Kapitel 9

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Bum bum bum bum bum bum bum bum
Bum bum bum bum bum bum
Bum bum bum bum bum bum

Winter Song von Sara Bareilles & Ingrid Michaelson

Eine Woche später stehe ich Freitagnachmittag pünktlich am vereinbarten Treffpunkt in Mitten einer Fußgängerzone und warte auf Sophia. Die Leute um mich herum sind, trotz der Hitze, alle ziemlich hektisch unterwegs und rennen sich gegenseitig fast um. Daher rücke ich näher an die Hauswand zu meiner rechten heran und etwas mehr in den Schatten.

Julian habe ich seit dem Wochenende nicht mehr gesprochen oder mit ihm geschrieben. Ich glaube wir beide wussten nach diesem Abend und der Nacht nicht wirklich was wir sagen sollten.

Jannis hat uns beide beim Frühstück einfach grinsend beobachtet, während Julian und ich umeinander herumgeschlichen sind, als könnte jeden Moment eine Bombe explodieren. Nachdem ich meinen Kaffee und ein halbes Brötchen runter gewürgt und meine Sachen eingesammelt hatte, konnte ich mich recht schnell mit den Worten „Bin noch zum Laufen verabredet." verdrücken.

Julian wollte mir zwar noch etwas zurufen, aber genau in diesem Moment war die Tür hinter mir ins Schloss gefallen. Und ich habe kurzerhand beschlossen einfach so zu tun, als hätte ich ihn nicht gehört.

Ich war so erleichtert, als ich endlich in der Stille im Treppenhaus stand, dass ich mich erst einmal an die nächste Wand anlehnte und kurz durchatmete. Das war total aus dem Ruder gelaufen. Komplett. Wenn man mal davon absah, dass ich in dieser Nacht zum ersten Mal seit Ewigkeiten gut geschlafen hatte.

Ich war, nachdem Julian mich an sich gezogen hatte, erst am nächsten Morgen von Jannis aufgeweckt worden, der breit grinsend vor dem Bett stand und leise mit Julian diskutierte. Ich meine mich an Sätze wie „Nicht so laut, Alter... Du weckst sie noch auf... Nein wir hatten nichts mehr miteinander..." Erinnern zu können, bin mir aber auch nicht zu hundert Prozent sicher. Erst nachdem Jannis laut anfing zu lachen, war ich vor Schreck zusammen gezuckt. Dabei war ich an den Kopf von Julian geknallt und direkt zurück auf meine Seite des Bettes gerutscht.

Jannis hatte sich zwar mehrfach entschuldigt, aber die Stimmung zwischen Julian und mir war... wenn es jemals so etwas wie eine Stimmung gegeben hatte... naja dahin. Und das war gut so. Jedenfalls hatte ich versucht mir das, während des kompletten Frühstücks, einzureden.

Aber wie ich da so im Treppenhaus stand und mein Herz wie verrückt schlug, musste ich mir doch eine Sache eingestehen. Eine Sache mit der ich vor eineinhalb Wochen nie gerechnet hätte. Ich hatte mich gestern Abend doch tatsächlich ein ganz kleines bisschen in Julian Brandt verknallt.

Wie bescheuert war ich denn bitte? Ich führe eine Fake-Beziehung mit einem Fußballprofi und verknalle mich dann ausgerechnet auch in den ollen Typen, den ich zu Beginn total doof fand? Klischeehafter ging es ja wohl kaum. Das war definitiv der Stoff aus dem man einen super Liebesfilm drehen konnte.

Aber abstellen konnte ich das nicht. Selbst nachdem ich Samstag Nachmittag über zwei Stunden, in flottem Tempo durch Wald gerannt war, hatte sich daran nichts geändert. Das Chaos in meinem Kopf hatte sich zwar etwas gelegt, aber eine Lösung für mein Problem konnte ich nicht finden. Wenn man das als Problem ansehen konnte.

Aber immerhin hatte ich mir erfolgreich eingeredet, dass das so etwas eben passieren kann. Julian war charmant, jedenfalls wenn er wollte und ich hatte eben schon lange keine Beziehung oder überhaupt Kontakt in Richtung eines Mannes gehabt. Dann war es durchaus verständlich, dass man sich mal in jemand verknallen konnte. War ja auch nur eine kleine Schwärmerei und nichts ernstes. Auf gar keinen Fall!

Dieses Mantra hab ich wirklich die komplette Woche beibehalten. Jetzt musste ich das nur morgen auch noch schaffen. Ich hatte mich nämlich dazu breit schlagen lassen, das Spiel, BVB gegen Augsburg, live im Stadion anzuschauen. Nadja, Marco und die Mäuse wollten zwar kommen, aber die beiden Kleinen haben schon letztes Wochenende angefangen zu kränkeln. Also wurde entschieden, dass sie lieber zu Hause bleiben und das Spiel von dort schauen würden. Auf Gegenliebe war die Idee bei den Mäusen nicht gestoßen, aber denen ging es wohl so schlecht, dass sie irgendwann auch Ruhe gegeben hatten.

Winter Song ❄️ Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt