Kapitel 3

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Destiny führte Angeal einen kleinen Umweg durch die breiteren Straßen der Slums. Mit etwas Glück würde Jessie durch die engen Gassen, dem direkten Weg zur Bar, genug Zeit haben, um Tifa alles zu erklären, vielleicht Marlene und Barret warnen und dann wieder zu verschwinden. So der Notfallplan. Mit einem leichten Grinsen erinnerte sie sich an Jessies Schauspielkunst. „Es sah aus, als wäre sie ein Fan. Bevor sie abgehauen ist, meine ich", bemerkte sie belustigt, während sie den Blick über die dürftigen Häuser gleiten ließ. Angeal hatte es dennoch gehört. Er brummte unzufrieden, schien solche Situationen eher weniger gut zu finden. Beinahe hätte Destiny gelacht, hielt sich aber im letzten Moment zurück. Sie musste ihre Fassade bewahren.

Je mehr sich die beiden Soldaten der Bar näherten, desto entspannter wurde Destiny. Diese Umgebung war ihr Element. Sie kannte jeden Fluchtweg, jede Lücke zwischen den Gebäuden, jede Person und wusste, wer vertrauenswürdig war und wer nicht. Sollte Angeal jetzt Verdacht schöpfen, könnte sie einfach in ihre Blumenhöhle verschwinden und untertauchen. Er würde ihr in dem ungewohnten Terrain unmöglich bis dorthin folgen können. Die Höhle war ihr Ruhepol. Dort ruhte ihr Hab und Gut, sicher versteckt im Fels, in Form ihrer gewohnten Ausrüstung und eines Anhängers, den sie vor langer Zeit von ihren Teamkollegen als Zeichen des Vertrauens zu ihr erhalten hatte. Destiny würde sie nicht enttäuschen. Sie waren alles was sie besaß.

Angeal und Destiny traten auf den Platz vor der Bar. Hier war nicht viel los und Destinys Bauchgefühl sagte ihr, dass heute alles ruhig bleiben würde. Keine Banditen, keine betrunkenen Idioten, keine Leute die den Streit mit der Bürgerwehr suchten. Diese Harmonie nahm die Sorgen einer Enttarnung von ihren Schultern. Überrascht musste sie allerdings bemerken, dass Angeal keinesfalls entspannt war. Er blickte wachsam um sich, eine Hand an dem Griff des Panzerschwerts und blickte sich wachsam um.

Seine Sorge war unbegründet, das wusste Destiny, niemand wäre so dämlich, sich mit einem Soldaten ersten Ranges anzulegen, außer ihr selbst natürlich. Dennoch korrigierte Destiny ihr Verhalten und konzentrierte sich ebenfalls mehr auf ihre Umgebung. Bei einem kleinen Laden stahl eine Katze ein Stück Fleisch. 2 Personen lungerten an einer Ecke herum und unterhielten sich. Nichts was sonderlich ungewöhnlich war, aber Angeal musste ja nicht mitbekommen, wie viel wohler sie sich hier fühlte. Zufrieden bemerkte sie auch, dass ein brauner Zopf in einer Seitengasse verschwand. Jessie hatte es also rechtzeitig geschafft Tifa zu erreichen.

Seine Inspektion der Umgebung beendend schritt Angeal auf die Terrasse vor der Bar zu und stieg die Stufen hinauf. Destiny folgte ihm mit etwas Abstand. Die Tür knarzte, als Angeal sie öffnete und eintrat. Der Saal dahinter war bis auf Tifa, die hinter der Theke Gläser polierte, leer. Destiny wurde von der ruhigen Musik begrüßt, die immer spielte, wenn alles in Ordnung und keine Gefahr im Verzug war. An Angeal vorbei sah sie, dass Tifa sie bemerkt hatte und das Glas, welches sie in der Hand gehabt hatte, wegstellte. Barret, oder Marlene waren nicht zu sehen. Destiny erlaubte sich ein Lächeln, das aber wieder verschwand, bevor Angeales bemerkem konnte. Die Soldaten brauchten es nicht zu sehen. Ihr Lächeln gehört nur ihr und Avalanche. Für alle anderen genügte ihre kalte, gleichgültige Maske.

Tifa begegnete ihnen mit dem Gesicht derer, die noch nie einem Soldaten direkt gegenüberstanden. In ihren Augen kämpfte Angst mit Neugier und Nervosität. Angeal schien noch nicht wirklich Notiz von ihr genommen zu haben. Er war in der Mitte des Raumes stehen geblieben und nahm diesen genauer in Augenschein. Wonach suchte er? Versteckte Fallen? Seine einzige Falle stand in Form einer deutlich kleineren rothaarigen Frau hinter ihm und könnte ihn jederzeit angreifen, vielleicht töten, wenn der Moment besonders günstig war. Aber nicht jetzt, nicht heute, nicht hier. Erst wenn ihre Mission beendet war konnte sie ShinRa getrost ausräuchern. Destiny würde sich also noch gedulden müssen.

Tifa trat hinter dem Tresen hervor und lehnte sich mit dem Rücken dagegen: „Willkommen im 7. Himmel, was kann ich für euch tun?", wehte ihre Stimme zu ihnen hinüber. Destiny spürte, dass die Schwarzhaarige angespannt war, aber es zu verstecken versuchte. Diese Reaktion von Slumbewohnern schien allerdings so normal zu sein, dass Angeal sie nicht als verräterisch ansah. Er wandte sich ihr zu. Seine Stimme klang freundlich, als er sagte: „Wir wollen dir ein paar Frage stellen. Es ist nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest." Destiny konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sie war sich sicher, dass er wieder das gewinnbringende Lächeln aufgesetzt hatte, das er auch schon Jessi entgegengebracht hatte.

Angeal ließ sich auf einen Stuhl sinken, was bedeutete, das er erwartete, dass diese Konversation durchaus länger dauern könnte. Destiny lehnte sich an die Wand hinter ihr, wie sie es bei Avalanche immer tat, wenn sie keine Gefahr zu befürchten hatten. Sie hoffte Tifa damit wenigstens etwas beruhigen zu können.

Glücklicherweise schien es zu funktionieren. „Was möchtet ihr wissen?", fragte sie und lehnte sich leicht nach vorn. Es war Destiny, die ihr diese Frage beantwortete und erklärte, das sie nach einem jungen blonden Mann suchten, der einige Ähnlichkeiten mit einem Soldaten haben soll. Angeal lies sie schweigend gewähren.

Im Gegensatz zu Jessie, ließ sich Tifa nicht so viel Zeit mit einer Antwort: „Der Chocobotyp? Wie könnte ich den vergessen", sie lächelte schüchtern und auch etwas...verträumt? Destiny zog von Angeal unbemerkt eine Augenbraue hoch. Wann war Tifa denn unter die Schauspieler gegangen? Oder war das etwa echt?

„Er war also tatsächlich hier", erklang Angeals Stimme und holte Destiny wieder ins Geschehen. Tifa nickte: „Ja, aber das ist schon ein paar Tage her. Seitdem habe ich ihn aber nicht mehr gesehen. Weder hier, noch in  den anderen Sektoren. Ich bin viel unterwegs müsst ihr wissen." Destiny stieß gelangweilt die Luft aus. „Hat er irgendwas gesagt? Wohin er wollte, woher er kam, oder wo er jetzt ist?", mischte sie sich ein, weil ihr das alles zu langsam ging. Tifa schien zu überlegen, fragte Destiny mit ihrem Blick. Diese schüttelte nur den Kopf und strich eine verlorengegangene Haarsträhne zurück hinter ihr Ohr.

Angesehene wandte sich wieder Angeal zu. „Er hat kaum gesprochen. Er hatte was von einem Landstreicher, also gehe ich davon aus, das er Midgar bereits am nächsten Tag wieder verlassen hat." Angeal nickte langsam und rieb sich übers Kinn: „Können wir uns darauf verlassen, das du uns informierst, wenn du wieder was von ihm hörst?"

Tifa und Destiny tauschten einen erschrockenen Blick. So war das nicht geplant gewesen. Was hatte Angeal vor? „Sicher kann ich das, aber... hier kommen viele Leute durch und...", fing Tifa an, wurde aber von Angeal unterbrochen: „Sag einfach einem Gardisten Bescheid, das du mit mir sprechen willst. Der Rest wird danach kein Problem sein." „Natürlich", stimmte Tifa zu und nickte bekräftigend. Angeal nickte ihr zufrieden zu und stand auf: „Gut, dann sind wir hier fürs Erste fertig. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag", mit dieser steifen Verabschiedung verließ der Soldat die Bar. Destiny stieß sich von der Wand hinter ihr ab und schenkte Tifa noch ein letztes Lächeln, bevor sie Angeal nach draußen folgte.

Angeal und Destiny schwiegen sich an. Sie wusste, dass Tifa Cloud niemals verraten würde, aber Angeal würde vielleicht den 7. Himmel im Auge behalten und somit Probleme verursachen, die sich Avalanche nicht leisten konnte. Schließlich würden sie bald ein größeres Verbrechen begehen. Langsam begann sie daran zu zweifeln, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Wer konnte auch ahnen, das Angeal so versessen darauf war Cloud zu finden?

Schatten über ShinRaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt