Kapitel 06: „Ich will deine Nähe"

1.1K 26 3
                                    

02. April 2020

Christinas Sicht:

Nachdem wir letzte Woche den Slowfox gemeistert haben, steht nun der Paso Doble auf dem Programm. Bei der Gestaltung der Choreografie bin ich dieses Mal ein bisschen mehr Risiko eingegangen, zumindest auf die Verbindung zwischen Luca und mir bezogen. Ich möchte einfach zu gerne wissen, ob er sich in meiner Nähe ähnlich fühlt wie ich mich in seiner. Deshalb habe ich entschieden, eine heiße und verführerische Endpose einzubauen: Ich liege mit dem Rücken auf dem Boden und Luca liegt auf mir. Zwischen unseren Gesichtern liegen nur wenige Zentimeter, so als wenn wir uns gleich küssen würden. Ich möchte sehen, wie ich mich dabei fühle und wie Luca reagiert.
Das Training läuft bisher so lala. Einerseits bekommt Luca den Tanz technisch schon ganz gut hin, allerdings hadert er noch etwas mit der Ausstrahlung des Toreros. Der Tanz entspricht nunmal kaum seinem Charakter, aber da muss er jetzt durch. Das Training für den letzten Teil des Tanzes samt der Endpose habe ich mir schlauerweise für einen Kamerafreien Tag aufgehoben, welcher heute ist.
„So Luca, wir müssen noch die Endpose trainieren", sage ich mit einem nervösen Unterton. Ich fahre fort: „Ich hab mir das so gedacht: Am Ende der Choreo stößt du mich zu Boden und ich bleibe auf dem Rücken liegen. Dann wirfst du dich auf mich und dein Gesicht kommt nah an meins". Ich traue mich nicht, Luca anzusehen. Zu viel Angst habe ich, er könnte etwas dagegen haben. Aber zu meiner Überraschung ist dies nicht der Fall. Selbstbewusst dreht sich Luca um und wendet sich dem Paket zu. „Okay let's try it", ruft er mir zu. Immer noch etwas schüchtern gehe ich auf ihn zu. Ich bin froh, dass er dem ganzen offen gegenüber ist und ein bisschen die Zügel in die Hand nimmt. Ich wäre wahrscheinlich spätestens jetzt überfordert damit.
Nun stehe ich also mitten auf der Tanzfläche Luca gegenüber. Keine Kameras. So wie ich es wollte. Nur wir. Luca schaut mir in die Augen. Er nimmt meine Handgelenke und stößt mich sanft nach hinten. Dieser Stoß hätte nie ausgereicht um mich zu Boden zu zwingen, deshalb helfe ich etwas nach und begebe mich in Position. Mein Becken drücke in an den Boden und forme ein Hohlkreuz. Da kommt auch schon Luca. Sein „Hüpfer" auf mich drauf ist zwar noch viel zu zaghaft, aber das ist mir jetzt egal. Lucas Gesicht ist nur noch ein paar Zentimeter von meinem entfernt. Ich spüre seinen warmen Atem auf meinen Lippen und sofort kribbelt mein ganzer Körper. Ich verspüre ein großen Verlangen, ihn zu küssen. So wie er mich ansieht, ich glaube er verspürt es auch. Ich hebe meinen Kopf etwas an und will- *ding ding* - da passiert es: Mein Handy klingelt ohne Unterlass. Sofort schreckt Luca hoch. Er läuft rot an, sieht aber im Vergleich zu mir bestimmt immer noch weiß aus. Peinlich berührt gehe ich zu meiner Tasche und ziehe mein IPhone 10 heraus. Es ist meine Mutter.

Lucas Sicht:
Was war das gerade?! Wir hätten uns beinahe geküsst! Hätte ihre Mutter nur zehn Sekunden später angerufen, wäre es bestimmt passiert. Verloren stehe ich nun mitten im Tanzsaal und muss mich erstmal sammeln. Zu meiner Überraschung, oder eigentlich auch nicht mehr wirklich, hätte ich sie gerne geküsst. Aber nun steht sie da am anderen Ende des Raumes und telefoniert mit ihrer Mutter. In ihren knappen Sportklamotten sieht sie unglaublich heiß aus. Warum musste ihre Mutter ausgerechnet jetzt anrufen?!
Nachdem wir uns etwas beruhigt haben, kündigt Christina die Mittagspause an. „Juhuu ich hab Hunger", gebe ich begeistert von mir. „Was essen wir?" Christina überlegt kurz. „Wie wärs wenn wir zum Bäcker um die Ecke gehen und uns belegte Brötchen holen?" „Klingt gut, ist mal was anderes", entgegne ich. Wir ziehen unsere Schuhe um und machen uns auf den Weg.
Zehn Minuten später kommen wir beim Bäcker an. Wir kaufen uns beide jeweils zwei belegte Brötchen (wozu ich Christina lange überreden muss) und einen Kaffee. Dann machen wir uns schon auf den Rückweg, denn wir wollen in der Tanzschule essen.
Als wir dort wieder ankommen, machen wir uns über unser Essen her. Wobei sich Christina eher über ihren Kaffee hermacht, der nämlich schon seit mehreren Minuten alle ist. Auf ihr Brötchen scheint sie keine Lust zu haben.
Plötzlich nimmt sie meinen noch halb vollen Kaffeebecher und rennt damit auf die Tanzfläche. „Komm sofort zurück!", ermahne ich sie mit einem Grinsen auf den Lippen. „Sonst was?!", antwortet sie trotzig und nimmt einen großen Schluck von meinem Kaffee. „Na warte!" Entschlossen springe ich auf und stürme auf sie zu. Sie weicht mir aus und rennt an das andere Ende des Raumes.

Christinas Sicht:
„Hol ihn dir doch wenn du kannst!" rufe ich Luca im laufen zu. Das lässt er sich nicht zweimal sagen: Entschlossen kommt er angerannt. Ich will mich gerade umdrehen und weiter rennen, bis ich bemerke, dass ich vor einer Wand stehe. Da hat mich Luca auch schon eingeholt und legt von hinten seine Arme um meine Taille, was ein Kribbeln in meinem Bauch auslöst. Luca beginnt mich am Bauch zu kitzeln. „Gib mir meinen Kaffee!" Plötzlich dreht mich Luca in seinen Armen um. Wie versteinert stehe ich da und kann mich für ein paar Sekunden kaum bewegen. Wir stehen so dicht aneinander, dass nur noch der Kaffeebecher zwischen uns Platz hat. Wir sehen uns in die Augen.
Luca hat seine Sinne schneller wieder beisammen als ich und greift entschlossen nach dem Kaffee. Doch er ist wohl etwas zu hastig: Gerade als der Becher von meiner in seine Hand wechselt, löst sich der Plastikdeckel und der gesamte Inhalt landet auf seinem weißen t-Shirt. Wir sehen uns an und müssen sofort anfangen zu lachen. „Und jetzt?", fragt er mich, dabei immer noch am lachen. „Hast du noch ein zweites dabei?" „Nein nur das". Luca sieht mich fragend an. „Ich hätte noch einen zweiten Sport -BH, aber ich bezweifle, dass du da reinkommst", schlage ich mit einem ironischen Grinsen vor. „Ich glaube ich hab eine Idee!", antwortet Luca. Er geht auf die Fensterbank zu. Wie kann ein Mensch in einem nassen T-Shirt so heiß aussehen?! Sein Sixpack zeichnet sich unter dem nassen, durchsichtigen Stoff ab und ich muss mich bemühen, bei der Sache zu bleiben.
Auf einmal zieht Luca sein Shirt über den Kopf, legt es auf die Fensterbank und kommt, oberkörperfrei, auf mich zu. „Ist das okay für dich, wenn ich so trainiere?", grinst er mich mit seinen funkelnden Augen an. „N-Na klar..." Oh man wie peinlich. Ich bekomme kaum ein Wort raus. Da ich auch nur einen Sport-BH trage, spüre ich für den Rest des Trainings seine nackte Haut auf meiner. Ich könnte echt dahinschmelzen. Meine Konzentration liegt nun leider nicht mehr auf dem Tanz, sondern auf Luca und seinem Körper. Reiß dich zusammen!
Zu meiner Erleichterung ist das Training bald vorbei und wir verabschieden uns. Auf dem Rückweg kann ich an nichts anderes danken. Heute hätten wir uns fast geküsst! Und dann musste, beziehungsweise durfte ich auch noch seinen Sixpack anfassen! Ich befürchte, ich bin ihm endgültig verfallen.

Lucas Sicht:

Heute ist der Tag der bereits 6. Liveshow. Die Zeit ist echt wie im Flug vergangen. Gerade sitze ich alleine in meiner Garderobe und denke an Christina, wie immer häufiger in letzter Zeit. Ihre Nähe fühlt sich einfach so gut an und wenn ich ehrlich wenn hätte ich nichts dagegen,, ihr noch näher zu sein. Ich bin mir sicher, dass es ihr ähnlich geht. Aber was ist, wenn sie denkt sie sei nur eine Ablenkung für mich? Würde sie die Nähe überhaupt zulassen wollen?
Plötzlich klopft es an der Tür. Wer kann das sein? „Ja?", rufe ich. Die Tür öffnet sich und ich kann meinen Augen nicht trauen: Dort steht Christina, in einem heißen, engen roten Glitzeroutfit. Ihre Haare sind streng nach hinten zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. Ich sieht unglaublich heiß und süß zugleich aus. „Hey kommst du? Die Show geht gleich los!", sieht sie mich auffordernd an. „Klar ich komme". Etwas benebelt stehe ich auf und begleite sie in Richtung Studio. Auf dem Weg sagt keiner von uns ein Wort. Ab und zu gucke ich Christina von der Seite an, denn sie sieht einfach so wunderschön aus.
Wenig später sitzen wir nebeneinander auf unserem Sofa im Studio. Es sind noch 15 Minuten bis zum Showbeginn. Natürlich bin ich nervös wegen dem Tanz, aber um ehrlich zu sein beschäftigt Christina, die wenige Zentimeter neben mir auf die Tanzfläche schaut, noch mehr. Glücklicherweise sitzen wir in der obersten Reihe und sind somit mehr oder weniger unbeobachtet.
Ich versuche mich zu bremsen, aber mein Körper macht was er will. Kurzerhand lege ich meinen Arm um ihren Rücken und streichle sanft ihre Taille. Aus den Augenwinkel kann ich sehen, wie sie lächelt. Mir wird warm ums Herz. Als sie dann auch noch ihre Hand auf meinen Oberschenkel legt, kribbelt es noch stärker in meinem Bauch. Es fühlt sich so gut an. Wenn wir nicht im Studio von mehreren Personen umgeben wären, hätte ich sie hier und jetzt geküsst.
Der Tanz läuft gut und wir bekommen für unseren feurigen Paso 25 Punkte. Ich bin extrem erleichtert, dass wir damit weiterkommen. Aber noch erleichterter bin ich, dass Christina meine Nähe genauso zu genießen scheint wie ich ihre.

Liebe auf den ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt