Kapitel 4

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Auf dem Rückweg zur Oberseite der Platte sagte zunächst keiner der beiden Soldaten ein Wort. Eigentlich sollte die Schweigsamkeit des Größeren Destiny beunruhigen, schließlich könnte sie bedeuten, dass Angeal etwas bemerkt hatte, das sie hatte durchscheinen lassen, allerdings verschwendete sie daran keinen Gedanken. Sie grübelte darüber nach, wie sie ShinRa in Sicherheit wiegen und sich gleichzeitig mit der Splittergruppe treffen könnte. Während einer Mission unbemerkt zu verschwinden war kaum möglich und wenn sie in ihrer Ruhezeit verschwand müsste sie sich wasserdichte Alibis ausdenken, was ihr nicht gerade leichtfiel. Irgendwo gab es immer eine klitzekleine Unsicherheit, die sie verraten könnte. Also blieben nur noch die Wochenenden.

Destiny sollte aufhören Risiken zu zählen. Ihre ganze Aufgabe war ein Risiko.

Einige Worte am Rande ihres Bewusstseins holten Destiny zurück in die Realität. Mit verwirrtem Blick sah sie Angeal an, der der Einzige war, der etwas gesagt haben könnte, und legte den Kopf schief.  Angeal lächelte: „Ich habe dich gefragt, ob du mal gesagt hattest, dass du in den Slums geboren wurdest." Die Rothaarige brauchte eine Weile, bis zu ihr durchsickerte, was er von ihr wollte. Nach endlos langen Sekunden nickte sie schnell: „Ja, ich glaube, das hatte ich", antwortete sie. Angeal sah aus dem Fenster des Zuges in dem sie saßen: „Du hättest deine Familie besuchen können. Die Zeit hätten wir sicher gehabt." Destiny musterte ihn nachdenklich, konnte aber nichts hinterlistiges in seinem Gesicht erkennen. „Wie kommst du darauf?", fragte sie argwöhnisch. „Zeit mit der Familie ist wichtig, oder nicht? Ich besuche meine Mutter immer, wenn ich eine Mission in Banora zu erledigen habe", plauderte Angeal locker drauf los.

Destiny strich sich nachdenklich durch die roten Wellen ihrer Haare. Sie hatte ihren Zopf geöffnet, weil er ihr langsam Kopfschmerzen verursacht hatte. Was sollte sie dazu sagen? Sorry, ich habe keine Familie mehr und bin im Hälmchenhof aufgewachsen? Mal abgesehen davon, das Angeal das wahrscheinlich längst wusste, wollte sie es ihm gegenüber nicht aussprechen. Außerdem sah sie Avalanche als ihre Familie an und das konnte sie Angeal erst recht nicht erzählen. „Wir hätten nicht genug Zeit gehabt sie zu suchen...Sie sind irgendwo in den Slums. Keine Zeit am Tage zu Hause zu sitzen und genug Ärger gibt es mit uns auch. Es reicht, ... wenn wir uns am Wochenende treffen und ich dann wieder gehe", erzählte sie zögerlich. Angeal musterte sie nun seinerseits: „Warum gehst du dann zurück, wenn es nicht funktioniert?" Destiny schnaubte: „Zeit mit der Familie ist wichtig, oder nicht?"

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schüttelte Angeal den Kopf. Dann legte er Destiny eine Hand auf die Schulter: „Wenn du jemanden zum Reden brauchst, kannst du gerne zu mir kommen", sein Ton erinnerte sie eher an einen Vater, als an einen Soldaten ersten Ranges. Wenn einer diese Rolle spielen konnte, dann Angeal. Destiny wandte ihm mühsam ihr Gesicht zu und nickte stumm. Er sah sie so unheimlich aufrichtig an und sie? Sie belog ihn nach Strich und Faden. Wenn sie jemals auffliegen würde und das würde sie, dann würde er unheimlich enttäuscht von ihr sein. „Ich komme darauf zurück", fügte sie schließlich noch in dem neutralsten Ton, den sie zustande brachte hinzu. Angeal sah aus, als würde er noch etwas fragen wollen, wandte sich dann jedoch ab und blickte aus dem Fenster. Destiny fragte sich, ob er hatte wissen wollen, ob sie Jessie undTifa bereits kannte und dann wären die Lügen weitergegangen. Seufzend wandte sie den Blick von ihm ab und starrte aus dem Fenster. Sie spürte, das er sie nun erneut musterte, aber ignorierte es so gut sie konnte. Er konnte Menschen besser lesen als sie. Vor ihm musste sie besonders auf der Hut sein.

Zurück bei ShinRa wurde Destiny von Zack belagert, der wissen wollte, warum sie mit seinem Mentor so lange weg gewesen war. Der Schwarzhaarige war zwar mittlerweile in den ersten Rang aufgestiegen, aber ohne Angeal wäre er wahrscheinlich nur halb so stark, wie er es jetzt war.

Leider reichte es Zack nicht, wenn man ihm eine kurze, unfreundliche Antwort an den Kopf warf, was Destiny lieber tat, als die gesamte Geschichte zu erzählen. In diesem Fall hatte sie versucht ihm zu sagen, das er Angeal danach fragen sollte. Dummerweise bestand er darauf es von ihr zu erfahren. Leider machte er seinem Namen als Angeals Welpe gerade keine Ehre. Er trieb sie noch in den Wahnsinn, wenn er nicht bald wieder dazu überging seinen Mentor zu verfolgen

Mit der leisen Hoffnung er würde gehen, wenn sie ihn nur lange genug ignorierte, marschierte sie durch die Gänge des ShinRa Gebäudes zu ihrem Zimmer. Fehlanzeige. Er folgte ihr, als wäre er ihr Welpe, verließ sie nicht einmal, als sie ihr Zimmer erreicht hatte und die Tür öffnete. 'Was für ein Spinner', dachte Destiny genervt. „Kannst du endlich aufhören mich zu verfolgen?", fragte sie gereizt und überlegte, ob sie ihm nicht einfach die Tür ins Gesicht knallen könnte, dann wäre wenigstens eine Weile Ruhe.

Den Gefallen einfach zu gehen, tat er ihr natürlich nicht. Schneller als sie gucken konnte war er an ihr vorbei in ihr Zimmer geschlüpft und hatte sich auf ihr Bett gesetzt. „Komm schon, ich will doch nur wissen, warum ihr so lange zusammen unten in Sektor 7 wart!" Sein Hundeblick wäre für andere wahrscheinlich zum Dahinschmelzen gewesen, Destiny berührte er allerdings kaum. „Frag Angeal!", knurrte sie. „Ich wills aber von dir wissen!", quengelte Zack. Destiny sah ihn düster an, wenn sie ihm erzählte, das sie auf der Suche nach einem blonden Soldaten gewesen waren, würde sie ihn gar nicht mehr loswerden. Zack hatte Cloud gekannt und wusste nicht, was mit ihm geschehen war. Es war zu riskant in seiner Gegenwart von dem Blonden zu sprechen. Wie sollte sie diese Zecke nur loswerden? Sie seufzte: „Die Turks haben da unten jemanden gesehen, der Angeals Interesse geweckt hat und deswegen haben wir uns halt ein bisschen umgehört", erklärte sie dann so grob es ging, wohl wissend, das Zack sich damit keinesfalls zufrieden geben würde. „Und was war an dem so interessant?", bohrte der Schwarzhaarige weiter. „Seine Augen.", sagte sie knapp. Wie sehr konnte eine einzige Person nerven?

„Und habt ihr..?", setzte er an, doch Destiny riss der Geduldsfaden und unterbrach ihn: „Zack Fair, hast du keine Missionen mehr zu erfüllen, das du mir die Nerven zertrampeln musst? Kannst du dir vorstellen wie lange ich heute schon wach bin? Dabei hatte Lazard mir einen freien Tag geben wollen! Könntest du dich jetzt BITTE verziehen?!" herrschte sie ihn an und stellte ihn im nächsten Moment vor die Tür, bevor sie selbige mit voller Kraft zu schlug.

Zack trat nicht wieder ein. Hätte er es getan, hätte Destiny ihn bei ihrer Laune wahrscheinlich einen Kopf kürzer gemacht.

Sich die Haare raufend ließ sie sich aufs Bett fallen. Diese ganze Situation in den Slums mit Angeal und jetzt mit Zack hatte sie so dermaßen gestresst, das bei ihr reihenweise die Synapsen durchschmorten. Wenigstens konnte sie in wenigen Tagen ihre 'Familie' besuchen. Endlich könnten sie ihren Plan weiterführen. Endlich würde sich ihre beschissene Lage auszahlen!

Schatten über ShinRaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt