Kapitel 3

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Kapitel 3

Professor Flitwick führte Neville quer durch das Schloss fast bis zurück an den Ort, an dem er ihn und Malfoy aufgegriffen hatte. Kurz vorher bog er in einen anderen Gang ab und lief noch zwei Stockwerke nach oben. Neville presste das Buch so fest gegen seinen Oberkörper, dass er kaum noch Luft bekam. Es schnürte ihm allerdings auch die Angst den Hals zu. 

Schließlich blieben sie vor dem Büro von Professor McGonagall stehen und der kleine Lehrer wandte sich Neville zu. „Ich hoffe, das war es wert, Mr Longbottom", sagte er und klopfte gegen die Tür, während Neville den Kopf senkte.

Professor McGonagall hob erstaunt die Augenbrauen, als sie die beiden vor ihrer Tür fand. „Ich bedauere es, dich so spät noch zu stören", begann Flitwick, „Aber dein Schüler hat sich nach der Sperre noch mit Draco Malfoy auf dem Astronomieturm herumgetrieben, Minerva."

Der scharfe Blick der Lehrerin für Verwandlung legte sich auf Nevilles Gesicht wie eiskaltes Wasser. 

„Ich werde mich darum kümmern. Vielen Dank, Filius", entgegnete sie reserviert und trat zur Seite, so dass Neville das Büro betreten konnte.

„Einen schönen Abend noch", wünschte Flitwick, was Professor McGonagall erwiderte, ehe sie die Tür schloss.

Neville war wie versteinert vor dem Schreibtisch stehen geblieben. Setzen konnte er sich nicht, ohne dass das Buch unter seinem Umhang auffallen würde. Er konnte nicht einmal die Verschränkung seiner Arme lösen, ohne dass es zu Boden fallen würde. Also blieb er stehen.

Und schloss für eine Sekunde die Augen, als seine Hauslehrerin sagte: „Setzen Sie sich!" 

„I-Ich bleibe lieber st-tehen", stotterte er, ohne den Blick zu heben.

„Machen Sie sich nicht lächerlich!"

„D-Danke, nein."

Professor McGonagall schwieg und als er nun doch ein bisschen nach oben schaute, konnte er sehen, dass ihre Lippen nicht mehr waren als zwei blasse Striche in ihrem Gesicht. Er schluckte und wünschte sich ganz weit weg. In den Verbotenen Wald zum Beispiel, in eines der Netze dieser Riesenspinnen, von denen Ron ihm erzählt hatte. Oder zu seiner Oma nach Hause an den Kaffeetisch zusammen mit Tante Emily und der nach Kohl riechenden Nachbarin. Alles war besser, als jetzt hier zu stehen und den Einband des Buches so überdeutlich an seinem Bauch zu spüren.

„Schön!", schnappte Professor McGonagall. „Was hatten Sie zu so später Zeit außerhalb des Gemeinschaftsraumes zu suchen, Mr Longbottom? Und dann noch mit Mr Malfoy!"

„I-Ich ...", stotterte Neville, während ihm der Mund trocken wurde. Er holte ganz tief Luft und spürte, wie die Muskeln in seinem Nacken sich etwas entspannten. 

Unglücklicherweise jedoch nicht nur die. Auch die Spannung seiner Arme ließ kurzzeitig nach. Lange genug, damit das Buch mit einem lauten Knall zu Boden fiel.

Neville riss die Augen auf und starrte auf den braunen Ledereinband. Dann starrte er zu Professor McGonagall, die zeitgleich mit ihm den Blick hob. Sie zog eine Augenbraue hoch, Neville schluckte. Und ehe er wusste, was er tat, hatte er sich auf das Buch gesetzt. 

„Mr Longbottom!", rief die Hauslehrerin und umrundete mit einer Geschwindigkeit den Schreibtisch, die Neville ihr nicht zugetraut hätte.

„Professor?", entgegnete er kleinlaut.

„Stehen Sie sofort auf!"

Er holte stockend Luft. „Nein."

„Wie bitte?"

„Nein!" Wie um seine eigene Entschlossenheit am Leben zu erhalten, verschränkte er wieder die Arme vor der Brust. 

„Sie widersetzen sich mir?"

Ein Funke und ZunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt