Kapitel 24

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Is love alive?

Winter Song von Sara Bareilles & Ingrid Michaelson


Kalte Luft weht mir entgegen, als ich in Reykjavík aus dem Flugzeug steige. Ich ziehe automatisch meine Jacke enger um mich, schließe einen Moment die Augen und atme tief durch. Es ist das erste Mal in den letzten Wochen, dass ich nicht ständig dieses drückende Gefühl auf mir spüre. Hier kennt mich niemand und ich muss keine Angst haben, dass Julian mir über den Weg läuft.

An der Gepäckausgabe drängen sich wie immer viele Leute um das Band und sehen hektisch auf das Fließband. Als ob es dadurch schneller laufen würde. Ich habe für heute Abend nichts mehr vor, also warte ich bis die meisten ihr Gepäck gefunden haben, ehe ich an das Band trete und meine Koffer runter nehme. Da ich drei Wochen hier sein werde und es, um es mal ehrlich zu sagen, arschkalt draußen ist, bin ich mit den dicken Klamotten leider nicht mit einem Koffer hingekommen. Aber ich verdiene gut, hab mir in den letzten Jahren nicht wirklich etwas gegönnt. Da ist das Geld für den zweiten Koffer denke ich gut angelegt.

Die ersten Tage habe ich für mich als typische Touristentour geplant. Drei Tage Reykjavík erkunden. Damit startet mein erster Morgen. Für die Tage hier, habe ich mich in einem kleinen Hotel eingemietet und bin mit einem super Kaffee in den Tag gestartet. Witzigerweise steht hier gefühlt jeder mit einem Thermobecher in der Gegend herum. Kaffee trinken gehört hier irgendwie dazu, zu jeder Tageszeit. Genau meine Sorte Menschen. Ich schüttele kurz grinsend den Kopf, ehe ich mir meinen Schal fester in die Jacke stopfe. Es ist wirklich, wirklich kalt. Aber das hält mich nicht auf. Dass es kalt werden würde, war mir klar.

Mein erster Weg führt mich heute zur Hallgrímskirkja-Kirche. Ich liebe Kirchen. Nicht weil ich streng gläubig bin, aber ich bin jedes Mal aufs neue von so viel wunderschöner Architektur begeistert. An der Spitze des Gebäudes befindet sich eine 360 Grad Plattform mit einen tollen Blick über die Stadt. Ich habe heute morgen wohl Glück, denn die Sonne scheint und wirft die Stadt in ein traumhaftes Licht. Mit meinem Becher Kaffee in der Hand stehe ich eine ganze Weile einfach nur da und lasse meinen Blick über die Stadt und ihre bunten Häuser und Dächer schweifen, ehe ich mich auf den Rückweg in das Zentrum mache.

Ich bummele die nächsten zwei Tage durch die Stadt. Ich besuche das Viertel der Götter mit den farbenfrohen Häusern, herrlichen Gärten und viel Streetart. Ich schlendere an Reykjavíks Stadtsee entlang und genieße auf der Aussichtsplattform des bewaldeten Öskjuhlíd-Hügels die schöne Aussicht über die Stadt. Einen Nachmittag verbringe ich auch im Nationalmuseum und lasse mich durch die Geschichte des Landes führen. Alles in allem sind drei Tage für die Stadt viel zu kurz. Allerdings habe ich die letzten paar Tage meiner Reise nicht wirklich verplant, weil ich einfach schauen wollte, was mir gefällt oder was ich noch sehen möchte. Daher plane ich auf jeden Fall noch einen Tag hier ein.

Diese Stadt fasziniert mich einfach. Und zwar so sehr, dass ich Julian wirklich mal fast aus meinem Kopf streichen kann. Allerdings eben auch nur fast. Er ist immer präsent, aber diese bunte Stadt mit ihrer Eiseskälte kann ihn aber immerhin soweit in den Hintergrund drängen, dass ich meinen Aufenthalt hier wirklich genießen kann.

Für die weitere Tour habe ich mir einen Jeep gemietet. Ohne komme ich hier außerhalb der Stadt nicht weit. Gerade im Winter ist es nicht so ohne, alleine mit dem Auto unterwegs zu sein, also habe ich mir für meine nächste Etappe, den Golden Circle, einen Guide gebucht. Jarle ist super witzig, erzählt mir auf dem Weg zum Gullfoss Wasserfall und dem Geysir Strokkur alles mögliche über das Land und die Leute. Ich habe schon immer gerne Neues gelernt und entdeckt, daher ist das genau mein Ding. Wir besuchen ein paar Tage lang zusammen noch mehrere Stationen, ehe ich mich alleine auf den Weg zum Apavatn See mache. Dort werde ich die nächsten vier Tage in einem kleinen Cottage verbringen. Es ist winzig, aber es gibt alles was ich brauche und ich kann mir die Gegend um den See in Ruhe ansehen.

Winter Song ❄️ Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt