Kapitel 16

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Destiny sauste mit Höchstgeschwindigkeit über den staubigen Boden. Mit jedem Meter ließ sie ShinRa weiter hinter sich, aber entkam der Übelkeit nicht, die sich in ihr breitmachte. 'Hoffentlich habe ich nicht zu fest zugeschlagen. Bitte sei nicht zu schwer verletzt.' , betete sie still, während ihr Ziel immer näher rückte. Sie war frei. Frei von ShinRaund frei von Lügen. Warum freute sie sich nicht? Sie konnte sich dieses Chaos in ihrem Kopf nicht erklären.

Nach einigen Stopps um sich zu orientieren und zu checken, ob ihr jemand folgte, war sie sich sicher, das weder Angeal noch die Turks hinter ihr her waren. Fürs Erste war sie also in Sicherheit.

Ihr Weg führte sie zu Sektor 6, wo sie ihr Motorrad versteckte und dann über Umwege zu ihrer Höhle gelangte. Dort legte sie ihre Uniform für immer ab.

In Schwarz gekleidet und maskiert trat sie wieder hinaus und machte sich auf den Weg zum 7. Himmel. Es war mittlerweile dunkel geworden. Zeit für die Mission. Zeit für weitere Kämpfe. Irgendwie freute sie sich trotz ihrer Schuldgefühle darauf. ShinRa bekam das was sie verdienten und sie tat endlich das, wofür sie ihr Leben lang gearbeitet hatte.

Sorgfältig suchte sie die Umgebung nach Turks ab, bevor sie die Bar betrat, auch wenn es ihr wertvolle Kraft kostete. Reno oder Rude eine Abreibung zu verpassen wäre eine gute Aufwärmung für das, was folgen würde gewesen. Allerdings taten sie ihr diesen Gefallen nicht. So stieg sie unverrichteter Dinge die Stufen zum Eingang hinauf und schlüpfte durch die Tür.

Als sie die Bar betrat hallten ihre Schritte durch den Raum. Einige Köpfe drehten sich zu ihr um. „Destiny, wo kommst du denn her?", Jessie sprang von ihrem Stuh lauf und umarmte sie zur Begrüßung. „Lass ihr doch erstmal Luft zum Atmen. Sie ist ja völlig erschöpft", Tifa trat zu ihnen und reichte Destiny ein Wasserglas, welches diese in einem Zug leerte, nachdem Jessie sie wieder aus ihrer Umarmung entlassen hatte. „Tut mir echt leid, das ich so spät bin. Ich war auf einer Mission draußen und habs verbockt", erzählte sie, nachdem sie tief Luft geholt hatte. Ihr Weg vom Schlachtfeld bis zur Bar war anstrengender gewesen, als erwartet.

Ihr letzter Satz hatte nun auch Cloud und Barret auf sie aufmerksam gemacht. „Wie meinst du das Kleine?", wollte der Größere von Beiden wissen. Destiny setzte sich auf einen Tisch, der neben ihr stand und seufzte: „Ich habs nicht mehr ausgehalten. Diese Lügerei und das ich für ShinRa gearbeitet habe, ging mir gegen den Strich. Ich hab sie verlassen", sie verschränkte die Arme vor der Brust, „Außerdem ist heute die Mission und wenn ich es nicht getan hätte, wäre ich noch später gekommen." „Was getan?", fragte Cloud und verengte seine Augen zu Schlitzen, als ahne er, was sie nun antworten würde. „Es gab unterwegs ein Gefecht mit ner Horde Feuerviecher. Nach dem Kampf habe ich Zack außer Gefecht gesetzt. Sonst hätte ich nicht abhauen können. Angeal hat zugesehen. Wenn ich zurückgehe, bringt er mich wahrscheinlich um." Sie zuckte mit den Schultern.

Für den Bruchteil einer Sekunde flammte Zorn in den Augen des Blonden auf, doch nach wenigen Sekunden verschwand dieser wieder unter seiner Maske aus Eis. „Außer Gefecht gesetzt? Inwiefern?", fragte er nach. „Ich hab ihn niedergeschlagen. Er dürfte keine ernsthaften Verletzungen davongetragen haben. So stark habe ich nicht zugehauen. Vielleicht eine leichte Gehirnerschütterung", sie rieb sich den Nacken. Sie hätte wissen müssen, das Cloud auf so eine Aktion allergisch reagieren würde, „Es gab nun mal keine andere Möglichkeit.", fügte sie hinzu. Cloud gab darauf keine Antwort und sah weg.

„Hey, was ist mit der Party am Reaktor. Ihr habt die Mission doch nicht etwa abgeblasen, oder?", wechselte Destiny das Thema und stemmte die Fäuste in die Hüfte. Die Umstehenden sahen sie verdattert an. „Natürlich nicht! Los geht's!", donnerte Barret los und trieb damit auch die anderen Mitglieder Avalanches dazu, sich aus ihren Stühlen zu erheben. Wedge und Biggs hatten bisher noch nichts gesagt, doch Destiny spürte, das zumindest Biggs sich um sie sorgte. Das hatte er schon immer getan. Doch sie ignorierte seine Blicke und folgte Barret nach draußen. Die beiden würden heute nicht mitkommen. Barret hatte sie als Babysitter für Marlene verplant.

Destiny folgte ihrer Gruppe in Form von Cloud, Barret, Jessie und Tifa nur langsam zum Bahnhof. In ihr tobten gemischte Gefühle. Einerseits freute sie sich darauf ShinRa eins auszuwischen, andererseits fühlte sie sich nicht gut damit, gerade jetzt den Reaktor anzugreifen. In den letzten Wochen war zwischen ihr und den Soldaten aus dem ersten Rang eine Bindung entstanden, gegen die sie sich nicht wehren konnte, obwohl sie es gern getan hätte.

Nervös zog sie ihre Maske tiefer ins Gesicht und überprüfte alle paar Meter, ob ihre Kapuze richtig saß. Die Wahrscheinlichkeit das Angeal und Zack bereits zu ShinRa zurückgekehrt waren und sie als Deserteurin gemeldet hatten, war zwar niedrig, aber trotzdem noch zu hoch. Destiny konnte sich glücklich schätzen, dass es in den Slums noch nicht von Turks wimmelte. 'Warum muss nur alles so kompliziert sein?', dachte sie.

In ihrem Kopf wirbelten Strategien durcheinander. Zack würde heute Nacht nicht mehr einsatzbereit sein, blieb noch das Trio aus dem ersten Rang. Wenn sie ihren Sieg vom letzten Mal berücksichtigte, konnte sie sich sicher sein, das mindestens Sephiroth und Genesis auftauchen würden. Wenn sie Pech hatten, würde auch Angeal vor Ort sein, sollte er mit Zack bereits wieder zurück sein. Möglicherweise würde ShinRa besonders vorsichtig sein, wenn sie sie entdeckten. Da machte es nur Sinn gleich alle Drei zu schicken. Cloud und sie allein würden mit ihnen nicht fertig werden. Sie brauchten noch mindestens eine weitere Person, um gegen sie bestehen zu können. Sie war nicht in den gesamten Plan eingeweiht worden, weil ihre Zeit dafür nicht gereicht hatte. Sie konnte nur hoffen, dass Barret dies berücksichtigt hatte.

Die Mitglieder von Avalanche standen auf dem Bahnsteig verteilt und hielten sich voneinander fern. Die Maskierte lehnte an einer Wand und behielt ihre Freunde im Auge. Immer noch grübelte sie über die bevorstehende Mission. Würde sie ihre Schwerter erneut gegen Angeal erheben können? Sie wollte ihn nicht töten müssen, keinen von ihnen. Jedoch ging ihre Familie vor. Sie würde niemanden im Stich lassen. Wenn es dafür Opfer auf der anderen Seite gab, blieb ihr nichts anderes übrig, als sie in Kauf zu nehmen.

Als der Zug endlich kam und sie einstiegen hielt Destiny sich an Jessie. Nebeneinander hockten sie sich auf eine Bank und eine bleierne Müdigkeit brach über die Rothaarige herein. Dösend lehnte sie ihren Kopf an Jessies Schulter. Wo die anderen waren, wusste sie nicht genau. Im Moment war es ihr jedoch auch egal, sie wollte einfach nur ein paar Minuten ihre Gedanken abschalten und entspannen.

Leider waren die Minuten schneller vorbei, als ihr lieb war. Irgendwann boxte Jessie ihr leicht in die Seite und murmelte in ihr Ohr: „Hier müssen wir raus", auf eine Antwort wartete sie gar nicht, sondern zog die verschlafene Destiny einfach mit sich. Als sie aus dem Zug traten und eine kühle Brise ihr ins Gesicht wehte, war sie mit einem Schlag hell wach.

Schatten über ShinRaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt