Kapitel 09: „Versteckspiel"

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15. April 2020

Christinas Sicht:

Nach dem wunderschönen Osterwochenende sind wir vorgestern wieder ins Training eingestiegen. Wie es der Zufall wollte, haben wir diese Woche eine Rumba zugeteilt bekommen. Eigentlich bekommt Luca die Schritte schon ganz gut hin. Ich genieße es jeden Tag aufs Neue, Luca so nah zu sein und seine liebevollen Bewegungen zu spüren. Aber er macht immer und immer wieder die gleichen kleinen Fehler. Ich mache ihn immer wieder darauf aufmerksam, aber mittlerweile bin ich schon etwas angenervt deswegen. Eigentlich schon seit gestern.
Gerade sind wir mal wieder dabei, eine dieser schwierigen Stellen zu üben. Zum bestimmt dreihundertsten mal. Doch schon wieder setzt er mit der Ferse zuerst auf, was falsch ist. „Machst du das mit Absicht?! Ich habe dir das jetzt schon tausend mal erklärt!", beschwere ich mich mit ernster Miene bei Luca. „Tut mir leid wenn ich das falsch mache... aber du regst dich doch sonst auch nicht so auf wenn was nicht direkt klappt", sieht Luca mich fragend an. Ich gucke zu Boden und reagiere nicht. „Lotti was ist denn los?", fragt Luca besorgt in meine Richtung. Seitdem er am Wochenende von meinen Eltern erfahren hat, dass mein Doppelname Charlotte lautet, nennt er mich Lotti. Voll süß, dass er seinen eigenen Spitznamen für mich haben wollte.
Dann spüre ich, wie ich von Lucas muskulösen Armen an seine Brust gezogen werde. Kurz zucke ich zusammen, doch dann fällt mir ein, dass heute kamerafrei ist. Dann kann ich mich nicht mehr zusammenreißen und mir laufen ein paar Tränen über die Wangen. Luca wischt sie sanft mit seinen Daumen weg. „Hey erzähl mir was los ist!", fordert er mich erneut auf. „Ich weiß es doch selber nicht genau. Ich hab einfach Angst das der Tanz nicht so gut wird und wir alle enttäuschen!" „Ich verspreche dir, mein bestes zu geben. Ich glaube an uns!", versucht Luca mich aufzuheitern. Ich lächle ihn an, ehe er mir einen dicken Kuss in die Haare drückt.
Als ich später am Abend in meiner Wohnung sitze, beschließe ich, Andrzej anzurufen. Ich hatte ihm ja vor ein paar Wochen bereits erzählt, dass ich Gefühle für Luca habe. Von den neusten Entwicklungen weiß er allerdings noch nichts. Er und seine Frau Vica sollen auch erstmal die einzigen bleiben, die von unserer Romanze wissen.
„Hey Bambi wie gehts dir?", tönt es aus dem Hörer. „Sehr gut gehts mir!", antworte ich. „Ich wollte dir noch was erzählen...." „Luca?"-Andrzej kennt mich einfach zu gut und weiß direkt, was los ist. „Luca und ich wir... wir haben uns geküsst!", platzt es aus mir raus. „Ihr habt was?!", ruft er begeistert. „Ich wusste es!"
Wir telefonieren noch über eine Stunde und ich erzähle ihm die ganze Geschichte. Es tut gut, mit jemandem darüber zu reden. Und Andrzej kann ich definitiv vertrauen.

Mittlerweile ist schon wieder Freitag und die nächste Liveshow steht an. Wir präsentieren heute unsere Rumba und den Jury Teamtanz im Team Motsi. Ich bin ziemlich nervös wegen unseres Tanzes, wobei die letzen beiden Trainingstage eigentlich weitestgehend vielversprechend verlaufen sind. Doch das Feld hat sich mittlerweile gelichtet und es sind nur noch 7 Paare im Rennen. Von Woche zu Woche steigt die Angst, es könnte die letzte in diesem Tanzturnier sein.
Gerade komme ich fertig gestylt aus der Maske und bewundere mich im Spiegel. Ich trage ein enges, schwarzes Kleid mit Glitzerdetails. Dazu ein dunkles Augenmakeup und geglättete Haare. Definitiv einer meiner Lieblingslooks bisher. Die Generalprobe ist schon durch und ich entscheide mich, noch etwas zu essen. In der Cafeteria treffe ich auf Kathrin und setze mich zu ihr. „Hey Bambi, how are you?", begrüßt sie mich. „Mir gehts gut, vielleicht etwas nervös wegen dem Tanz." „Are you kidding? Ihr fliegt doch eh nicht raus!", ist sie sich sicher.
Ein paar Minuten unterhalten wir uns noch, ehe mir mein Handy eine neue Nachricht anzeigt. Sie ist von Luca.
„Hey Lotti:)
Kommst du in meine Garderobe die Choreo nochmal durchgehen?"
Sofort muss ich lächeln.
„Hey warum grinst du so? Wer hat dir geschrieben?", fragt Kathrin empört. Obwohl sie zu meinen besten Freundinnen zählt, weiß sie noch nicht von Luca und mir. Auch wenn sie es nicht böse meint, würde sie sich zu schnell verplappern. „Niemand... ich muss nochmal in die Maske!", stottere ich und ehe Kathrin mich weiter ausfragen kann, bin ich schon auf dem Flur in Richtung Lucas Garderobe.
Leise klopfe ich an die Tür und drücke vorsichtig die Klinke nach unten. Luca sitzt auf dem Sofa und lächelt mich an. Seine definierten Muskeln zeichnen sich leicht auf seinem weißen Hemd ab und ausnahmsweise sind seine Haare mal nicht geglättet oder gegelt, sondern in ihrem Naturzustand belassen. Mit Locken mag ich ihn eh viel lieber. Ich stehe noch in der Tür, da kommt Luca auch schon auf mich zu. Wir stehen nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. „Ich dachte du willst nochmal tanzen?", sehe ich Luca fragend an. Er drückt mich an den Schultern leicht gegen die Tür und dreht neben mir den Schlüssel um. „Eigentlich war das nur ein Vorwand...", grinst er mich schelmisch an.
Erst bin ich etwas entsetzt, doch dann steige ich in Lucas Plan ein. „Ach ja, was hast du denn vor?", sehe ich ihn herausfordernd an. Er schaut mir noch kurz in die Augen, ehe er seine Lippen behutsam auf meine drückt. Ich öffne meine Lippen leicht und der Kuss gewinnt an Leidenschaft. Für einen Moment vergesse ich meine Sorgen um unseren Tanz. Es gibt nur ihn und mich. Dann zieht Luca mich etwas von der Tür weg und hebt mich hoch. Ohne meine Lippen von seinen zu lösen, schlage ich meine Beine um seine Hüfte. Er geht ein paar Schritte rückwärts, dreht sich und setzt mich schließlich auf der Fensterbank ab. Dann bringt er etwas Abstand zwischen unsere Gesichter und sieht mich an. Er stupst mit seiner Nase etwas meine an und ich muss lachen. „Ich mag es, wenn du lachst.", lächelt er mich an. Ich fahre ihm durch seine wuscheligen Locken und lege meine Hand in seinen Nacken. Daraufhin beugt er sich wieder zu mir und beginnt, mir seitlich am Hals entlang zu küssen. Mein ganzer Körper ist elektrisiert.
Schließlich gewinnt die Stimme der Vernunft in meinem Kopf an Einfluss und ich drücke Luca sanft an den Schultern weg. Er sieht mich fragend an. „Luca wir müssen gleich tanzen!", ermahne ich ihn. „Wir können uns sonst garnicht auf den Tanz konzentrieren." Traurig sieht Luca mich an und bewegt sich ein paar Schritte von mir Weg. „Okay du hast ja recht...", flüstert er. „Wir können ja wann anders weitermachen!", kommt es aus mir heraus. Erfreut sieht Luca mich an und zieht mich in eine feste Umarmung. „Das merke ich mir!", lacht er und wir machen uns auf den Weg Richtung Bühnenraum.

Als ich Stunden später in meinem Bett liege, lasse ich den Tag nochmal revue passieren. Unsere Rumba war echt super. Wir haben 28 Punkte bekommen und sind weiter. Der Tanz war super emotional und romantisch - genau mein Ding. Am Ende des Tanzes hat Luca mir einen Kuss auf die Stirn gegeben. Natürlich wurden wir direkt danach von der Klatschpresse darauf angesprochen. Ich hoffe, wir waren nicht zu auffällig. Einen Kuss an sich kann man spielen, die damit verbundenen Emotionen und Gefühle allerdings nicht. Ich hoffe, dass man auf der Fernsehaufnahme nicht erkennt, dass meine Hände zittern, als er mir so tief in die Augen sah. Ich habe noch nie einen Mann so angesehen, wie Luca in diesem Moment. Und ich hoffe, das Ganze bleibt noch lange unser Geheimnis.

Liebe auf den ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt