Er war wunderschön. Verwuschelte schwarze Haare, blasse Haut, hohe Wangenknochen und tiefblaue Augen, die selbst aus dieser Entfernung hell strahlten und Magnus in ihren Bann zogen. Der Fremde war groß und muskulös und schien regelrecht erhaben auf seinem weißen Pferd.
Er war perfekt.~Oh, verzeiht. Ich habe gedacht, ich sei allein.~, entschuldigte er sich mit tiefer Stimme.
Sofort schlug Magnus' Herz schneller, während ihm der Atem stockte. Er war so wunderschön.
Warte ... Er hatte gerade etwas gesagt. Nur was?
Magnus wusste es nicht, denn er war viel zu überwältigt vom bloßen Anblick und der schönen Stimme des Fremden, als dass er wirklich auf dessen Worte geachtet hatte.
Auf gut Glück sagte er~Im Wald ist man nie wirklich allein. Wisst Ihr, woher das Krachen kam?~
~Ich habe auf einen Vogel geschossen und ihn verfehlt. Ich suche gerade nach meinem Pfeil.~
~Zum Glück!~
~Warum?~
~Der Vogel hat es nicht verdient, dass man auf ihn schießt~, antwortete er frei heraus,~Er hat doch noch so viel vor im Leben. Vielleicht hat er Familie und die wäre sicherlich untröstlich gewesen.~~Kennst Ihr den Vogel etwa?~, fragte er mit einem belustigten Unterton, während er auf ihn herabsah.
Seine blauen Augen funkelten amüsiert und Magnus wurde augenblicklich warm ums Herz.
~Nein, aber man kann alles und jeden irgendwann kennenlernen. Kann ich Euch bei der Suche nach Eurem Pfeil denn helfen?~
~Nur, wenn Ihr klettern könnt. Ich denke nämlich, dass er im Dach Eurer Hütte gelandet ist.~, antwortete er und deutet auf besagtes Dach.Magnus stand auf und ging ein paar Schritte nach vorn, bevor er sich umdrehte. Tatsächlich ragte zwischen zwei Dachziegeln die gefiederte Spitze eines Pfeils heraus.
~Ich kann klettern.~
~Würdet Ihr ihn dann von dort runterholen?~
~Aber nur, wenn Ihr lieb bitte sagt.~
~Was?~, fragte er verwirrt, aber mit einem sanften Unterton.Magnus wusste nicht, woher er diese Lockerheit nahm, denn eigentlich war er in Gegenwart Fremder eher verschlossen und darauf bedacht, nicht zu viel preiszugeben, obwohl er dabei stets freundlich blieb. Auch hatte er gelernt, immer höflich zu sein und sich keine Fehler zu erlauben.
Hier jedoch sagte er einfach, was ihm durch den Kopf ging und er mochte das. Vielleicht lag es an dem angenehmen Wetter oder der vertrauten Umgebung, weswegen, er so direkt und ehrlich war. Oder aber es lag wirklich an dem sympathischen Fremden, der ihn irgendwie faszinierte, aber ihn auch furchtbar nervös machte.
Er hatte allerdings genug Übung darin, um sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen.
~Ihr habt mich schon verstanden.~Der Fremde stieg ab und stand nun direkt vor ihm. Er war etwas größer als Magnus, sodass dieser leicht den Kopf heben musste, um ihn ansehen zu können.
~Ihr meint das wirklich ernst, oder?~
~Warum sollte ich es nicht?~
~Nungut, könntet Ihr bitte meinen Pfeil da runterholen? Bitte?~, fragte er nun und sah ihn mit einem unverbesserlichen Schmollblick an, während er mit den Wimpern klimperte.Magnus konnte nicht anders, als zu lächeln, denn mit diesem Blick und den so fluffig aussehenden Haaren, die ihm leicht in die Stirn fielen, sah er einfach zu süß aus. Magnus juckte es in den Fingern, ihm diese Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen, aber so weit reichte sein plötzlicher Mut dann doch nicht.
Also verharrte er noch kurz, um den Fremden zu mustern, bevor er schnell kehrt machte und zu Cat ging, die das Treiben bisher still beobachtet hatte. Sie schien belustigt zu sein, als er sie streichelte und sie so indirekt um Hilfe bat.
Ohne etwas gesagt zu haben, stellte sie sich seitlich zur Hütte hin, sodass Magnus geschickt auf ihren Rücken klettern konnte. Als er sein Gleichgewicht gefunden hatte, kniete er sich erst hin, bevor er langsam aufstand.
Nun erwies es sich als sehr klug, Cat nicht zuvor gesattelt zu haben, denn so erschien es ihm viel einfacher, sich auf ihrem Rücken auszubalancieren. Von dieser Höhe aus war es ein Kinderspiel, auf das niedrige Dach der Hütte zu gelangen und dann bedacht die Dachschräge hochzukraxeln.
Vorsichtig zog er den Pleil heraus und drehte sich dann zu dem Fremden um, der ihn überrascht, aber auch entgeistert anstarrte.
Für ihn war es offensichtlich nicht üblich, so etwas zu sehen.Magnus hingegen hatte schon oft auf Cats Rücken gekniet oder gestanden, nur eben in der Scheune. So verbesserte er seinen Gleichgewichtssinn, was sich nachhaltig auf seine Reitkünste ausgewirkt hatte.
Auch das Klettern auf Bäume oder niedrige Dächer gehörte zu den Dingen, die Magnus in seiner Kindheit oft getan und nie wieder gelassen hatte. Dementsprechend erfahren war er.
Er konnte nicht anders, als stolz zu grinsen, denn er mochte es irgendwie, diesen Mann zu beeindrucken. Mit beinahe katzenhafter Eleganz ließ er sich vom Dach gleiten und kam neben Cat auf dem Boden auf.
Dann machte er einen Schritt und wollte ebenso elegant wieder zu dem Fremden gehen, als er über etwas stolperte, wahrscheinlich einen Stein, der ihm nun einen Strich durch die Rechnung machte. Das Schicksal war nun mal immer für eine Überraschung gut.
Doch ehe er auf dem Boden aufkommen konnte, fingen ihn zwei starke Arme auf und eine unglaubliche Wärme breitete sich schlagartig in ihm aus. Er fühlte sich auf einmal so wohl und irgendwie ... geborgen. Als er aufsah, versank er in diesen schönen blauen Augen, die ihn überrascht, aber auch sanft und liebevoll anblickten.
Sein Herz schlug wieder rasent schnell und ein angenehmer Schauer lief über seinen Rücken.Kurz schien die Welt stehen zu bleiben und es gab nur sie beide, ihre intensiven Blicke und ihre schnell schlagenden Herzen.
Doch leider drehte die Welt sich ebenso schnell wieder weiter und der Fremde ließ ihn los.
~Euer Pfeil~, meinte er nun etwas unbeholfen und hob Besagten hoch,~Wie heißt Ihr eigentlich?~
~Nennt mich Alexander. Und Ihr seid ...?~
~Nicht so wichtig.~, winkte er hastig ab.Er wollte diese angenehme Stimmung nicht verderben und er glaubte, dass die Nennung seines Namens genau das bewirken würde. Er wusste nicht recht, wieso er das glaubte, es war nämlich eher ein Gefühl.
~Na schön und Ihr seid hier im Wald, weil ...?~
~Um zur Ruhe zu kommen. Genau wie Ihr, Alexander.~~Oder zum Flechten von Blumenkränzen. Meine Schwester hat das auch immer versucht, aber bei ihr sah das nie so gut aus.~, meinte Alexander mit dem Blick auf den Blumenkranz, der noch immer im Gras lag.
Kurzerhand hob Magnus ihn auf und hielt ihn Alexander hin.
~Dann schenkt ihn doch Eurer Schwester. Ich bin sicher, dass er ihr gefallen wird.~~Und das macht Ihr einfach so?~, fragte er überrascht aber mit einem leicht misstrauischen Unterton in der Stimme.
~Ja, Freundlichkeit kostet nichts und wenn sie keinen hat, schenke ich ihr meinen doch gerne. Ehe er hier liegen bleibt.~
~Das ist sehr nett von Euch. Danke.~, antwortete er und griff nach dem zarten Blumenkranz.Dabei streiften sich ihre Finger und obwohl Magnus noch seine Handschuhe trug, ging diese Berührung durch ihn hindurch wie ein Blitzschlag, aber von der angenehmen Sorte.
Kurz verlor er sich erneut in diesen blauen Augen, bis Alexander ihn aus seiner kleinen Blase riss.
~Oh nein! Es ist schon spät. Ich muss zurück. Es tut mir leid.~
~Schon gut. Wir sehen uns bestimmt irgendwann wieder. Sofern es das Schicksal will.~
~Ich hoffe es.~, sagte er, während er wieder in den Sattel stieg.Kurz sah er nochmal zu Magnus und schenkte ihm ein Lächeln, bevor er davontrabte.
Cat stieß ihn vorsichtig an der Schulter an, was ihn unerwartet seufzen ließ.
~Ist er nicht wundervoll, Cat?~
Sie schnaubte nur.
Wenn du das sagst, schien sie augenrollend zu entgegnen.
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Das Wunder in jedem Tag (Malec)
أدب الهواة[Abgeschlossene Geschichte] -Kurzer Textauszug- Es gibt keine vollendete Perfektion, denn wir sind nur Menschen. Wenn man von jemanden verlangt, perfekt zu sein, ist man es meist selbst nicht. Stadessen sollte man doch viel lieber daran arbeiten, si...