16. Juni 2020
Lucas Sicht:
Völlig vernebelt von meinen Gedanken nehme ich kaum wahr, wie die Tür hinter mir krachend ins Schloss fällt. Warum macht Christina sowas? Habe ich mich so in ihr getäuscht? Spätestens als ich irgendwann von ihrer Geschichte mit Evgeny erfahren habe, wusste ich, dass diese Frau durch die Hölle gegangen ist. Und genau Ähnliches zieht sie jetzt mit mir ab? Ich habe sie anscheinend komplett falsch eingeschätzt. Langsam lasse ich mich auf mein Bett fallen und versuche, die Eindrücke dieses Bilds zu verarbeiten. Warum? Warum tut sie mir sowas an? Doch auch wenn dieses Bild eindeutige Signale sendet, sagt mir mein Herz tief im inneren, dass Christina nicht so ist.
Als sich draußen nach einer halben Ewigkeit voller Zweifel, Trauer und Wut langsam die Sonne beginnt zu senken, bemerke ich meinen trockenen Hals und greife nach meinem Wasserglas auf meinem Nachttisch. Doch ich spüre nichts und drehe meinen Kopf zur Seite, um mir ein Bild von der Situation zu machen: Aus dem leeren Nachttisch schließe ich, dass ich mein Wasserglas wohl im Wohnzimmer vergessen haben muss. Bei Christina. Da ich aber mittlerweile so unglaublichen Durst habe, muss ich gleich wohl oder übel an ihr vorbei in die Küche. Doch in bin noch nicht bereit, ihr in die Augen zu sehen. Während ich vor zwei Stunden noch stinksauer und enttäuscht von Christina war, breitet sich langsam aber sicher ein unsicheres Gefühl in mir aus. Was wenn ich ihr Unrecht tue und das alles nur ein blöder Zufall war? Was wenn es eine Erklärung für die ganze Sache gibt?
Leise öffne ich die Tür zum Flur und lausche. Nichts. Langsam schleiche ich mich Richtung Wohnzimmer und Küche, während ich mir versuche, ein Bild von der Situation zu machen. Nach ein paar Metern stehe ich schließlich kurz vor meinem Ziel und gucke vorsichtig hinter die Wand zum Wohnzimmer. Mir stockt der Atem. Wo ist Christina?
Ich lasse meinen Blick schweifen und vernehme eine leicht angelehnte Balkontür. Ich nähere mich und kann schließlich Christinas immer wieder zu brechen scheinende Stimme hören. Ich beuge mich etwas vor und sehe ein zusammengekauertes Stückchen Elend auf dem Balkon sitzen. Den Blick auf die Berge gerichtet hockt Christina auf einem der grauen Gartenstühle und hält ihr Handy am Ohr. Zu gerne würde ich wissen, mit wem sie redet und was sie sagt. Eigentlich lauscht man ja nicht, aber das hier ist jetzt eine Ausnahmesituation. Vorsichtig mache ich noch ein paar Schritte nach vorne und neige mein Ohr gegen den offenen Spalt der Balkontür, sodass ich hören kann, was Christinas zitternde Stimme von sich gibt:
„Ich stand halt einfach ganz normal vor dem Unterwäsche Regal und wollte mir gerade ein neues Teil aussuchen. Ich hab mir gedacht, ich könnte Luca damit überraschen. Dann kam auf einmal Fabian von der Seite und hat mich gefragt ob ich ihm helfen kann. Ich hatte ihn ja den Abend auf der Party kennengelernt und ich hab mich gut mit ihm verstanden. Ein bisschen komisch war seine Bitte schon, aber ich habe mir nichts dabei gedacht. Dann habe ich ihm halt einfach was empfohlen und dann war er im Grunde auch schon wieder weg."
Zitternd löse ich mich ein kleines Stück von der Tür. Mein Herz hat es mir ja eigentlich schon gesagt, aber trotzdem tut es mir gut zu hören, dass Christina nichts mit Fabian hat sondern ihm einfach nur geholfen hat. Umso schockierter bin ich allerdings über mein Verhalten. Wie konnte ich nur? Wie versteinert stehe ich hinter der Tür und könnte mich selbst dafür Ohrfeigen, dass ich so über Christina gedacht habe.
Ein lautes Schluchzen lässt mich aus meiner Starre erwachen und ich nähere mich wieder etwas der Tür, hinter der Christina jetzt wieder anfängt zu weinen.
„Man ich weiß doch auch nicht, wie das mit dem Foto passieren konnte und ich kann es mir auch nicht erklären. Aber ich glaube auch nicht, dass das Zufall war. Ich meine Fabian kannte ich ja nur von dem Abend und wir haben uns halt wie gesagt echt gut verstanden und da Luca ja auch mit ihm befreundet ist, kann er ja wohl kein schlechter Mensch sein. Ich meine, er kann das Foto ja wohl auch kaum selbst gemacht beziehungsweise verschickt haben. Ich weiß nur noch, dass ich als ich in den Laden gekommen bin glaube ich Michèle mit ein paar Freunden gesehen habe. Das war auch das erste woran ich gedacht habe als ich überlegt habe, wie das Foto zu Stande gekommen ist. Ich weiß ja nicht mal ob Fabian überhaupt mit denen da war oder ob die sich nur zufällig alle da waren. Aber wenn er mit denen unter einer Decke steckt und die das irgendwie eingefädelt haben um mir zu schaden oder Luca und mich auseinander zu bringen, dann weiß ich echt nicht mehr ob ich hier richtig bin. Ich meine ich kann ja verstehen dass Michèle traurig und wütend ist und auch nicht gut auf mich zu sprechen ist. Allerdings habe ich sowas definitiv nicht verdient. Natürlich hat Luca jetzt nichts mehr mit ihr zu tun aber trotzdem teilen sie sich irgendwie einen Freundeskreis und wenn sie bei weitem nicht die einzige ist, die mich nicht ab kann und hier raus haben, will dann ist es echt nicht der richtige Ort. Zudem bin ich auch mega enttäuscht von Luca... ich meine wir kennen uns zwar erst seit ein paar Monaten aber wir kennen uns definitiv gut genug um zu wissen, dass der andere kein schlechter Mensch ist. Es enttäuscht mich halt einfach Extrem, dass er denkt ich sei zu so etwas fähig, gerade nach der Geschichte mit Evgeny."
Kurz ist es leise. Scheinbar spricht die Person an anderen Ende der Leitung. Vermutlich wird es Andrzej oder Vica sein. Zu denen geht Christina eigentlich immer als erstes, wenn irgendwas ist.
„Ach man Vica was soll ich nur tun? Ich kann doch jetzt nicht einfach so abhauen, so löst man keine Probleme. Aber ich will jetzt auf jeden Fall noch nicht mit Luca reden. Der hat sich eh im Schlafzimmer eingeschlossen. Ich glaube ich lege mich mal wieder aufs Sofa und versuche mich etwas zu beruhigen. Wahrscheinlich werde ich dann auch dort schlafen, es ist schon spät. Ich schreib dir dann gleich... Vielen Dank dass du für dich für mich da bist, ich hab dich lieb!"
Wie in Trance nehme ich Christinas letzte Worte wahr. Doch als ich das Rücken eines Stuhls vernehme, springe ich augenblicklich etwas zurück. Ich will keinesfalls, dass sie mitbekommt, dass ich gelauscht habe. Also drehe ich mich auch dem Absatz um und verschwinde leise wieder im Schlafzimmer.Christinas Sicht:
Immer noch niedergeschlagen lasse ich mich auf die Couch fallen. Das Gespräch mit Vica halt gut getan, hilft mir aber nicht wirklich über meine Enttäuschung wegzukommen. Mittlerweile ist es schon dunkel geworden, doch ich denke nicht daran, ins Schlafzimmer zu gehen. Warum denkt Luca so über mich? Bestimmt lerne ich am Abend jemand auf einer Party kennen, starte was mit dem und gehe am nächsten Tag in aller Öffentlichkeit mit dem Unterwäsche einkaufen. Wohlgemerkt während mein Freund ein paar Kilometer weiter einer der bekanntesten Persönlichkeiten des Landes ist. Nie im Leben würde ich sowas machen.
Mit einer guten Portion an Gefühlschaos bestehend aus Trauer, Wut und Enttäuschung lege ich mich schließlich aufs Sofa und versuche, etwas zur Ruhe zu kommen. Doch an Schlaf ist nicht zu denken. Mal davon abgesehen, dass ich mich in den letzen Wochen so an Luca gewöhnt habe, dass ich ohne ihn eh nicht einschlafen könnte, beschäftigen mich meine Gedanken gerade viel zu sehr.
Nach einer Weile vernehme ich plötzlich immer lauter werdende, tapsige Schritte auf mich zukommen. Doch ich habe jetzt keine Lust, Luca groß was zu erklären. Schlimm genug, dass er so denkt. Also bewege ich mich nicht und tue so, als ob ich schlafe. Langsam spüre ich, wie das Sofa neben meinen Schultern nachgibt und Luca sich setzt. Sanft legt er seine Hand auf meine Schulter. „Christina ich weiß, dass du wach bist.", beginnt er leise zu sprechen. Vorsichtig drehe ich mich und kann jetzt die dunklen Umrisse seines Gesichts erkennen. Er sieht mich an. „Ich habe nachgedacht. Es tut mir leid".
Er macht eine kurze Pause. „Ich bin selbst total von mir enttäuscht. Ich glaube, ich habe so extrem reagiert, weil ich dich verdammt nochmal so sehr liebe und ich mit der Vorstellung, doch zu verlieren, nicht klar gekommen bin. Kannst du jetzt bitte mit rüber kommen? Ich kann ohne dich nicht einschlafen.", erreichen Lucas wehleidige Sätze mein Ohr. Wie versteinert liege ich da. Eigentlich müsste ich jetzt immer noch sauer auf ihn sein, aber mein Herz sagt mir, dass er nur Gutes im Sinn hat und nur so reagiert hat, weil es sowas nie von mir gedacht hat. Nach einer halben Ewigkeit, in der keiner ein Wort gesagt hat, erhebt er sich nun langsam und will wieder im Schlafzimmer verschwinden. Doch in dem Moment handelt mein Körper nach meinem Herz und nicht nach meinem Verstand. Rückseitig packe ich Lucas Handgelenk und ziehe ihn zurück auf das Sofa. „Ich weiß, dass du nicht so von mir denkst. Und jetzt komm unter die Decke, dir ist bestimmt kalt!" daraufhin spüre ich eine leicht zitternde Hand an meiner Wange. Dann kriecht Luca vorsichtig zu mir unter die Decke und ich vergrabe automatisch meinen Kopf in seiner Brust. Eine Weile lang genießen wir einfach nur die Nähe des anderen.
Schließlich legt Luca mir einige Haarsträhnen hinter mein Ohr und flüstert sanft: „Ich liebe dich doch. Es war liebe auf den ersten Blick!"
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Liebe auf den ersten Blick
RomanceZwischen Luca Hänni und Christina Luft knistert es während und nach der 13. Let's Dance Staffel ordentlich - was nicht unbemerkt bleibt. Doch wie haben die beiden diese Zeit erlebt?