Das Wochenende kam und Destiny nutzte diese Gelegenheit um endlich wieder in den Slums zu verschwinden. Als sie sich unfreiwillig von Angeal verabschiedete, weil sie ihn auf dem Gang traf, lächelte dieser nur wissend und wünschte ihr ein schönes Wochenende. Sie bedankte sich nur, verkniff sich ein zufriedenes Lächeln und beeilte sich, das Gebäude zu verlassen.
Mit schnellen Schritten lief sie durch die Straßen der Plattenoberseite, die mochte sie noch weniger als die Slums an sich und ignorierte die Leute, die sich um sie herum durch die Straßen bewegten. Einige tuschelten beim Anblick ihres Schwertes und der Uniform miteinander. Je schneller sie den Bahnhof erreichte, desto besser. Je weniger Augenkontakt sie in der Zwischenzeit hatte, desto noch besser. Schließlich rannte sie beinahe den Weg zu den Gleisen hinunter. Ungeduld kochte in ihren Adern.
Am Bahnhof angekommen lehnte Destiny sich an einen Pfeiler und checkte die Zeit. Der Zug würde erst später kommen. Warum hatte sie sich eigentlich so beeilt? Achso, Ungeduld. Gelangweilt ließ sie ihren Blick über die Menschen am Bahnsteig schweifen und blieb an einer schwarzen Igelfrisur hängen. 'Was will Zack denn in den Slums?', fragte sie sich. Da fiel es ihr wieder ein. Wahrscheinlich wollte er zu seiner Freundin. Leise stöhnte sie genervt: 'Schicksal, was habe ich dir getan?' Blieb nur zu hoffe, das er sie nicht erkennen würde, wenn sie aufeinander treffen sollten. Schließlich trug sie in den Slums eine Maske.
In den Slums war nur die Maske bekannt, nicht ihr Gesicht. Zack müsste schon ihre Bewegungsmuster auswendig lernen, um sie zu erkennen. Ihre Tarnung war nicht perfekt, aber ausreichend. Soweit sie wusste, würde Zack sowieso in Sektor 5 aussteigen, also sollte sie in Sektor 7 in Sicherheit sein. Solange er nicht von seinem gewöhnlichen Programm abwich. Möglicherweise hätte sie ihn besser im Auge behalten sollen, statt Angeal.
Als der Zug kam wartete Destiny, bis Zack in einem Abteil verschwunden war, bevor sie sich selbst eines aussuchte. Sie konnte gut darauf verzichten, das dieser Welpe sie bemerkte und zulaberte. Er war ihr diese Woche schon genug auf die Nerven gegangen. Deswegen wählte sie auch eines, das sich am anderen Ende des Zuges befand.
Als der ID-Scan abgeschlossen war, tauschte sie ihre IDs aus. Für das System war Destiny Calev auf dem Weg in die Slums. An ihrer Stelle saß nun jedoch der Schatten. Ein Spitzname, den sie sich in den Slums verdient hatte. Nur weil jeder in den Slums ihre Erscheinung kannte, hieß das nicht, dass jeder wusste, wer sie tatsächlich war. Ihr Gesicht kannte schließlich niemand, außer ihre Leute von Avalanche. Für alle anderen war sie nur ein Niemand, der alle paar Tage in den Slums auftauchte und dann wieder verschwand. Destiny hoffte, dass die Turks sie dadurch nicht finden würden.
Als der Zug in Sektor 7 hielt, sprang sie unter vielen Passanten auf den Bahnsteig und huschte in eine der vielen engen Seitengassen, die höchstens von Monstern bevölkert wurden. Die wenigsten Menschen verirrten sich dorthin.
Die Gasse, die Destiny sich ausgewählt hatte, führte sie zuerst in eine kleine, verlassene Lagerhalle und dann durch einen Tunnel, der durch einige Kisten von der Umgebung abgeschirmt wurde. Destiny kroch auf dem Bauch durch die gewundene Aushöhlung im Fels und stieß erleichtert die Luft aus, als sich der Tunnel endlich zu einer Höhle öffnete. Durch Löcher in der Decke fiel Tageslicht herein und sorgte dafür, dass an einem kleinen Rinnsal Blumen blühten. Destiny hütete sie wie einen Schatz. Sie hatte sie irgendwann einmal in der Kirche in Sektor 5 ausgegraben und seitdem wuchsen sie hier, wie auf einer kleinen Wiese.
Destiny zog ihre Tasche aus der Aussparung im Fels und wechselte ihre Kleidung. Ihre violette Uniform landete achtlos in einer Ecke der Höhle und wurde gegen schwarze Hose, T-Shirt und Kapuzenjacke eingetauscht. Dann wickelte sie ihren schwarzen Schal um und versteckte ihr Gesicht bis zu den Augen darunter. Zuletzt schob sie noch ihre langen roten Haare unter die Kapuze, schnappte sich ihre Tasche und die zwei schmalen Schwerter, die sie in das Holster auf ihrem Rücken schob und schlüpfte durch einen etwas größeren, längeren Tunnel aus der Höhle.
Hinter dem 7. Himmel trat Destiny ins Freie und atmete tief durch. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass Zack in Sektor 5 blieb und nicht in Sektor 7 auftauchte. Am Rande registrierte sie, dass einige Männer sie argwöhnisch anblickten, doch ein funkelnder blauer Blick aus den Tiefen der Schatten unter der Kapuze genügte, um sie schnell den Blick abwenden zu lassen. Destiny hatte allerdings mittlerweile die Theorie, dass diese Reaktion auch mit den beiden Schwertern auf ihrem Rücken zu tun haben könnte. Solange niemand sich weiter für sie interessierte, sollte es ihr egal sein. Hauptsache sie wurde in Ruhe gelassen.
Gemächlich stiefelte sie die Treppe zum 7. Himmel hinauf und trat hinein. Erneut wurde sie von der ruhigen Melodie in Empfang genommen und fühlte sich sofort, als wäre sie gerade nach Hause gekommen. Tifa war hinter der Theke beschäftigt und hatte sie noch nicht bemerkt. Entspannt ging Destiny durch den Raum und ließ sich auf einen der Barhocker fallen. „Hast du nen Drink für mich?", fragte sie, während sie ihre Maske von ihrem Gesicht zog. Die Schwarzhaarige fuhr erschrocken herum: „Destiny!", sie umarmten sich über den Tresen hinweg. „Schön, das der Schatten sich auch mal wieder in den Slums blicken lässt", sagte sie neckend und schob ihr ein Glas hin. Destiny nahm es und drehte die Flüssigkeit darin nachdenklich: „Schön wieder hier zu sein", murmelte sie.
Tifa setzte sich zu ihr und musterte sie. „Ehrlich gesagt wundert es mich ein wenig, das du heute hier auftauchst", bemerkte sie. Destiny runzelte die Stirn: „Wieso, magst du mich nicht mehr?", fragte sie. Es war ein Scherz. Die Wahrscheinlichkeit, dass Tifa sie nicht leiden konnte, war mehr als gering. Tifa schüttelte den Kopf: „Erzähl nicht so einen Quatsch. Einige Mitglieder der Bürgerwehr haben Soldaten im Sektor gesehen. Drei sollen sich angeblich hier irgendwo herumtreiben", erzählte sie. Destiny verschluckte sich an ihrem Getränk. „Alles okay?", Tifa klopfte ihr auf den Rücken. „Schon gut. Weißt du wer?", krächzte die Rothaarige, als sie sich endlich beruhigt hatte. „Nein, leider nicht. Vielleicht sind es auch nur ein paar aus dem dritten Rang", versuchte Tifa Destiny zu beruhigen. „Wenn es nur Dritte wären, dann hätte die Bürgerwehr sich wohl kaum bei dir gemeldet", murmelte Destiny ärgerlich. 'Es ist hundertprozentig Angeal', dachte sie und spürte, wie ihre Laune sank. Wenn sie ShinRa nicht einmal mehr am Wochenende entkommen konnte, dann würde sie wohl am Wochenende die Stadt verlassen, um endlich ihre Ruhe zu haben. Wie weit kam ihr Motorrad nochmal mit vollem Tank?
„Also machen wir heute keine Besprechung", stellte Destiny fest und stürzte den Rest ihres Getränks hinunter. „Nein, wir waren uns einig, das es zu riskant ist. Wir wollen niemandem in die Arme Laufen. Dritter Rang, oder nicht", Tifa schnappte sich Destinys Glas und stellte es ihr gefüllt wieder hin. „Du bleibst doch noch, oder?", wollte Tifa wissen. „Sicher", Destiny stützte ihre Unterarme auf die Theke.
„Wo stecken die anderen eigentlich?", fragte Destiny. Tifa, die wieder begann Gläser zu polieren, ließ sich mit der Antwort Zeit. „Ich glaube, die sind fast alle in Sektor 5, du weißt schon, beim Hälmchenhof. Außer Cloud, der ist immer noch irgendwo draußen und hat sich bis jetzt nicht gemeldet", Tifa klang wirklich verärgert, „Und Jessie wollte sich mit ihren Mitbewohnerinnen nen schönen Tag machen", fügte sie dann noch im neutraleren Ton hinzu. Destiny zog die Augenbrauen zusammen: „Ich hoffe sie treffen nicht auf Zack. Ich hab ihn heute im Zug gesehen und seine Freundin wohnt in Sektor 5." „Er weiß ja nicht das sie zu Avalanche gehören", sagte Tifa beruhigend. „Hast wohl recht", gab Destiny zurück.
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Schatten über ShinRa
FanfictionFür ihre Freunde ist Destiny Calev bereit hohe Risiken einzugehen. Aus diesem Grund schließt sich die junge Frau SOLDAT an, um für Avalanche zu spionieren. Hin und Her gerissen zwischen der Treue zu ihren Freunden und ihrem natürlichen Pflichtbewuss...