Kapitel 33 - Zurück auf der Lichtung

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Alexanders Sicht

Die Stille des Walds umgab ihn und wurde nur von dem ein oder anderen Vogelschrei unterbrochen. Der süße Duft von Kiefernharz lag in der Luft und trotz dass heute ein sehr sonniger Tag war, war es im Wald angenehm schattig.

Unter anderen Umständen hätte Alec diese Ruhe genossen, denn er liebte den Frieden, den der Wald verströmte. Unter anderen Unständen wäre ihm der Weg aber auch bekannt vorgekommen, denn eigentlich konzentrierte er sich gar nicht auf seine Umgebung.

Seine Gedanken waren zu laut und chaotisch, um ignoriert zu werden. In seinem Inneren herrschte pures Chaos.

Er war einfach so enttäuscht und frustriert. Er hatte so viel dafür getan, um seine Cinderella zu finden. Er hatte seine sichere Zukunft aufgegeben, um in der Schwebe zu sein, unwissend ob seine Entscheidung gut oder schlecht enden würde.

Er hatte die Fassade eines perfekten Prinzen fallen gelassen, um er selbst zu sein und damit vielleicht sein Glück zu finden. Jetzt schien dieses weiter weg als je zuvor.

Er hatte das ganze Königreich abgesucht und nichts gefunden.
Er hatte alles verändert und doch nichts erreicht.

Im Gegenteil, denn nun war alles ungewisser als zuvor.
Mit seinen Entscheidungen hatte Alec sich aber auch jegliche Wege zurück zur Normalität verbaut.

Er würde nicht zurückkehren und einfach Lydia heiraten können. Er konnte nicht mehr ein König von vielen sein, denn er war anders. Dadurch hatte er seine Familie in Gefahr gebracht ... für nichts!

Aber da waren nicht nur Frustration und Enttäuschung, da war auch diese kalte Leere. Er wusste zwar nicht wie es jetzt weiterging, aber er war sich sicher, dass der schöne Fremde der einzige bleiben würde, für den er diese Art von Gefühlen hegen würde.

Es würde keinen anderen geben. Nicht für Alec.

Die Intensität seiner Gefühle machte ihm Angst, aber gerade schmerzte es einfach zu sehr. Ihm kam die Begegnung mit seiner Cinderella nun vor wie ein Traum, etwas Wunderschönes, das aber von der Realitat weit entfernt war.

Aber trotzdem bereute er es nicht, seinen schönen Fremden kennengelernt zu haben. Wie könnte er auch die beiden so andersartig faszinierenden Begegnungen bereuen!?

Der Fremde hatte ihm nicht nur in einer Sache einen neuen Blickwinkel geschenkt und hatte mit seiner bloßen Art zu denken und zu fühlen seiner viel zu disziplinierten Welt neues Leben eingehaucht. Er hatte ihm eine Ruhe geschenkt, die ihm der Wald nie würde geben können, denn bei ihm konnte er einfach er selbst sein und würde dabei aber immer auf Verständnis und eine kluge Antwort treffen.

Der Fremde berührte sein Herz auf eine noch nie dagewesene Weise und brachte nicht nur sein Herz zum Höherschlagen. Er brachte seine ganze Seele zum Blühen, als ob sie endlich aus einem viel zu langen Schlaf erwacht war.
Und das jetzt zu verlieren, es nur ein einmaliges -wenn man es ganau nahm zweimaliges- Ereignis sein zu lassen, tat weh.

Er wurde von seinem wiehrenden Hengst aus seinen Gedanken gerissen. Irritiert schüttelte Alec den Kopf und sah sich um. Die ganze Zeit über hatte er nicht auf den Weg geachtet, aber das hieß nicht, dass er den Ort nicht wiedererkannte, an dem er nun war.

Bei der zuckersüßen Erinnerung schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen, aber es war nicht von langer Dauer.
Er war auf der Lichtung, auf der er seine Cinderella das erste Mal gesehen hatte.

Er erinnerte sich noch genau an seine Überraschung als er ihn erkannt hatte, mitten im Wald. Doch im nächsten Moment war die Überraschung Bewunderung, Faszination und einem leichten Schwärmen gewichen.

Der Fremde hatte so schön ausgesehen, so unschuldig. Das Sonnenlicht hatte sich im tintenschwarzen Haar des jungen Manns verfangen, sodass es einen goldenen Schimmer bekam und seine Haut hatte förmlich gestrahlt. Doch das übertraf nicht die Schönheit seiner tiefbraunen Augen mit den verschiedenfarbigen Tupfern.

Nur langsam kam das Bild, das seine Augen machten, in seinem Verstand an, denn die Lichtung lag nicht unberührt vor ihm. Im Gegenteil, vor der heruntergekommenen Hütte stand ein weiteres Pferd und scharrte unruhig.

Alec sah sich um, aber von dem Reiter war keine Spur zu sehen, obwohl das Pferd noch vollständig gesattelt war. Das verwirrte ihn und weckte sein Misstrauen.

Er stieg von seinem Hengst ab und band ihn an einen nahestehenden Baum an, bevor er sich dem fremden Pferd langsam von der Seite näherte.
Es schreckte nicht zurück, sondern schien ihn aufmerksam zu beobachten.

Je näher er der Stute, wie er erkannte, kam, desto bekannter wurde sie ihm. Aber erst, als er vor ihr stand und langsam über ihre Nüstern strich, während er nach den Zügeln griff, wurde ihm klar, woher er sie kannte.

Sie gehörte zu dem schönen Fremden oder zumindest hatte Alec sie zusammen mit ihm gesehen. Aber was machte sie dann ohne ihren Reiter hier? Wo war sein schöner Fremder?

Als hätte das Pferd seine Gedanken gelesen, scharrte sie erneut, bevor sie den Kopf zur Tür streckte und leicht scheute. Alecs Griff um ihre Zügel verstärkte sich, während er leise murmelte~Ich glaube, ich weiß, was du meinst.~

Mit diesen Worten ließ er sie los und versuchte die Tür zu öffnen.

Abgeschlossen.

Die Besorgnis in ihm wuchs, aber noch war er dazu fähig, rational zu denken. Er griff in seinen Stiefel und fischte zwei schlanke Messer heraus, bevor er sich an der Tür zu schaffen machte.

Früher hatte sich Jace einen Spaß daraus gemacht, seinen besten Freund Alec in jeglichen Kammern einzusperren und ihn erst Stunden später wieder rauszulassen. Unter anderen Umständen wäre er für so etwas böse bestraft worden, aber Alec verhinderte das jedes Mal und rächte sich hinterher voller Genuss an seinem Freund.

Dank diesen Aktionen hatte er allerdings gelernt, wie man Schlösser knackte und für diese Erfahrung war er Jace für immer dankbar, gerade jetzt, als das verräterische Klicken der Tür ertönte.

Er stieß sie auf und trat hinein in die Ungewissheit, was ihn dort erwarten würde.

Das Wunder in jedem Tag (Malec)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt