Kapitel 9

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Kapitel 9

„Du hast mich schwul gemacht!"

Neville zuckte zusammen, als die Tür zum Klassenraum aufsprang und drehte sich mit großen Augen zu Draco um, der mit wutverzerrtem Gesicht in der Tür stand.

„Was?"

„DU!!! Hast mich schwul gemacht!" Dracos Augen schienen etwas aus den Höhlen hervorzutreten, während er ihn anschrie.

„Aber ...", begann Neville, wurde jedoch erneut unterbrochen.

„Ich hasse dich! Ich will das nicht! Ich kann das nicht! Ich HASSE dich!"

Neville blinzelte, während er Draco beobachtete. Nach seinen letzten Worten entwich die Wut aus seinem Körper wie die Luft aus einem angestochenen Luftballon und er brach quasi neben einem der alten Tische zusammen. Schlug mit der Hand auf den Boden und wirbelte Staubwölkchen auf. Und dann saß er da auf dem Boden. Wie ein Häufchen Elend und starrte vor sich hin. „Ich kann das nicht", flüsterte er nochmal.

Neville schluckte. In seinem Kopf kämpfte eine jubelnde Fraktion gegen die Verzweiflung, Draco so zu sehen. Es war ihm auf eine sonderbare Art peinlich, jetzt hier zu sein und diesen Zusammenbruch mitzuerleben. Und gleichzeitig war er froh darüber, denn er hatte diesen Zusammenbruch selbst vor einigen Monaten erlebt.

„Warum musstest du auch unbedingt nochmal angreifen, du Vollidiot?" Draco sprach zu seinem Knie, auf dem er die Stirn abgelegt hatte. „Du warst besiegt! Ich hatte dich ... besiegt."

„Ich konnte es nicht ertragen", sagte Neville.

Draco hob den Kopf. Sein Gesicht war leer wie die Tafel in Professor Binns Klassenraum. „Dafür musste ich es ertragen."

Neville schluckte. In dem Moment, in dem er wieder aufgestanden war und nach seinem Zauberstab gegriffen hatte, war in seinem Kopf kein Platz gewesen für die Konsequenzen. Er hatte nur die Wut darüber gespürt, wieder gedemütigt zu werden. „Es tut mir leid."

„Drauf geschissen", entgegnete Draco bitter.

Für ein paar endlos lange Minuten wagte Neville es nicht, auch nur einen Ton von sich zu geben. Er wartete, dass Draco etwas sagte, aber er tat ihm den Gefallen nicht. Schließlich räusperte Neville sich. „Ich hab schon m-mal angefangen, die Zutaten vorzub-b-bereiten. Das Wasser kocht fast. Ich denke, wir ... können loslegen." Er deutete auf den kleinen Kessel, den er sich vor Schulbeginn in sechsfacher Ausführung in der Winkelgasse besorgt hatte.

Draco schwieg. Er starrte nur, das Gesicht mit roten Flecken übersät.

„Ich ... könnte deine Hilfe gebrauchen", versuchte Neville es erneut. „Die Farbe des Südens muss zerbröselt werden und ... wenn n-niemand aufpasst, kocht mir bestimmt wieder alles über. Also ..."

Draco starrte noch ein bisschen mehr. Dann endlich ging ein Ruck durch seinen Körper und er schleppte sich zum Kessel, setzte sich jedoch so weit weg von Neville wie möglich. „Ich hasse dich", hauchte er, während er nach den getrockneten Blüten griff.

„Das können wir später klären", beschloss Neville. Danach arbeiteten sie schweigend.

- - -

„Neville, pass auf!"

Neville blinzelte und warf sich ohne nachzudenken flach auf den Boden. Ihm entfuhr ein Ächzen und für einen Moment blieb er einfach liegen.

„Was sollte das denn?" Ginny war zu ihm gekommen und stand nun direkt neben seinem Kopf. Er drehte das Gesicht herum und sah vom Boden aus zu ihr hinauf.

Ein Funke und ZunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt