Aus dem Trainingsraum erklang das Klirren von aufeinandertreffenden Schwertern. Die Dritten hatten ihr Training wieder aufgenommen, nachdem der Zwischenfall mit Avalanche in Sektor 6 passiert war. Sechs Dritte waren daran gescheitert den Aufstand der umweltschützenden Terroristen, von denen sogar nur drei anwesend gewesen waren, niederzuringen. Stattdessen hatten sie auf Genesis, einem Soldat aus dem ersten Rang, warten müssen, der schließlich zu spät eingetroffen war, weil Destiny ihn in ein Gespräch über Loveless verwickelt hatte, aus dem es selten ein schnelles Entkommen gab. Letzteres war nicht einmal ihr Verschulden gewesen. Eigentlich hätte Destiny gerne den Kämpfen beigewohnt, aber sie hatte Genesis aufhalten müssen, damit Avalanche rechtzeitig entkommen konnte.
Die Soldatin, ja manchmal schaffte es auch die ein oder andere Frau, zweiten Ranges lehnte im Flur an der Wand, von wo aus sie einen guten Blick in die Trainingsräume hatte und hing ihren Gedanken nach. Heute hatte sie offiziell nichts zu tun und konnte sich die Zeit nehmen, um die Kampfstile und Stärken der Dritten auszukundschaften. Ein langweiliger Job.
Destiny und Avalanche teilten eine tiefe Abneigung gegen ShinRa und sie wäre jetzt lieber in den Slums von Sektor 7, um mit Marlene und Tifa herumzualbern. Leider war sie die Leidtragende ihres eigenen Plans. Der sah nämlich sie selbst als Spion bei ShinRa vor. Aus diesem Grund hing sie nun schon seit einem Jahr in der Kluft eines Elitekriegers fest und hatte eine Makobehandlung hinter sich, wodurch ihre Augen nicht mehr schokoladenbraun, sondern himmelblau geworden waren. Ein seltene Färbung, aber auch nach all der Zeit konnte sie sich nicht mit ihrem neuen Aussehen anfreunden. Wenigstens brachte das Training etwas Gutes mit sich. Sie wurde stärker.
Ihre Mission war es, einen Weg zu finden die Makoreaktoren lahm zu legen und ShinRa vielleicht sogar zu stürzen. Bis auf einige Informationen zu Waffen, Aufbau und Koordination innerhalb von SOLDAT, hatte sie allerdings noch nicht viel herausgefunden. Wenigstens hatten sie ihre Kampfkünste durch das Training mit den anderen Soldaten deutlich verbessert und konnte nun locker mit Cloud mithalten.
Cloud, der blonde Ex-Soldat, der sich vor einiger Zeit eher unfreiwillig Avalanche angeschlossen hatte, wäre lieber an ihrer Stelle zu Shinra gekommen. Allerdings gab es da zwei Probleme die gegen seinen Einsatz gesprochen hatten. Erstens besaß er bereits die blauen Augen, die durch die Makobehandlung entstanden und ihn sofort verraten hätten und zweitens hatte er einen plapperwütigen Freund im ersten Rang gehabt, der nicht wissen durfte, dass er noch am Leben war und sich dem Feind angeschlossen hatte. Cloud sprach nicht über die Vergangenheit und schon gar nicht über seine Bekannten bei ShinRa. Was geschehen war, bevor er nach Midgar kam, hütete er wie einen Schatz. Destiny hatte verstanden, das es keinen Sinn machte ihn zu einer Antwort zu drängen. Also schwieg sie darüber.
Nach wenigen herumfragen bei ShinRa hatte sie sowieso schon herausgefunden, wen Cloud bei Soldat kannte. Zack Fair, ein gutaussehender, großer, unbekümmerter Typ, der Destiny mit seiner offenen Art gehörig auf die Nerven ging.
Sie war bereits mehrfach mit Zack zusammengetroffen. Aus Vorsicht war sie ihm von Anfang an mit kühler Gelassenheit begegnet, schließlich konnte man nie wissen, womit man sich verraten konnte. Leider hatte ihr Verhalten dazu geführt, dass er neugierig auf sie geworden war und nun wie eine Zecke in ihren Haaren hing und einfach nicht los lassen wollte. Zack war ein anstrengender Mensch, vor allem, wenn man mit ihm nichts zu tun haben wollte. Das und die Tatsache, dass sie ShinRa und alles was dazu gehörte nicht leiden konnte, machte den Umgang mit diesen Leuten nicht gerade einfacher. Aber damit musste sie noch eine Weile leben. Wenigstens blieb sie so aufmerksam und vorsichtig.
Die Rothaarige wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als ihr jemand auf die Schulter tippte und ihren gedanklichen Monolog beendete. Ertappt zuckte sie zusammen und hob den Blick. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie sie den Kopf zu Boden gesenkt hatte. Mit großen Augen blickte sie in das Gesicht von Angeal Hewley. Er war Zacks ehemaliger Mentor und ihr gegenwärtiger Vorgesetzter. Er machte es ihr schwer ihm gegenüber Hass zu empfinden. Er war einfach zu nett zu ihr und seine ewige Geduld, die er sich bei Zack antrainiert haben musste, gefiel ihr deutlich besser als die Arroganz der anderen Soldaten des ersten Ranges. Ausgenommen Zack versteht sich.
Der Erste schien belustigt: „Heute keine Missionen, Calev?", fragte er. Destiny nahm eilig eine geradere Haltung ein und checkte ihr Handy: „Nein, bisher nicht. Vielleicht ist es noch zu früh." Ganz Unrecht hatte sie damit nicht. Es war gerade 8 Uhr am Morgen, trotzdem recht spät für sie. Manchmal ging sie bereits um 4 Uhr Monster jagen um ihre Ruhe von Zack zu haben. Der lauerte ihr manchmal schon vor dem Frühstück auf um sie zu nerven. „Gut, dann kannst du mich ja begleiten", meinte Angeal und ging in Richtung der Aufzüge. Destiny folgte ihm verblüfft. Jeder andere Soldat zweiten Ranges wäre wahrscheinlich vor Stolz geplatzt. Für sie aber war es lästig. Angeal hatte nicht nur ein gutes Auge für die Reaktionen anderer, sondern besaß auch eine gute Menschenkenntnis, was ein erhebliches Risiko für sie als Avalanchemitglied darstellte. Er würde alles bemerken, was ihre Regungen zu erkennen gaben. Sie mochte Angeal, aber seine Anwesenheit könnten auch Schwierigkeiten für sie bedeuten.
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Schatten über ShinRa
FanfictionFür ihre Freunde ist Destiny Calev bereit hohe Risiken einzugehen. Aus diesem Grund schließt sich die junge Frau SOLDAT an, um für Avalanche zu spionieren. Hin und Her gerissen zwischen der Treue zu ihren Freunden und ihrem natürlichen Pflichtbewuss...