Chap. 22

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Für den Bruchteil einer Sekunde, war ich nicht Herr über meinen Körper. Doch so schnell es weg war, kam es auch wieder und ich fand zu mir. Jungkook war bereits auf den Füßen und schaute, von wo der Schuss abgefeuert worden war. Ich tastete den Puls ab, doch nichts. Beide waren tatsächlich tot und würden nicht wiederkommen, uns keine weiteren Dinge zuflüstern. " Wir sind wie Todesbringer Jungkook ", sagte ich ernst, " Wo wir auch hinkommen, stirbt jemand. Die Kugeln sind nie für uns bestimmt, sondern immer für die Leute um uns herum. Wenn es so weitergeht, verbleibt niemand außer uns " . Er schaute mir in die Augen und nickte. Er blickte traurig herein, und zuerst verstand ich nicht, doch dann prasselte alles eben gehörte auf mich ein. " Jungkook ... ? " , fragte ich vorsichtig. Er schaute zu mir hoch und erwartete meine Frage. " Wie geht es dir? ", er wusste worauf ich anspielte. Immerhin hatte er so eben erfahren, dass seine Eltern umgebracht wurden. Ich auch, doch .. ich war nicht traurig. Menschen kommen und gehen, so ist das Leben. Menschen, die ich mein ganzes Leben lang Familie nannte, waren getötet worden. Nun erfahre ich, dass sie gar keine Blutsverwandschaft waren. Sie behandelten mich, wie ihre Tochter, somit waren, sind und werden sie immer meine Familie bleiben, wie auch meine leiblichen Eltern.

" Mir geht es dem Umständen entsprechend gut. Meine Eltern hatten mich seit je her auf diesen Augenblick vorbereitet. Mein Training früher und auch die zahlreichen Gespräche. Ich wusste, dass der Tag kommen würde, wo sie nicht mehr heim kämen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es verletzte mich kein bisschen, aber es wird vorüber gehen. Wie sieht es bei dir aus? Theoretisch müsstest du jetzt total fertig sein " , fragte Jungkook mich. Nagut, ich sag's dir Jeon, denn langsam fängst du an, zu nerven. " Mir geht's gut. Sie waren ein Kapitel in meinem Leben, welches nun abgeschlossen wurde. Sie waren meine Familie und so behalte ich sie in Erinnerung, aber das war's. Ich werde nicht trauern, keine Schmerzen haben. Du fragtest mich, ob es mir gut ginge, nachdem ich die Menschen erschossen hatte, erinnerst du dich? Ich hatte bereits in Deutschland mal jemanden erstochen. Sie hatte mich darum gebeten, also tat ich ihr den Gefallen. Während beiden Zeiten fühlte ich nichts. Rein gar nichts. Ich habe eine abgeschwächte Form einer Krankheit, die allerdings als Persöhnlickeitsmerkmal angesehen wird. Alexithymie, besser bekannt als Gefühlsblindheit. Das mischt sich noch mit anderen Dingen beziehungsweise Krankheiten und deswegen ist auch alles in, naja, Ordnung, auch wenn sich das echt fies anhört " .

Er war schockiert, hatte sowas noch nie gehört. Du verwundertest ihn zum abertausendsten Mal und es würde auch nicht das letzte mal sein. Eine Krankheit, die dir den Zugang zu deinen Gefühle verwährte? Es klang unwirklich für ihn, er hörte das erste mal davon, doch er wusste, du würdest nicht lügen. Er musste das verarbeiten und das würde er auch noch, doch jetzt schaute er dich vorerst nur eindringlich an, legte seine Hand auf deine Schulter und schwieg. Nach kurzer Zeit sagte er : " Lass uns umschauen. Vielleicht finden wir hinterlassene Informationen " und so begabt ihr euch auf den Weg. Wonach ihr suchtet, wusstet ihr nicht. Ob ihr etwas findet würdet, wusstet ihr ebenfalls nicht. Aber Zeit hattet ihr, nun mehr denn je und doch so viel weniger.

Verdammt, nichts! Absolut gar nichts. Wir irrten schon so lange durch dieses Anwesen und fanden absolut keine Hinweise auf irgendwas! Vielleicht sollten wir unsere Zeit nicht weiter verschwenden und nach Hause fahren? " Lass uns aufbrechen, hier gibt es wohl nichts " , sagte ich zu Jungkook. Er stimmte mir zu und wir gingen raus. Wir stiegen ins Auto und der Fahrer brachte uns wieder nach Hause.

Dort angekommen gingen wir ins Wohnzimmer. Jungkook nahm sich ein Glas und trank daraus. " Weißt du eigentlich, dass du echt gutaussehend sein kannst? ", fragte ich Jungkook geradeheraus und dachte mir nichts dabei. Ja gut, man könnte sagen, es wäre der falsche Zeitpunkt, aber ist es das nicht meistens? Er spuckte das Wasser zurück ins Glas und hustete erstmal. Nichtmal trinken kann der Junge, unfassbar! Ich lachte und er schaute nur dumm aus der Wäsche. " Was? ", fragte ich also schmunzelnd. " Ich weiß, dass ich gut aussehe, aber es ist nicht wirklich normal, dass Mädchen das so einfach sagen. Und das sogar ohne eine Mine zu verziehen ", antwortete er. " Man kann dir ja nichtmal ein Kompliment machen, ohne dass du es zerstören musst! Es heißt ' danke! ' und nicht ' Ich weiß, dass ich gut aussehe! ', du eingebildete etwas! ", musste ich lachen. Er schaute mich lasziv an und zog dann einen Mundwinkel nach oben. Er raunte : " Du bist auch ziemlich heiß ", in mein Ohr, " und wir sind alleine, also könnten wir viele Dinge anstellen " . " Ich spiele nicht mit Kindern ~ ", lächelte ich ihn provozierend an und machte auf meinem Absatz kehrt. Hätte ich jetzt, statt dem wunderschönen, weit ausgestellten Kleid, ein hautenges an, hätte ich mit Sicherheit schön meine Hüfte geschwungen, aber naja.

Im Zimmer angekommen, zog ich mir meine Schlafsachen an. Ich setzte mich auf die Reling des Balkons und genoss die Aussicht. Die Sterne strahlten wieder heller als sonst und ich dachte an Noah und M/N. Du warst also gar nicht meine echte Mutter, ja? Wieso hättest du mir nicht wenigstens das noch persöhnlich sagen können, bevor du gegangen bist. Habt ihr mir etwas hinterlassen, das mir auf die Sprünge helfen wird? Was ist Jungkook und mein Schicksal nun? Was sollen wir tun? Was wird von uns erwartet? Finden wir  auf die Fragen bald eine Antwort?

Es gab vieles, das ich sie beide, oder besser alle vier, noch gerne hätte gefragt, aber das geht jetzt ja leider nicht mehr. Jungkook und ich müssten uns definitiv um eine Beerdigung kümmern, aber nicht mehr heute. Dieser Tag war vorüber und so würden wir ihn auch ausklingen lassen.  Was er wohl gerade dachte? Hatte er Schmerzen, wegen des Verlustes? Ich sollte nach ihm schauen gehen. Ja, das ist das mindeste, was ich tun kann!

Ich trat von meinem Balkon und schloss die Tür hinter mir. In Schlafsachen gekleidet, verließ ich mein Gemach und machte mich auf den Weg zu Jungkooks. Dass ich ihn dort nicht finden würde, konnte ich natürlich vorher nicht wissen, aber wo ist der Junge dann? Das Anwesen ist riesig. Alles zu durchsuchen, würde zu lange dauern, also müsste ich mit Logik an die Sache rangehen! Sein Arbeitszimmer wäre meine erste Vermutung. Na dann werde ich da Mal schauen gehen! An der Tür angekommen, wollte ich gerade klopfen, als Chaeyeon hinauskam. " Oh, Y/N! Wie schön dich Mal wiederzusehen! Ich habe das mit deinen Eltern gehört .. es tut mir schrecklich Leid, dir muss es ja furchtbar gehen! ", in ihren Augen begannen, sich Tränen anzusammeln. " Ich freue mich auch, dich zu sehen! Mir geht es gut, wirklich. Ich mache mir aber ein wenig Sorgen um Jungkook .. weißt du vielleicht, wo er ist? ", fragte ich sie. Sie nickte und erklärte mir, dass er in dem Büro seines Vaters sei. Den Weg dorthin beschrieb sie mir ebenfalls, da ich noch gar nicht wusste, dass er auch ein Büro hier hatte und nicht bloß in der Firma. Es schien mir ein einfacher Weg zu sein, also begab ich mich dorthin.

Auf der richtigen Etage angekommen, ging ich entlang des Flures und sah bereits die Tür, die ich suchte, einen Spalt breit offenstehen. Licht drang heraus und daran machte ich aus, dass er noch immer in diesem Raum saß. Ich klopfte dreimal, um auf mich aufmerksam zu machen und trat nach einem ' herein ' ein.

Geheimnisse vor deiner Zeit | [J.Jk x Reader]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt