Kapitel 19

46 6 2
                                    

Kapitel 19

„Du greinst wie ein Mädchen, wenn du kommst."

„Und du grunzt wie eine Wildsau."

„Eber."

„Nein, Sau." Neville sah sich zu Draco um, der mit hinter dem Kopf verschränkten Händen neben ihm in den Kissen lag. „Eine gewaltige Wildsau mit mindestens fünfzehn Frischlingen, die versucht, einen Schwarm Krähen loszuwerden."

Draco blinzelte. „Wenigstens greine ich nicht."

Neville grinste verstohlen und schloss die Augen. Seine Brust war zu eng für alles, was er fühlen wollte. Es drückte ihm die Luft ab und gleichzeitig war es wie schweben. Er war der Luftballon, der aufpassen musste, dass er nicht gegen die Nadel stieß.

Und dann war da eine Hand in seinen Haaren. Er fuhr unmerklich zusammen und musste sich dazu zwingen, nicht sichtbar darauf zu reagieren. Seine Mundwinkel zuckten und als die Hand wieder verschwand, seufzte Neville. „Was glaubst du, wann Snape das Gift einsetzt?"

Draco holte tief Luft und das Rascheln der Kissen, als er sich auf die Seite drehte und den Kopf in die Hand stützte, war in der Stille des Raums der Wünsche so laut wie Seamus' Weckruf morgens um fünf. Mindestens. 

„Ich denke, er tut es schon."

„Meinst du, er vergiftet sie langsam?" Darüber hatte Neville noch gar nicht nachgedacht.

Draco zuckte mit der linken Schulter. „Sie sehen ziemlich mies aus seit ein paar Tagen. Fast so wie du, als ich dich aus dem Korridor im dritten Stock gefischt hab."

„Ziemlich riskant", überlegte Neville. Die Carrows waren zwar nicht von der intelligenten Sorte, aber trotzdem bestand das Risiko, dass sie etwas bemerkten und Snape mit seinem Plan aufflog. Er für seinen Teil war froh, nicht mehr die Finger in diesem Spiel zu haben.

„Riskanter wäre es, sie einfach umzubringen. Du-weißt-schon-wer würde der Sache auf den Grund gehen."

„Hm." Für ein paar Minuten versank Neville in seinen Gedanken, den Blick an die Decke des Raums geheftet. Über Du-weißt-schon-wen und den Verlauf dieses Krieges nachzudenken, machte ihn nervös. Etwas Unbändiges begann sich dabei in seinem Bauch zu regen. Und so kehrte er mit seinen Überlegungen rasch ins Hier und Jetzt zurück. Niemals hätte er zu hoffen gewagt, dass er einmal so entspannt neben Draco Malfoy liegen würde und das auch noch bei vollem Bewusstsein. 

Besagter Draco Malfoy streckte schließlich seine freie Hand aus und drehte Nevilles Gesicht in seine Richtung. Als wäre es das Natürlichste der Welt, beugte er sich über ihn und küsste ihn. So wie die Männer in den Liebesromanen seiner Oma die Frau küssten, die sie seit Seite fünfzehn wollten und erst auf Seite vierhundertdreiundsechzig tatsächlich bekamen. 

„Was schaust du mich so an?", fragte Draco, als er sich wieder zurückzog.

Neville stieß die Luft aus seiner Nase. „Ich frage mich, wie es kommt, dass du so ..." Er grinste. „... gefügig bist." Draco zog die Augenbrauen hoch. „Nach deinem 'Du hast mich schwul gemacht!'-Auftritt hätte ich mit mehr Gegenwehr gerechnet."

Draco ließ sich seufzend in die Kissen zurückfallen. „Müsst ihr Gryffindors eigentlich immer alles bis ins kleinste Detail hinterfragen und ... sezieren?"

„Ja."

„Das ist echt anstrengend."

„Und?"

Er sah ihn an. Mit einer steilen Falte zwischen den Augenbrauen und geschürzten Lippen. Und dann platzte die Antwort aus ihm heraus, als hätte er schon ewig darauf gewartet, dass ihm jemand die dazu passende Frage stellte: „Ich bin verdammte siebzehn Jahre alt! Ich will was erleben, ich will tun, was mir in den Sinn kommt! Ich hab keine Lust, mir ... alles zu verbieten, das sich irgendwie gut anfühlt! Und gerade fühlt es sich eben gut an, dich zu ficken. Muss ja nicht gleich jeder erfahren."

Ein Funke und ZunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt