Kapitel 21 - Keine Perfektion

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Es war pure Magie.
Anders konnte Magnus sich dieses Gefühl des Schwebens nicht erklären. Er fühlte sich so leicht, aber gleichzeitig auch so sicher und dann doch wieder so befreit.

Es war verrückt. Ein wundervolles Verrückt, das er gern noch viel länger auskostete.

Die Schaulustigen, die ihren Tanz beobachteten, waren nur verschwommene Schemen für ihn, denn der Mittelpunkt seiner Welt war Alexander, der den Tanz genauso zu genießen schien wie er.

Sie schwebten förmlich über die Tanzfläche und niemand würde ahnen, dass das hier Magnus' erster Tanz dieser Kategorie war. Er selbst vergaß es auch, denn Alexander führte ihn mit so einer Sicherheit, dass er sich einfach fallen lassen konnte.

Für Magnus schien es, als wären sie in einem kleinen Raum, der nur vom Feuer in einem Kamin beleuchtet wurde. Dort stand er mit Alexander und tanzte, wie jetzt, nur viel ruhiger und intimer zu ihrer eigenen Musik.
Allein bei der Vorstellung seufzte er leise auf, denn das würde sich bestimmt noch magischer anfühlen, als es ohnehin schon war.

Nun bereute er es nicht mehr, gegen das Verbot seiner Stiefmutter auf diesen Ball gegangen zu sein, denn sonst hätte er wohl nie erfahren, wie sich Schweben anfühlt.

Er glaubte, mit Alexander könnte er jedem Naturgesetz strotzen. Mit ihm könnte er über Wasser gehen, im Himmel fliegen und im Regen tanzen.
Er fühlte sich einfach frei und glücklich. So glücklich wie noch nie zuvor.

Deshalb war er auch mehr als enttäuscht, als die Musik endete und sie stehen blieben.

Langsam tauchten sie aus ihrer Blase wieder auf und kehrten in die Realität zurück, aber diese erschien ihm auch ganz schön. Zumindest, wenn Alexander bei ihm war und ihn so ansah wie jetzt. Als könnte er selbst nicht wirklich glauben, was gerade passierte, aber gleichzeitig auch so glücklich darüber war.
Seine blauen Augen leuchteten vor Freude und diese galt ganz Magnus.

Zögerlich erwiederte er das Lächeln, das ihm sein Gegenüber zuwarf, aber er war nicht ganz bei der Sache. Die Schmetterlinge, die in seinem Bauch umherwirbelten, lenkten ihn einfach ab.

Dennoch war er höchst aufgeregt, als sich Alexander plötzlich zu ihm vorbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte~Wollen wir vielleicht von hier verschwinden?~

Ehe Magnus über die Folgen nachdenken konnte, nickte er. Er bezweifelte, dass er überhaupt auch nur ein Wort herausgebracht hätte, wenn Alexander ihm so nahe kam, dass er dessen Atem auf seiner Haut spüren konnte.

Alexander hielt seine Hand fest umschlungen, als sie zwischen den Menschen hindurchhuschten und hinter einer schmalen Seitentür verschwanden. Von dort aus führte er Magnus durch so viele Gänge, dass er irgendwann einfach die Orientierung verlor. Der Palast hatte bereits von Außen sehr groß gewirkt, doch jetzt, in all diesen verschiedenen, aber stets prunkvollen Gängen erschien er regelrecht gigantisch.

Irgendwann traten sie durch eine weitere Tür und fanden sich in einem Garten, nein, einem Park wieder. Laternen beleuchteten die Wege des Parks, sodass er in ein geheimnisvoll warmes Licht getaucht war.

Von oben strahlten Hunderte von Sternen hinunter und schienen im Himmel ihren ganz eigenen Ball zu veranstalten. Der Mond überwachte das Treiben und mit seiner ruhigen Autorität sorgte er dafür, dass kein Stern aus der Reihe tanzte.

Alexander ließ seine Hand nicht los, als sie, nun in einem gemächlichen Tempo, einem der Wege folgten.
~Ist es nicht unhöflich, von seinem eigenen Ball zu fliehen?~, fragte Magnus nach einer Weile des stillen Beisammenseins.

Es war frisch draußen, aber nicht zu kalt. Eigentlich war es ganz angenehm. Wahrscheinlich lag das vor allem daran, dass sich Magnus gerade unglaublich wohl fühlte und an dem kribbligen Gefühl, das von ihren miteinander verflochtenen Fingern ausging und ihn von innen erwärmte.

~Wäre es bestimmt, wenn ich diesen Ball veranstaltet hätte, aber so? Ich könnte mir nichts Besseres vorstellen, vor allem in dieser Begleitung.~

Magnus wandte den Blick ab, während er spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht schoss. Dennoch fühlte er sich geschmeichelt. Es war nur so ungewohnt.

~Warum hast du mir nicht gesagt, dass du der Prinz bist?~, fragte er stadessen weiter und war froh, dass es Alexander wohl nicht kümmerte, dass er die formelle Anrede ausließ. Viel mehr schien er das zu mögen, weshalb er erleichtert war.

~Ich wollte nicht, dass du mich anders behandelst.~
~Aber du bist anders und das ist etwas Gutes. Durch dich fließt königliches Blut, ob du willst oder nicht.~, widersprach er sanft.

Magnus war nicht direkt wütend, weil er ihm das verheimlicht hatte. Er war viel mehr traurig darüber, auch wenn er eigentlich gar kein Recht dazu hatte, immerhin kannten sie sich kaum.

~Das ändert aber nichts daran, dass ich einfach normal behandelt werden möchte! Ich will nicht, dass sich jeder nach mir richtet und alles dafür tut, um es mir recht zu machen! Ich will nicht länger so behandelt werden, als wäre ich aus Porzellan! Denn entweder macht man das oder aber man versucht, mich zu irgendetwas zu drängen, das ich nicht will! Das ist manchmal so unfair!~
~Besser?~, fragte Magnus sanft, als er glaubte, dass Alexander sich alles von der Seele geredet hatte.

Besagter fuhr sich entnervt durch die Haare, bevor er ihm einen entschuldigenden Blick zuwarf.
~Ein wenig~, gab er mit einem schiefen Lächeln zu,~Danke.~

~Kein Problem~, meinte er,~Aber du solltest so etwas nicht in dich hineinfressen, denn dann wird alles nur schlimmer und fliegt dir irgendwann um die Ohren. Versuch es doch stadessen positiv zu sehen, du bist reich, frei, hast eine Familie und kannst so gut wie alles machen, was du willst. Und jeder sieht zu dir auf.~

Es schwang nicht die gerinsgte Spur Neid in Magnus' Stimme mit, als er das sagte. Es war einfach eine schlichte Aufzählung von Fakten.

~Sehr tröstlich, wenn man nicht selsbt entscheiden kann, wie man leben will, sondern alls für Perfektion geben muss.~
~Das solltest du nicht tun müssen. Vor allem, wenn es so eine Perfektion eigentlich gar nicht gibt.~
~Wie meinst du das?~, fragte Alexander.

~Es gibt keine vollendete Perfektion, denn wir sind nur Menschen. Wenn man von jemanden verlangt, perfekt zu sein, ist man es meist selbst nicht. Stadessen sollte man doch viel lieber daran arbeiten, sich selbst mit allen Ecken und Kanten zu akzeptieren. Man muss für niemanden perfekt sein, außer für sich selbst.~, erklärte Magnus nun, bevor er hastig wieder den Blick abwandte.

Alexander sah ihn so interessiert an und hörte ihm so aufmerksam zu, dass er sich direkt etwas unwohl fühlte. Er war es einfach nicht gewohnt, dass jemand ihm seine komplette Aufmerksamkeit schenkte. Vor allem von jemanden, den er kaum kannte, bei dem er sich surrealerwesie aber pudelwohl fühlte.

~Du bist ... sehr klug~, stellte Alexander sichtlich überrumpelt fest, weshalb Magnus nur die Augen verdrehte.

Gespielt keck grinste er ihn an.
~Sag mir etwas, das ich noch nicht weiß.~

Auch Alexander grinste, als er seine Hand losließ und ihn stadessen an den Schultern packte.
~Ich habe eine Überraschung für dich~, wisperte er leise in sein Ohr und er bekam eine Gänsehaut,~Ich hoffe, sie gefällt dir.~

Mit diesen Worten legte er behutsam seine Hände über Magnus' Augen und schob ihn sanft vor sich her.

Das Herz raste in seiner Brust, denn natürlich wollte er wissen, was die Überraschung war.
Aber er wusste, dass es auf jeden Fall eine schöne Überraschung werden würde, denn er hatte das Gefühl, dass nichts mehr diese Nacht ruinieren klnnte. Dazu war sie zu wundervoll.

Aber mit dem, was dann kam, hatte er nicht gerechnet und das machte das Ganze noch viel schöner.

Das Wunder in jedem Tag (Malec)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt