebastian im Bett gemütlich zu machen. Nachdem ich ihn in all das von heute morgen eingeweiht hat, hole ich meinen alten Laptop aus einen der Koffer und öffne Netflix.
„Möchtest du eigentlich heute Abend auf sein Konzert?" fragt mich Sebastian nach 2 Folgen Friends.
„Nein, ich denke nicht" Es war heute ein anstrengender Tag und so gerne ich Harrys Stimme lausche, möchte ich mich jetzt nur noch ausruhen.
Nach 3 weiteren Folgen geht Sebastian auf sein eigenes Zimmer, da es schon spät ist. Zwischendurch haben wir immer wieder irgendwelche Witze gemacht und uns gegenseitig vollgelabert mit unnötigen Details aus unserem Leben. Sobald Sebastian weg ist, springe ich unter die Dusche. Genau das brauchte ich jetzt. Danach gehe ich auch schon ins Bett, obwohl es erst neun ist.
Die Wellen werden immer größer. Ich sehe den panischen Blick meiner 13 jährigen Schwester Theresa auf mir. Mein Vater, der immer wieder beruhigende Worte von sich gibt, versucht schnell zu wenden. Erfolglos. Neben ihm steht meine Mutter, die seine Hand hält. Die Panik steht in ihren bloßen Augen. Die Wellen werden immer größer, schlimmer. Bevor ich blinzeln kann, kommt eine große Welle auf uns zu, direkt an den vorderen Teil des Bootes, wo meine Eltern stehen. Sie versuchen schnell an den hinteren Teil zu rennen, wo Theresa und ich stehen. Ein paar weitere Sekunden später werden meine Eltern mit einem lauten Schreien von dem Wasser überdeckt. Meine Schwester klammert sich enger an mich. Ich renne los, direkt auf die Welle zu. Meine Schwester zieht mich wieder zurück. „Nein" „Nein" schreien wir immer wieder. Meine Eltern sind nirgends mehr zu sehen, ihre Schreie verklingen. Das Wasser hat sie mitgerissen. Ich schreie laut, in der Hoffnung, sie antworten. Nichts. Theresa sieht mich ängstlich an. Wenn ich nur wüsste, was in ihrem kleinen Kopf gerade vorgeht. Tränen und laute Schluchzer entweichen meiner Kehle. Weitere Minuten verstreichen, in denen ich mir wusste, dass auch wir bald mitgerissen werden. Die letzten Minuten bis zu unserem Tod. Theresa und ich knieten uns ins hintere Eck des Boots, machten uns so klein wie wir konnten. Eng zusammengeschmiegt saßen wir da, abwartend, bis uns der Tod einholt. Bevor das passieren konnte, tauchte ein Helikopter auf. Die Seewache hätte früher kommen müssen, jetzt ist es zu spät. Ein Seil wird heruntergelassen und Männer rufen uns zu, was zu tun ist. Ich helfe Theresa hochzukommen. kurz danach folge ich ihr. Die Seewache sucht noch etwa eine Stunde nach unseren Eltern, wobei allen klar ist, dass sie das nicht überlebt haben. Es traut sich nur niemand, das auszusprechen. Es hätte mich treffen sollen, nicht sie. Ab da verschwimmt alles vor meinen Augen.
Ich wache in einem fremden Bett auf. Meine Schwester liegt in dem Bett neben mir. Wir sind im Krankenhaus, muss ich feststellen. Mein Schädel dröhnt, erstmal kann ich mich an nichts erinnern.
"Hallo Samantha und Theresa" werden wir von einem Polizisten begrüßt, der gerade ins Zimmer kommt, gefolgt von Ärzten, die mich erstmal abtasten. Ich schaue ihn fragend an. Langsam kommen die Erinnerungen zurück.
„Sind meine Eltern" Ich schlucke. „Wurden sie gefunden?"Theresa neben mir reckt sich jetzt auch, wie beide schauen den Polizisten hoffnungsvoll an, wobei ich mir die Antwort schon denken kann. Bei diesen Wellen hatten sie wahrscheinlich kaum eine Chance ans nächste Ufer zu schwimmen.
„Ja" sagt er zu meiner Überraschung. Er macht eine Pause und schaut uns bedauernd an. „Es tut mir leid, als wir sie gefunden haben, war es zu spät. Wir konnten nichts mehr für sie tun."
Mir bleibt die Luft weg. Theresa neben mir schluchzt laut auf. „Nein" schreit sie schmerzvoll.
Es hätte mich treffen müssen. Es hätte mich treffen müssen.
Alles lief wie in Zeitlupe ab. Ich konnte nicht aufhören zu schreien. Meine Schreie wurden lauter, schmerzvoller von jeder Sekunde, wo ich mehr realisierte, was passiert war. Sie würden nicht wieder kommen.
„Sam, wach auf" rüttelt mich jemand wach.
Benommen öffne die Augen und nehme eine Gestalt verschwommen war. Es ist Harry. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es mitten in der Nacht ist. Was will Harry hier?
„Was ist?" Es kommt genervter rüber als es eigentlich sein sollte.
„Du hast geschrien. Geht es dir gut?" fragt er besorgt.
Erst jetzt merke ich, wie schweißgebadet ich eigentlich bin.„Ich hatte einen Albtraum" flüstere ich.
Harry setzt sich neben mich ins Bett und zieht mich an sich.
„Möchtest du darüber reden?" frage er vorsichtig. Ich schüttle den Kopf und verkrieche meinen Kopf in seiner Brust. Ich liebe seinen Geruch. Er streicht mir beruhigend mit der Hand über den Rücken.
„Soll ich bei dir bleiben?" fragt er nach ein paar Minuten vorsichtig.
Ich nicke, nicht in der Lage zu sprechen.
Er nickt ebenfalls und gibt mir einen kurzen Kuss auf die Stirn. Er legt sich sanft neben mich, ich kuschle mich enger an ihn.
„Ich bin bei dir, du bist sicher. Ich liebe dich"
„Ich liebe dich auch" krächze ich.
Es dauert eine Weile bis ich wieder einschlafe, schlussendlich tue ich es aber doch.

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Adore you
FanfictionAn manchen Tagen ist es erst leise, wenn die Musik laut ist. In einer Minute kann dein ganzes Leben zerstört werden. Und ein einziger Song kann es wieder retten. Aber ist es das Risiko wert, sich kopfüber fallen zu lassen? Fallen in die Liebe, an di...