Kapitel 15: „I'm still standing"

851 25 15
                                    

22. Mai 2020

Lucas Sicht:
Gleich geht es los. Das große Finale von Let's Dance 2020. hätte man wir vor ein paar Monaten gesagt, dass ich jetzt hier sitzen würde, hätte ich kein Wort geglaubt. Doch jetzt ist es Realität. Ich freue mich mega auf die letzte Show, denn wir haben diese Woche noch ein letztes Mal alles gegeben. Vor allem Christina habe ich während der letzten Tage angemerkt, dass es ihr ganz schön nahe geht, dass nun die letzte Show ansteht. Es ist ihr erstes Finale und natürlich möchte ich sie nicht enttäuschen. Sie hat die letzten Monate so viel gegeben und mich Freitags Abends immer so gut wie nur möglich aussehen lassen. Deshalb mache ich mir auch einen irren Druck, noch ein letztes Mal so abzuliefern wie zuvor. Vorfallen die letzten beiden Shows waren unbeschreiblich: Wir waren beide Wochen die besten und mussten kein einziges Mal zittern. Deswegen sprechen uns jetzt auch viele die Favoritenrolle zu - was mich auch noch zusätzlich verunsichert. Normalerweise bin ich es aufgrund meines Berufs gewöhnt, mit so einem Druck umzugehen, aber heute ist irgendwie alles anders.
Völlig in meine Gedanken vertieft sitze ich auf einem der roten Sofas im Bühnenraum und starre mit einem leeren Blick auf das Parkett. Dann spüre ich, wie eine weiche Hand meine streichelt und diese schließlich behutsam umschließt. Ohne meine Kopf zur Seite zu drehen weiß ich, dass es Christina ist. Zärtlich verschränkt sie ihre Finger mit meinen und fährt mir leicht über die Wange. „Glaub an dich!", flüstert sie mir zu. Ich lächle sie an und ziehe sie in meine Arme. Zum Glück wissen ja die anderen jetzt von uns, und die Kameras sind noch aus. Also kann ich ihr jetzt auch außerhalb von unseren Garderoben nahe sein. Auch wenn ich immer noch wahnsinnig nervös bin, schafft sie es allein durch ihre Anwesenheit meine Anspannung zu lockern.

Wenig später geht auch schon die Liveshow los. Wir werden angekündigt und tanzen unseren Jury- Tanz, die Salsa. In erster Linie macht es mir wie immer wahnsinnig Spaß, doch auch meine extreme Nervosität macht sich bemerkbar. Ich baue zu viele kleine, und auch einen etwas schwereren Fehler ein, worauf mich Herr Llambi beim Juryurteil deutlich hinweist.
Als wir wenig später wieder auf unserem Sofa sitzen, weiß ich garnicht, was ich denken soll. Ich bin noch nervöser und angespannter als vor dem Beginn der Show. Und dieses Mal mit einem deutlich negativeren Beigeschmack: Verhaue ich den nächsten Tanz, den Quickstep, auch, so haben wir keine Chance auf den Sieg mehr. Moritz und Lilly haben bisher jeweils immer die volle Punktzahl bekommen, ich leider nicht.
Ich bin einfach mega enttäuscht von mir selbst und weiß auch nicht so recht, was los ist. Warum mache ich mir nur selbst so einen Druck?
„Es tut mir leid...", sage ich in einem niedergeschlagenen Ton in Richtung Christina, die ebenfalls ziemlich angespannt neben mir sitzt. Ohne ihre Reaktion abzuwarten, stehe ich auf und mache mich auf den Weg in Richtung Quickchange. Ich will jetzt einfach kurz alleine sein. Nein, Christina hat es einfach nicht verdient, dass ich jetzt so viele Fehler mache. Am liebsten würde ich meinen Kopf Regen die Wand schlagen und meinen Emotionen freien Lauf lassen. Doch jetzt gilt es ruhig zu bleiben und den nächsten Tanz besser zu machen. Doch ist nichts verloren.
Als ich mich umgezogen habe und nochmals in der Maske war, muss ich mich auch schon für unseren nächsten Tanz bereit machen. Und so stehe ich nun hinter der Bühne und versuche, mich einigermaßen zu konzentrieren. Plötzlich höre ich Schritte hinter mir. Ich sehe Christina in ihrem super süßen Blumenkleid auf mich zukommen. Ich lächle sie an, dich sie bemerkt meine zitternden Hände sofort. Sie bleibt kurz vor mir stehen und sieht mir tief in die Augen. Ohne das sie ein Wort sagt, sehe ich ihren Zuspruch und ihre Unterstützung in ihren dunkelbraunen Augen. Dann lässt sie ihre Hände langsam in meine gleiten und drückt diese fest zu. „Luca es ist alles gut. Es ist komplett menschlich, Fehler zu machen. Hör nicht auf, an dich zu glauben. Du schaffst das!", redet sie mir gut zu. Sie drückt mir noch einen kurzen Kuss auf die Wange, ehe sie mich an der Hand auf die Bühne zieht und wir im Anschluss unseren Lieblingstanz performen.

Kraftlos lasse ich mich auf das Sofa in der Garderobe fallen. Ich habe versagt. Durch meine schlechte Leistung beim Quickstep haben wir uns selbst die Chance auf den Sieg genommen, da die anderen beiden wieder 30 Punkte bekommen habe. Ich merke, wie mir langsam die Tränen über die Wange laufen. Auf einmal klopft es an der Tür. „Nein jetzt nicht!", rufe ich entschlossen. Ich will jetzt einfach alleine sein. Doch die Tür öffnet sich trotzdem. „Luca....", höre ich Christinas besorgte Stimme. Ich gucke sie an und bemerke ihre glasigen Augen. Auch sie scheint geweint zu haben.
Langsam lässt sie sich neben mich aufs Sofa fallen. Ohne ein Wort zu sagen ziehe ich ihren Kopf auf meine Brust und versuche sie zu beruhigen. Ein paar Minuten sitzen wir einfach nur nebeneinander und schweigen. „Wir können nicht mehr gewinnen.", spreche ich meine unwohlen Gedanken schließlich aus. „Weißt du was?", entgegnet Christina. Sie richtet sich auf und schaut mir in die Augen. „Das ist mir egal. Natürlich hätte ich gerne gewonnen. Aber das ist nicht das wichtigste. Viel wichtiger ist, dass ich dich kennengelernt habe." Kurz hält sie inne und scheint meine innere Beruhigung zu bemerken. „Ich liebe dich, Luca. Und jetzt geh da gleich raus und Beweis dem ganzen Land, was du in den letzten Wochen alles gelernt hast. Für mich bist du der allerbeste Finalist, den es je bei Let's Dance gab."
„Danke für alles". Mehr bekomme ich gerade nicht heraus. Ich ziehe Christina zu mir und gebe ihr einen langen Kuss auf die Stirn. Wie von einem Moment auf den anderen ist meine ganze Anspannung verflogen. Wie Christina eben gesagt hat, möchte ich den letzten Tanz jetzt einfach nur noch genießen und alle Emotionen vertanzen, die sich in der letzten Zeit angestaut haben.
Ich schließe die Augen. Der tosende Applaus aus Daniels Soundboard ertönt. Das war unser letzter Tanz. Unser letzter. Ich weiß garnicht, wo hin mit meinen ganzen Emotionen. Ich möchte lachen, schreien, weinen. Im nächsten Moment gucke ich rüber zu Christina. Ich sehe wie sie anfängt zu weinen. Aber ihre Augen verraten mir, dass es Freudentränen sind. Ich kann nicht anders, und bewege mich auf sie zu. Ohne vorher abzubremsen, umfalle ich mit meinen Armen ihren Körper. Das wir dabei mit den Köpfen zusammenprallen, interessiert uns nicht. In diesem Moment möchte ich einfach so nah wie möglich bei ihr sein. Ohne, dass ich Kontrolle über meinen Körper habe, küsse ich ihr sanft auf die Schulter, sie soll wissen, dass ich bei ihr bin.
Nachdem dann schließlich die Verkündung vorbei ist, ziehe ich mich schnell in meiner Garderobe um. Wie zu erwarten, haben Christina und ich den dritten Platz belegt. Doch um ehrlich zu sein, stört mich das gerade garnicht so doll. Ich bin einfach mega stolz auf uns.
Normalerweise ist es bei Let's Dance Tradition, nach dem Finale eine Aftershowparty zu veranstalten. Dieses Jahr fällt diese aber aufgrund von Corona etwas kleiner aus: Fertig umgezogen komme ich in die Cafeteria, wo ein Buffet und Kaltgetränke angerichtet sind. Die meisten anderen sind schon da und es läuft laute Musik. Wie auf einer Party halt. Und dann sehe ich sie: in einer schwarzen Jeans und einem roten Top, was ihre umwerfende Figur betont, steht Christina mit dem Rücken zu mir an der Bar und unterhält sich mit Kathrin. Erleichtert fällt mir ein, dass die anderen ja jetzt von uns wissen.
Ich gehe auf Christina zu, lege ihr von hinten meine Arme um die Taille und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. „Darf ich sie kurz entführen?", sehe ich Kathrin fragend an. „Klar!", grinst Kathrin mit einem vielsagenden Blick zurück.
Ich ziehe Christina an der Hand nach draußen vor die Tür. Da es mittlerweile Ende Mai ist, lässt es sich auch noch zu dieser späten Uhrzeit gut draußen aushalten. Wir setzten uns auf die Treppenstufen vor dem Studio. Fragen sieht Christina mich an. Nach einer Weile breche ich das Schweigen: „Ich liebe dich". Mehr sage ich nicht, denn wie bekanntlich sagen Taten mehr als tausend Worte. Also stehe ich auf, ziehe sie zu mir hoch und küsse sie, wie ich sie noch nie geküsst habe.

Liebe auf den ersten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt