Kapitel 8

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Kapitel 8

Das Treffen war glimpflich verlaufen. Draco hatte die meiste Zeit stumm in einer der hinteren Reihen gestanden und gewartet, dass es vorbei ging. Und es hatte ihn nur ein Cruciatus erwischt. Versehentlich sozusagen. Ein Querschläger während der Trainings-Duelle. So unversehrt hatte er lange kein Treffen mehr verlassen; wenn seine Schulkameraden tatsächlich glaubten, dass er nicht wusste, wie sich ein Cruciatus anfühlte, dann irrten sie sich gewaltig.

Die Nachwehen dieses Fluches empfand er bestenfalls als lästig; schlimmstenfalls versauten sie ihm die ganze Woche. 

So kam es, dass er hinkend durch Hogsmeade stapfte. Der angezauberte Bart, der ihn tarnen sollte, juckte überall und unter dem Umhang brach ihm der Schweiß aus allen Poren. In der Tasche knetete er die Liste mit Zutaten, die er in der Eingangshalle am verabredeten Ort gefunden hatte. Er würde es zwar nicht einmal unter fünfzehn Cruciati zugeben, aber er wünschte sich, Longbottom wäre dabei. Er kannte sich einfach besser aus mit dem Kräuterzeug, konnte auf den ersten Blick sehen, ob die Pflanzen alt waren und wusste, wie hoch der durchschnittliche Preis auf dem englischen Markt lag. Draco hingegen war froh, wenn die Dinger grün waren, damit er sie als Pflanze erkennen konnte.

Der Laden machte einen erstaunlich freundlichen Eindruck. Draco hatte mit einer Spelunke wie in der Nokturngasse gerechnet. Sein Vater war ab und zu mit ihm in einem dieser Geschäfte gewesen, die mehr Waren unter dem Ladentisch verkauften als darüber. Doch im Magophyll gab es große Schaufenster, in denen bunte Reihen von Blumentöpfen standen, die Sommersonne durchflutete den Verkaufsraum und hinter dem Tresen stand kein zwielichtiger Zwerg mit nur einem Auge, sondern eine junge Frau, die ihn freundlich anlächelte – sie hatte zwei gesunde Augen.

Draco schluckte, während er zu ihr ging, und wagte es kaum, sich nach links und rechts umzusehen aus Angst, sie könnte in ihm den Pflanzen-Squib erkennen, der er war. 

„Guten Tag! Was kann ich für Sie tun?", fragte sie höflich.

Draco zog die malträtierte Liste aus seiner Tasche und glättete sie auf dem Tresen. „Ich bräuchte diese Pflanzen", erklärte er und gab sich dabei Mühe, seiner Stimme einen festen Klang zu geben, so wie sein Vater es ihm beigebracht hatte.

„Getrocknet oder frisch?"

Draco schluckte wieder. Hatte Longbottom das nicht dazu geschrieben? Er überflog die Liste – und holte tief Luft, um die aufsteigende Panik zu beruhigen. „Frisch", entschied er dann. Sollte Longbottom sich den Kram doch selber trocknen, wenn er es musste. 

„Gerne. Einen Moment bitte." Sie nahm das Pergament zur Hand und befüllte eine Papiertüte mit den Pflanzen, die auf der Liste standen. Draco beobachtete, wie sie durch die Reihen der Beete und Töpfe tänzelte, als wüsste sie die Wege im Schlaf. Und er fragte sich, ob er jemals in etwas so gut sein würde wie Neville und diese Frau in Kräuterkunde. 

„Das macht dann ...", überlegte die Verkäuferin, als sie wieder zu ihm kam und wischte sich mit dem Handgelenk eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „... fünf Galleonen, sieben Sickel und fünf Knuts." Mit einem freundlichen Lächeln legte sie die Tüte und die Liste vor ihm auf den Tresen und wartete, bis Draco das Geld abgezählt hatte.

„Vielen Dank", sagte er leise, schnappte sich seine Zutaten und trat den Rückzug an.

„Einen Moment noch!"

Draco spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror, ohne wirklich sagen zu können, was er jetzt befürchtete. Trotzdem kostete es ihn Kraft, sich auf dem Absatz umzudrehen und dem Blick der zwei gesunden Augen zu begegnen.

„Ich bin dazu verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, dass die Verwendung aller Zutaten für einen Trank gesetzeswidrig ist. Ich bin mir sicher, das wissen Sie, aber das Ministerium möchte es so."

Ein Funke und ZunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt