Kapitel 12: „Nicht ohne dich"

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06. Mai 2020

Christinas Sicht:
Gerade sitze ich auf einer der roten Bänke in unserem Trainingssaal. Luca ist auf Toilette gegangen und ich scrolle gelangweilt auf Instagram rum. Auf einmal bekomme ich eine Nachricht von Andrzej in der Let's Dance - Profigruppe:
„Hey Leute! Dieses Jahr ist die Situation zwar etwas anders, aber wir wollen trotzdem unsere Tradition fortsetzten. Wir würden uns morgen Abend ab 20 Uhr bei Massimo treffen und einen gemütlichen Abend mit ein paar Kaltgetränken verbringen. Wer ist dabei?"

Und ob ich Lust habe! Ich liebe es, Zeit mit meinen Freunden zu verbringen. Wobei ich ehrlicher Weise auch etwas traurig bin, dass Luca nicht dabei sein wird. Das ist nämlich eine reine Profi - Veranstaltung.
Als ich die Nachricht zu Ende studiert habe, plobbt darunter eine zweite auf:
„Wie wäre es, wenn alle, die noch im Rennen sind, ihre Partner mitbringen? Das wäre bestimmt cool!".
Sofort macht mein Herz einen Sprung. Luca wird dabei sein! Aber ob das so schlau ist? Ich meine die letzten Male wurde bei diesen Abenden immer ziemlich viel getrunken und Luca und ich können ja nüchtern schon kaum die Finger von einander lassen. Und die anderen, ausgenommen Andrzej, wissen ja nichts von uns. Da sollen sie auch nicht.Zwar habe ich das Gefühl, dass die meisten etwas ahnen, aber wissen tun sie nichts. Egal, wir schaffen das.
Als Luca wiederkommt, zitiere ich ihn sofort zu mir und zeige ihm die Nachricht. „Was sagst du? Kommst du mit?", sehe ich ihn mit meinem typischen Bambi- Blick an. Luca überlegt kurz. „Klingt super", entgegnet er begeistert. „Aber wir müssen uns dann echt zusammenreißen!". Ehe er seinen Satz beendet hat, liegen seine Hände auch schon um meinen Hüften. Er zieht mich in eine intensive Umarmung und streichelt meinen Kopf. Ich lege meine Hand an seine Brust und streichle ich durch seine dunkle Lockenmähne. Wie sehr ich seinen Duft und seine Nähe liebe. „Wir können uns ja auseinander setzen.", schlage ich vor. „Ob ich das aushalte?", antwortet Luca lachend.
Wir verbringen noch einen relativ produktiven Trainingstag, ehe wir uns verabschieden und zurück nach Hause fahren. Heute schläft Luca bei sich im Hotel, da meine Schwester später noch kurz vorbeikommen will. Es wäre einfach zu riskant, Luca im Schlafzimmer oder so zu verstecken.
Als meine Schwester dann weg ist, falle ich müde in mein Bett. Ich versuche schnell einzuschlafen, doch daran ist nicht zu denken. Ich vermisse Luca neben mir. Die letzten Wochen habe ich mich total daran gewöhnt, in seinen Armen einzuschlafen. Dort fühle ich mich immer wohl und geborgen. Ich überlege gerade ihn anzurufen, doch als ich auf die Uhr sehe, überlege ich es mir anders. Es ist bereits halb zwei und morgen wird ein anstrengender Tag. Der letzte Trainingstag für diese Woche steht an. Auch wenn unsere Tänze, Cha Cha Cha und Charleston, eigentlich sehr gut funktionieren, müssen wir uns morgen nochmal reinhängen. Und dann ist da ja noch morgen Abend - mit Luca. Ich freue mich echt mega auf den Abend und darauf, mal wieder etwas zu trinken. Natürlich dürfen wir es nicht übertreiben, aber die Studioproben am Donnerstag gehen erst um 13 Uhr los. Andererseits bin ich auch etwas skeptisch, da ich schon von sehr wenig Alkohol schnell etwas merke. Ich trinke halt nicht so oft und habe auch wenig Körpermasse, auf die sich der Alkohol verteilt. Manche Personen werden von Alkohol aggressiv oder einfach nur lustig, aber ich gehöre zu der Sorte, die anhänglich werden. Und wenn Luca dabei ist, kann man sich ja denken, wie das ausgehen könnte. Ich habe Geistern darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, den anderen Profis und Promis von unserer Beziehung zu erzählen. Das würde und das Leben dort sicherlich erleichtern, aber natürlich auch das Risiko erhöhen, dass die ganze Geschichte an die Öffentlichkeit gerät. Besser, dass erstmal nur ganz wenige davon wissen.
Irgendwann falle ich dann doch in einen tiefen, erholsamen Schlaf.

„Okay Luca, letzter Durchgang jetzt. Gib nochmal alles!", motiviere ich ihn. Wir sitzen erschöpft auf dem Paket unserer Tanzschule. Der Tag heute war echt super und wenn wir in der Show auch so gut durchkommen, stehen die Chancen nicht schlecht. „Let's Go!", ruft Luca und hilft mir auf.
Als wir dann gegen 18 Uhr fertig sind, verabschieden wir uns und fahren jeweils zu uns nach Hause, um uns für den Abend fertig zu machen. Es wäre auch zu auffällig, wenn wir zusammen bei Massimo aufkreuzen.
Als ich zuhause angekommen bin, dusche ich schnell und föhne meine Haare. Doch was soll ich anziehen? Im Endeffekt entscheide ich mich für eine schwarze Jeans und ein süßes Blumentopf. Ehe ich mit meinem Make- Up fertig bin bemerke ich, wie spät es eigentlich schon ist. Höchste Zeit, mich auf den Weg zu machen.
Wenig später komme ich um viertel nach acht bei Massimos Haus an. Als ich in den Garten gehe, gucke ich in die Runde und bemerke, dass ich wohl so ziemlich die letzte bin. Dann fällt mein Blick auf Luca. Er trägt eine blaue Jeans und einen schwarzen Pullover mit Kragen. Er lächelt mich an und von seinem Anblick könnte ich schon wieder direkt dahinschmelzen. „Hey Leute!", begrüße ich freudestrahlend meine Freunde. „Hey Bambi setzt dich!", entgegnet mir der Gastgeber Massimo. An der einen Seite ist noch ein Platz neben Luca frei, auf der anderen neben Andrzej. Ich zögere kurz, doch dann spricht die Stimme der Vernunft zu mir und ich setze mich auf den freien Platz neben Andrzej. Luca sieht mich etwas fragend an. Ich schreibe ihm eine Nachricht: „Ich glaube es ist schlauer mich hierhinzusetzen wenn ich etwas trinke". Er antwortet direkt: „Vielleicht hast du recht. Ich hätte dich trotzdem lieber neben mir:)"
Ich muss grinsen. Auf einmal haut Andrzej mit leicht in die Seite: „Was verschafft mir die Ehre dich neben mir zu haben, wenn neben Luca noch ein Platz frei ist?", will er mit einem frechen Grinsen wissen. „Du weißt wie ich bin, wenn ich was getrunken habe!", entgegne ich leise.
Wir unterhalten uns ausgelassen und trinken auch das ein oder andere Glas Wein und Bier. Wie ich es erwartet habe, setzt die Wirkung des Alkohols bei mir bereits nach zwei Gläsern Wein ein. Ich bin ja sonst schon eine eher sensible Person, aber mit etwas Alkohol verstärken sich meinen Emotionen um ein Vielfaches. Wie gerne würde ich mich jetzt einfach rüber zu Luca setzen, mich an ihn kuscheln und ihn küssen.
Aber erstmal muss ich auf Toilette. Ich stehe auf und bereits bei meinen erste schritten zeigen sich leichte Gleichgewichtsstörungen. Ich hoffe, niemand hat diese bemerkt.
Gerade als ich fertig bin und das Badezimmer verlassen will, werde ich wieder hineingedrückt. Vor mir steht Luca, der seiner Mimik zufolge auch schon etwas Alkohol im Blut hat, der seine Wirkung hinterlässt. Ehe ich überhaupt die Chance habe, mir auszumalen was Luca hier macht, hat er schon die Tür zugestoßen, diese verschlossen und sieht mir mit einem verführerischen Blick in die Augen. Ich lege meine Hände in seinen Nacken und ziehe sein Gesicht näher als meins. Er legt seine Hände um meine Hüfte und beginnt, mich leidenschaftlich zu küssen. Der Kuss ist intensiv und unsere Zungen spielen miteinander. Seine Hände wandern immer tiefer und meine Finger finden den Weg unter seinen Pulli.
Nach ein paar Minuten fällt mich plötzlich ein, dass wir ja bei Massimo sind und sich die anderen sicher schon fragen wo wir sind. Hastig löse ich mich von Luca, der mich fragend ansieht. „Das ist doch total auffällig!", merke ich an. „Was hast du überhaupt gesagt warum du weggegangen bist?" „Ich hab gesagt ich muss telefonieren.", entgegnet Luca. „Das ist schlau... aber wir können trotzdem nicht zusammen zurückgehen.", finde ich. „Okay du hast recht. Aber willst du dich nicht neben mich setzten? Ich halte das sonst nicht aus!", sieht Luca mich mit seinen großen, braunen Augen an. „ Massimo meinte wir spielen gleich Wahrheit oder Pflicht. Wenn es nach den anderen geht, müssen wir uns bestimmt küssen oder so!", erwidere ich. Ehe ich mich umdrehe und das Badezimmer verlasse, gibt Luca mir noch einen liebevoll gemeinten Klaps auf den Po.
Als ich zurück an den Tisch komme, hat sich die Gruppe bereits verkleinert. Nur noch Andrzej, Kathrin, Tijan und Massimo sitzen da. „Na Bambi ne kurze Nummer mit dem Schweizer auf dem Klo geschoben?", fragt Massimo bereits ziemlich angetrunken als ich wiederkomme. Sofort werde ich knallrot. „Ähh nein!", sage ich bestimmt und setzte mich wieder hin. Die Gruppe beginnt zu lachen und ich werfe Andrzej, der als als einziges die Wahrheit über Luca und mich kennt und sich sicherlich denken kann, dass Massimo mit seiner Vermutung richtig lag, einen bösen Blick zu.
Wenig später kommt Luca wieder zur Gruppe dazu. „So dann können wir ja jetzt mit Wahrheit oder Pflicht anfangen!", ruft Kathrin begeistert. Auch wenn es ein bisschen wie in der zehnten Klasse ist, spielen wir das Spiel jedes Mal. Mit etwas Alkohol im Blut ist das einfach mega witzig. Ich habe natürlich auch Lust auf das Spiel, hoffe aber, dass Luca und ich unser Versteckspiel aufrecht erhalten können.
In den ersten Runden kommen zum Glück weder Luca noch ich dran. Dann bin ich schließlich doch an der Reihe, nachdem Andrzej mich ausgewählt hat. Auch wenn ich weiß, dass es eigentlich nicht schlau ist, nehme ich in der Hoffnung irgendwas mit Luca machen zu müssen Pflicht. „Setz dich für das restliche Spiel auf Lucas Schoß!", wählt Andrzej mit einem Zwinkern in den Augen aus. Ich werde etwas rot, doch dann bewege ich mich langsam auf Luca zu. Ich setze mich auf seinen Schoß und obwohl es nicht nötig wäre, legt er seine Hände um mich. Ich fühle mich direkt viel wohler. Mittlerweile bin ich schon ziemlich betrunken und muss immer wieder meine Position korrigieren, wenn ich mich automatisch zurücklehne und mich an Luca kuschle. Immer wieder ernte ich vielsagende Blicke meiner Mitspieler.
Ein paar Runden später wird Luca schließlich ausgewählt. „Gib Bambi einen Kuss auf den Mund!", fordert Andrzej ihn auf. Doch um groß Gegenwehr zu leisten, sind wir beide mittlerweile zu voll. Ohne, dass ich reagieren kann, hat Luca mich auf seinem Schoß zur Seite gedreht und seine Lippen auf meine gedrückt. Doch anstatt, wie für das Spiel üblich, nur einen kurzen Schmatzer zu geben, öffnet er seine Lippen. Ich weiß mir nichtmehr zu helfen und erwidere seinen leidenschaftlichen Kuss, der viel zu lange dauert. Als wir fertig sind, gucken uns alle entgeistert an. „Wow Luca du gehst ja ganz schön ran...", gibt Tijan mit einem verschmitzten Lächeln von sich. Luca wird rot, sagt aber nichts dazu.
Wir lassen den Abend langsam ausklingen, trinken aber noch weiter. Als sich die Gruppe dann gegen zwei Uhr langsam aufzulösen scheint, bin ich echt betrunken. Die anderen bestellen sich Taxis, aber ich will, dass Luca bei mir schläft. Ich musste schon letzte Nacht ohne ihn auskommen. Und ich bin wie gesagt im betrunkenen Zustand echt anhänglich. Deswegen ziehe ich ihn unauffällig zur Seite und flüstere ihm ins Ohr: „Schlaf bei mir!". Er sieht mich verführerisch an und nickt. Anschließend fahren wir nach den anderen mit einem Taxi zu mir und verbringen eine schöne Nacht.

Liebe auf den ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt