Kapitel 14 Schlafmittel

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Ich eilte allein aus dem Bus. Ich spürte Lindas verwirrten Blick in meinen Rücken, heute hatte ich nun mal keine Zeit für nervige Schwestern.

Martha war nicht im Bus gewesen was mich hoffen ließ, dass sie krank war. Ich flitzte an den Lehrerzimmer vorbei zu den verdammten Treppen. Dann fand ich mich schmerzhaft auf den Boden wieder.
Kurz rieb ich mir mein Schienbein, welches zwar schmerzte, aber nicht blutete.

Erst dann sah ich auf, um mich bei den armen Individuen zu entschuldigen in das ich hineingelaufen war.

Statt ein Wort heraus zu bringen lief, ich wohl hoch rot an.
Scheiße schallte es durch meinen Kopf. Andere, meist attraktive Blondinen in Klischeehaften Filmen, rannten in die Größe meist genauso attraktive Liebe hinein und dann gab es mich und mein Glück.

Würde Philipp vor mir stehen, wäre es schlimm, aber okay.
Würde Estavio vor mir stehen, hätte ich es wohl schon wieder vermasselt.

Da stand keiner von beiden, sondern mein Lehrer.
Warum immer ich?
Warum nicht mal zur Abwechslung jemand anderes, der ein genügendes Ego für diesen Alptraum von Leben hatte.

Immer noch zittrig stand ich auf.
Was sagte man jetzt?
Einfach nur sorry? Nein, entschuldige dich gescheit, Bella.

„Ähm", brachte ich intelligent heraus, „Sorry, fürs Umrennen."
Kaum hatte das letzte Wort meinen Mund verlassen realisierte ich, dass das genau nicht mein Plan gewesen war. Wütend biss ich mir auf die Lippe. Warum war ich so?
Seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken: „Ist schon okay, Bella, aber falls ich dich noch mal im Schulgebäude rennen sehe, muss ich das leider eintragen."

Erleichtert atmete ich auf.
Der Eintrag wäre mir egal.
Ich war einfach nur froh, dass dieser Moment vorbei war und ich hoffte einfach, dass ich nie wieder Herr Borenski so nah kommen musste.

Ich richtete kurz mein Top mit einen Traumfänger drauf, irgendwie ironisch und zupfte an meiner Jeansjacke. Meine braunen Locken ignorierte ich völlig, die sahen wahrscheinlich ohnehin unverbesserlich aus.

Tatsächlich befolgte ich Herrn Borenskis Rat und ging gemächlich die Treppe hinauf bis zu der Flur zu unserem Klassenzimmer.
Da kam doch wieder die Panik in mir auf und meine Schritte verschnellerten sich zügig.
Im Raum selbst wanderte mein Blick durch die Reihe und blieb an der Fensterbank hängen auf der Ella oft saß.

Sie war nicht da. Sie war immer vor mir da.
Sie war nicht krank.
Ich schluckte schwer und zog mein Handy heraus, was für heute schon der zweite Verstoß wäre.
Auf meine Nachricht von heute früh war keine Antwort auf meine Fragen eingetroffen.

Sie war vor mir wach gewesen und auf ihre Übernachtung bei mir deutete jeglich ein handgeschriebener Zettel hin, wo mit krakeliger Schrift geschrieben stand, dass sie nach Hause gegangen ist.

Nun hatte ich noch nicht einmal eine Antwort ob sie dort heil angekommen war.
In der Anderswelt war sie nachdem Avery gegangen war völlig ausgerastet und war davongerannt.
Seufzend begab ich zu meinem Platze die Englischstunde verging nur sehr zögerlich und kaum eine Minute könnte ich mich auf den Arbeitsauftrag konzentrieren, ohne mit den Gedanken wieder bei Ella zu sein.
Wo war sie nur?

Ich hoffte, zu Hause in ihrem Bett mit Eiscreme, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich damit ganz schön falsch läge.
Der einzige Lichtblick war, dass mir Estavio geschrieben hatte, dass er mich gerne am Freitag treffen würde.

Ich hatte natürlich zu gestimmt, obwohl ich seine Date Idee eher eigenartig fand, aber auch süß.
Ich wusste dank Martha, was sie und Philipp getan hatte und meist war er nur zu Netflix zu haben gewesen oder Kino, wo der Film immer heiß diskutiert wurde.
Ich schätzte es, dass Estavio mich auf altmodische Art beeindrucken wollte und mich nicht in einen Film über Monster, Aliens oder Superhelden schleppte.

Nur warf Ella verschwinden auch auf dieses Ereignis einen grauen schweren Schatten.
So langsam die Englischstunde auch vergangen war, so sehr war ich dankbar, dass mir nun nur noch sieben Stunden bevor Standen.
Warum war auch ausgerechnet Mittwoch der lange Tag in der Woche? Nun stand Mathe auf den Plan darauf war ich sogar gespannt.

Nicht auf Mathe selbst, sondern auf jenes was das Fach mit sich brachte. Nur Minuten nach den Klingeln betrat Herr Borenski den Klassensaal.
Sein Blick schweifte nach der Begrüßung durch die Reihen. An dem leeren Stuhl neben mir blieb sein Blick hängen.

Er fragte noch mal nach ob jemand fehle. Nur Marthas, Ellas und Finns Name wurden genannt.

Bei Martha sagte er sie wäre entschuldigt, doch kein zweites Mal sagte mein Klassenlehrer es. Sowohl Ella als auch Finn trug er ins Klassenbuch ein. Ihre Eltern hätten sie doch entschuldigt, oder?

Ich versuchte mich daran zu erinnern ob sie schon mal unentschuldigt gefällt hat, aber meine Erinnerungen streikten.
Da war nichts.
Wieder einmal keimte der Wünsch in mir auf mehr auf sie geachtet zu haben. Der Tag verging genauso schleppend weiter und ich war froh als ich endlich allein im Bus nach Hause saß, Linda hatte zum Glück früher ausgehabt.

Kurz keimte der Gedanke auf zur Apotheke zu gehen und mir ebenfalls Schlafmittel zu beschaffen.
Es wären nur zehn Minuten an Umweg und niemand würde fragen, wenn ich die später kam.

Nur einige Sekunden zögerte ich bis ich den Weg einschlug.
Eine freundliche rundliche Verkäuferin mit kurzem rotem Haar mittevierzig begrüßte mich in diesen.

Als ich ihr der Grund für meinen Gang zur Apotheke nannte sah sie mich verdutzt an, dann kehrte das Lächeln auf ihre Lippen zurück. „Nach sowas du bist schon die vierte in diesen Monat, die mich nach Schlafmittel frägt.
Dabei seid ihr doch alle so blutjung", erzählte sie mir und kehrte mir zu gleich den Rücken zu, um im Regal das richtige Päckchen zu greifen, „Normalerweise werde ich immer nur nach diesen schrecklichen Abnehmtabletten gefragt. Wenn man sich nur wenig mit seiner Gesundheit auseinandersetzen würde, wusste man, dass die kaum deinen Körper helfen können. Ach ich find diesen Schönheitswahn von eurer Generation ohnehin so schrecklich."

Meine Augen weiteten sich. Drei andere?
Eine war Ella und die andere das ominöse rothaarige Mädchen, aber wer war die dritte.
Hatte sie mit all den auch etwas zu tun? Hatte sie sich gar schon eingemischt. Ich versuchte beiläufig zu klingen, während ich meine Handtasche nach meinem Geldbeutel durchsuchte: „Wirklich? Wie sahen die anderen drei den aus? Vielleicht gehe sie auch auf meine Schule."

„Entschuldige, aber das darf ich dir leider nicht sagen. Ich unterstehe der Schweigepflicht", entgegnete sie und ich zog mein Geldbeutel hervor jetzt, wo sie mir nicht mehr weiterhelfen könnte, hatte ich ihn wie auf magischen Wegen gefunden.

Schnell verließ ich die Apotheke, sobald mir die Gelegenheit bot aus den Gesprächen zu entkommen, dank einer älteren Dame, die auch bedient werden wollte.

Zurück zu Hause begrüßte mich nur Milla bellend als ich den Schlüssel im Schloss umdrehte.
Kurz tätschelte ich ihren Kopf, nachdem ich ein lautes Hallo gerufen hatte.
Scheint als wäre niemand da.
Sollte ich sie jetzt schon nehmen?
Zweifel überkamen mich.

Ich musste noch lernen und Hausaufgaben machen, aber schließlich entschied ich mich dafür.
Ella war wichtiger als die PQ-Formel.

Und hattet ihr süße Träume heute Nacht?

Ich habe die Mathe Themen für die zehnte nach googln müssen, dabei ist heute (wo ich das schreibe) der 5. Juli 2020 um 2:14 ist und das Schuljahr gerade erst geendet hat...

Naja, bis zum nächsten Sonntag:)●

Wachwandler - Die Schatten des TräumensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt