Kapitel 6

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They say were buried far,
Just like a distant star
I simply cannot hold.

Winter Song von Sara Bareilles & Ingrid Michaelson

Mein anfänglicher Optimismus ist irgendwie im Laufe der Woche verflogen. Ich hab keine Ahnung wie ich den Abend morgen überleben soll ohne komplett durchzudrehen. Warum mache ich das hier eigentlich? Ich weiß, dass ich gerade wieder in mein „altes" Muster verfalle, aber ich weiß nicht ob ich das hier schaffe. Irgendwie hab ich das Ganze nicht so wirklich durchdacht, fällt mir jetzt doch ein. Wie Nicci gesagt hat, hab ich fast nichts anzuziehen, was nicht nach Sport schreit und ich hab keine Ahnung was mich erwartet. Was ziehen Spielerfrauen denn eigentlich an? Oh Gott... ich werde dabei gnadenlos versagen! Valerie wird uns das doch niemals lange abkaufen. Ich meine man muss uns zwei nur nebeneinander stellen und dann ist alles klar. Mit Julian alleine umgehen ist kein Problem, aber mit allem anderen bin ich jetzt schon extrem überfordert. Bevor ich komplett in Panik verfalle, schreibe ich Julian, ob er mir Sophias Handynummer schicken könnte. Ich weiß einfach nicht wen ich sonst fragen soll. Kaum habe ich die Nachricht abgeschickt und ruft Julian an.

„Hey, was gibt's?", frage ich mit vollem Mund. „Hey", kommt es lachend aus dem Hörer zurück, „Guten Hunger." „Tschuldigung", nuschele ich zurück. Wieder lacht er leise: „Ich hab gedacht ich ruf kurz an, geht schneller als schreiben. Ähm... gibt's einen Grund warum du Sophias Nummer haben willst." Ich stoße ein schnelles „Nein!" aus und muss ich nächsten Moment dermaßen husten, weil ich mich an meinem Brot verschluckt habe. „Alles in Ordnung?" Ich brauche einen Moment um wieder Atmen zu können. „Ähm ja.... Wie gesagt, gibt keinen bestimmten Grund. Ich finde sie nur sehr nett und ... ja... das wars. Sie hat ja auch meine Nummer, aber wohl vergessen mir zu schreiben, damit ich auch ihre hab. Also kannst du mir die Nummer schicken? Ich meine du musst sie natürlich vorher fragen, aber es wäre ganz toll, wenn du das machen würdest." Wieder ein Lachen. Kein Wunder, immerhin rede ich mich gerade um Kopf und Kragen.

„Was bekomme ich dafür?" „Was bekommst du wofür?" „Was bekomme ich dafür, wenn ich Sophias Nummer gebe?", ich kann ihn durch das Telefon grinsen hören. „Wie wäre es mit einem Arschtritt, wenn du es nicht machst, Brandt?", frage ich ihn grade heraus. „Ich mag es zwar schon manchmal etwas härter, aber einen Arschtritt hat mir dabei noch keine verpasst." Hat er das gerade wirklich gesagt. Ich starre kurz mein Telefon an, ehe ich ein zuckersüßes „Schönen Tag noch Brandt" in Telefon flöte und dann einfach auflege.

Einen Moment später klingelt mein Telefon wieder. Julian. Aber zum einen hab ich keine Lust auf noch eine anzügliche Unterhaltung und zum anderen will ich mir oben noch einen Kaffee holen. Also drücke ich ihn weg und mache mich auf den Weg. Denn ohne Kaffee geht leider so gar nichts.

Kaum zurück an meinem Platz leuchtete mein Handy schon wieder. Julian hat tatsächlich noch zweimal versucht anzurufen, es dann aber wohl einfach sein lassen und nur ein kurzes „Tut mir leid. Rufst du bitte zurück?" per WhatsApp hinterlassen. Neben Julians Nachricht kam aber auch gerade eine weitere von einer unbekannten Nummer an. „Hallöchen. Julian hat gesagt ich soll mich bei dir melden. Gibt's was bestimmtes? Hast du morgen oder vielleicht sogar Abend spontan Zeit?" Soviel zu „Was bekomme ich dafür". Dieser Kerl...

Ich drücke auf Sophias Kontakt und anrufen. „Hey du, das ging ja schnell", strahlt sie mich quasi durch das Telefon an. „Hey meine Liebe. Ich hatte gerade mein Handy in der Hand. Also wenn es dir nicht zu spontan ist, können wir heute gerne was machen. Ansonsten nächste Woche." „Wolltest du denn etwas bestimmtes von mir?" Ich atme lautstark aus, ehe ich ihr antworte: „Ich hab ein Problem... Also eigentlich ist es kein wirkliches Problem, sondern ich mache es selbst wahrscheinlich zu einem." „Ooookay", sie zieht das Wort lachend in die Länge, „Jetzt bin ich neugierig." „Bist du morgen auch dabei?", frage ich erst einmal vorsichtig nach. „Nein. Kai spielt am Samstag in Aachen und da ist Abends weggehen nicht drin. Auch wenn es nur zu Julian ist." „Dann brauch ich definitiv deine Hilfe", schieße ich jetzt einfach mal los. „Ich bin mit dieser ganzen Situation komplett überfordert und hab absolut keine Ahnung was ich machen, wie ich mich verhalten, was ich sagen oder anziehen soll. Das ganze macht mich komplett irre. Auch wenn das alles nur Show ist... Ich will mich ja auch nicht komplett blamieren. Ich weiß eh nicht warum sich Julian nicht jemand anderes gesucht hat. Jemand der Spielerfrauentauglicher ist..." „Spielerfrauentauglich? Was soll das denn sein?", Sophia unterbricht meinen kleinen Anfall einfach. „Es gibt kein Handbuch oder eine Vorlage von Frau für sowas. Sei einfach du selbst." „Das Problem ist, dass ich absolut kein Spielerfrauentyp bin, sondern mehr der sportliche Kumpeltyp mit Hoodie und Sneaker. Mit mir macht man niemanden eifersüchtig. Selbst Nicci hat heute morgen festgestellt, dass ich fast nur sportliche Sachen im Schrank hab. Ich weiß ja nicht mal was Julian von mir erwartet. Darüber haben wir nie gesprochen. Also... Hilfe?!"

Winter Song ❄️ Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt