Kapitel 04: „Was ist da zwischen uns?"

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18.03.2020

Christinas Sicht:

„Okay Luca, lass uns den Anfang nochmal wiederholen!", rufe ich ihm zu. Wenn ich ihn so ansehe, sehe ich, dass ihn seine Trennung immer noch beschäftigt. Er wirkt etwas in sich gekehrt und redet nicht so viel wie sonst. Diese Woche tanzen wir einen Contemporary, was eigentlich super ist da Luca dieser Tanz sehr liegt. Aber auch der Produktion ist nicht entgangen, dass Luca und ich uns sehr gut verstehen und er sich letze Woche von seiner Freundin getrennt hat. Deshalb wohl haben wir einen Song mit dem Titel „Someone you loved" bekommen. Ich hoffe, dass Luca nicht während der Show nicht auf die Trennung angesprochen wird, denn ihm geht es wirklich noch nicht wieder besonders gut. Aber andererseits glaube ich, dass ihm der Contemporary hilft, über die Trennung hinwegzukommen. Ich hoffe auch, dass wir diese Woche vielleicht mal mehr als 22 Punkte bekommen. Da wir die Choreo zusammen mit India machen und Luca wirklich alles gibt, stehen die Chancen glaube ich garnicht so schlecht.

Mittlerweile ist der Tag der Show da. Noch 2 Stunden bis zu unserem Auftritt! Irgendwie bin ich diese Woche nervöser als sonst. Aber komischerweise nicht wegen mir, sondern wegen Luca. Ich habe mich die letzen Tage echt um ihn gesorgt. Auch wenn wir wie immer viel miteinander gelacht haben, konnte er seine Trauer nicht verbergen. Natürlich ist das normal nach so einer Trennung, aber ich habe ständig das Bedürfnis, ihn in den Arm zu nehmen und nichtmehr loszulassen. Oh man Christina, reiß dich zusammen!
Ich beschließe noch etwas zu essen, ehe ich mich in den Tanzsaal auf unser Sofa begebe. Gleich geht die Show los. Heute haben wir die Startnummer 04, also dementsprechend noch etwas Zeit bis wir tanzen müssen.
Nach ein paar Minuten lässt sich Luca neben mir aufs Sofa fallen. „Bist du sehr nervös?", frage ich in seine Richtung. „Ja schon. Ich habe irgendwie Angst, etwas falsch zu machen. Dieser Tanz bedeutet mir so viel.", entgegnet er, den Blick immer noch auf die Tanzfläche gerichtet. Sanft streichle ich ihm mit meiner Hand über die Schulter. „Mach dir keine Sorgen. Das Training lief super und wir haben eine Hammer Chorero. Wir schaffen das!", versuche ich ihn zu motivieren. Ich sehe, wie wir sich ein Lächeln über seinem Gesicht ausbreitet und er sich mir zuwendet. Es macht mich glücklich, ihn Lächeln zu sehen.

„Wow 30 Punkte!" rufe ich Luca ungefähr zum hundertsten mal diesen Abend zu. Wir sind weitergekommen und gerade auf dem Weg zu unseren Garderoben. „Ich kann es auch noch nicht glauben!", strahlt er mich an. Plötzlich bleibt er vor seine Garderobe stehen und sieht mich an. „Wollen wir unseren Erfolg noch etwas feiern?" mit einem schüchternen Blick sieht er mich an, ehe er sich am Kopf kratzt und verlegen auf den Boden schaut. Hat er das gerade wirklich gefragt? Was hat er vor? Ich merke, wie mein Gesicht langsam aber sicher die Farbe einer Tomate annimmt. „Ähh ja klar...", mehr bekomme ich nicht heraus. Luca lächelt mich an und öffnet die Tür zu seiner Garderobe. Wir setzen uns auf sein Sofa. Wir sitzen eine kleine Weile da, ehe Luca ansetzt: „Christina, ich wollte mich einfach mal bei dir bedanken. Auch wenn ich die letzen zwei Wochen echt nicht einfach war, warst du für mich da und hast das beste aus mir rausgeholt.". Schon wieder werde ich rot. Ich sehe ihm in die Augen und sehe ein Funkeln, was ich die letzen Wochen vermisst habe. Sofort wird mir warm ums Herz. „Dafür mich ich ja da!", lächle ich ihn an und er zieht mich in eine lange, intensive Umarmung. Als wir uns wieder lösen, sehe ich ihm in die Augen und könnte mich direkt schon wieder darin verlieren. Um die komische Situation zu beenden, stehe ich auf und gehe zurück in meine Garderobe, um mich umzuziehen.
Eine halbe Stunde später stehe ich draußen vor dem Studio und warte auf mein Shuttle. Mittlerweile ist es schon sehr spät und ich blicke in die kalte, sternenklare Nacht. Plötzlich höre ich, wie sich von hinten eine Person nähert. Ich drehe mich um und sehe Luca. Sofort werde ich aus meinen Gedanken gerissen und bin hellwach. Ich lächle ihn an und an lächelt zurück. „Wartest du auch auf dein Shuttle?", frage ich ihn. Er nickt. „Es müsste aber jeden Moment kommen", ist er sich sicher. Da sieht man die Scheinwerfer des Kleinbusses auch bereits von weitem kommen. Plötzlich packt Luca mich an den Handgelenken und ich zucke etwas zusammen. Sein intensiver Blick durchbohrt mich und ich bekomme eine Gänsehaut. „Du Christina?" Ich bekomme keinen Ton heraus. Lucas Hände gleiten an meinen Handgelenken entlang und plötzlich hält er meine Hände. Mein ganzer Körper kribbelt und ich mir wird heiß und kalt zugleich. „Dank die habe ich gemerkt, dass meine Trennung die richtige Entscheidung war.", sagt er mit einer sanften Stimme, ehe er sich umdreht und in seinem Shuttle verschwindet.
Ich kann immer noch nicht klar denken. Was hat er da gerade gesagt? Und wieso hat er dabei meine Hände gehalten? Tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf, ehe auch mein Shuttle ankommt und mich zu meiner Wohnung fährt.
Wenig später komme ich an meiner Wohnung an und bin mit meinen Gastanken immer noch bei Lucas Satz von eben. Mein Kopf sagt mir, dass er das wahrscheinlich nicht so gemeint hat, aber mein Herz schlägt seit dem Moment, in dem er meine Hände genommen hat nur noch mehr für ihn. Mein Kopf sagt mir, dass es irrsinnig ist sich Hoffnungen zu machen, zumal die Show jetzt Priorität haben sollte. Aber tief im inneren macht mein Herz sich Hoffnungen, Luca vielleicht doch näher zu kommen. So kann das nicht weiter gehen. Ich beschließe mit jemandem darüber zu reden, was ich bisher noch nicht wirklich getan habe, und rufe Andrzej an.
„Hey Bambi wie geht's dir?", klingt seine Stimme aus meinem Handy. „Naja geht so...", entgegne ich ihm und erzähle ihm die ganze Geschichte. „Also wenn ich ehrlich bin ist mir das auch schon seit der ersten Woche aufgefallen, wie gut ihr euch versteht und dass ihr einfach perfekt harmoniert. Ich hätte dich auch noch früh genug darauf angesprochen!", antwortet er. „Was hast du jetzt vor?" „Ich weiß nicht... einerseits würde ich ihm natürlich gerne näher kommen, aber andererseits habe ich auch meine Zweifel ob es ihm ähnlich geht. Ich meine er ist keine zwei Wochen getrennt und vielleicht bin ich auch nur eine Ablenkung für ihn", ich merke, wie der Gedanke daran eine tiefe Trauer in mir auslöst. „Ich an deiner Stelle würde ihm noch ein bisschen Zeit geben und vielleicht mal ein bisschen auf sein Verhalten dir gegenüber achten. Ich meine du bist Psychologin- da wirst du bestimmt irgendwas deuten können. Wenn es so sein soll, das wir bestimmt bald etwas zwischen euch passieren." „Danke Andrzej! Ich gehe dann mal schlafen!", bedanke ich mich bei meinem besten Freund. Ehe ich auflege,  kommt noch ein „Schlaf gut Bambi" zurück.
Doch an einen ruhigen Schlaf ist nicht zu denken. Viel zu lange liege ich noch wach in meinem Bett und denke an Luca und an den Moment, in dem er meine Hand hielt.

Lucas Sicht:
Gerade in solchen Momenten, wenn ich alleine in meinem Bett liege, vermisse ich Michelle schon. Aber um ehrlich zu sein, ist es schon viel besser geworden. Zum Glück bin ich nicht der Typ, der monatelang unter Liebeskummer leidet. Stattdessen muss ich die ganze Zeit an Christina denken. Heute Nacht nach der Show stand ich mit ihr vor dem Eingang und habe mich bei ihr für ihren Beistand bedankt. Ohne Kontrolle über meinen Körper zu haben, wanderten meine Hände in ihre. Eigentlich war das garnicht geplant, aber es hat sich schön angefühlt. Und wie sie mich angesehen hat... ich wüsste echt zu gerne, ob sie ähnlich fühlt wie ich. Ich bin mir zwar nicht sicher was ich für sie empfinde, aber dass ich was für sie empfinde ist mir spätestens seit diesem Moment klar.

Liebe auf den ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt