One

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Wie so oft stand ich wieder in der Schlange des Harmony. Dem größten und beliebtesten Nachtclub der Stadt. Mittlerweile war es für mich ein Kinderspiel was ich hier machte. Es war sogar so leicht, dass ich dabei nicht einmal erwischt wurde. Nur heute fühlte es sich ein wenig komisch an, als würden sich kontinuierlich Augen in meinen Hinterkopf bohren. Ich fühlte mich beobachtet. Unauffällig sah ich mich um, inspizierte die Umgebung nach - ja wonach überhaupt? - wahrscheinlich nach irgendetwas was mir komisch vorkam, doch es schien alles normal zu sein.

Die Schlange vor mir wurde kürzer. Der Türsteher schaute kurz durch die Reihen, wandte sich dann den beiden kurz bekleideten Mädels vor ihm zu. Als er den Kopf schüttelte, musste ich mich zusammenreißen nicht laut loszulachen. Enttäuscht und schmollend sahen die beiden den Türsteher an und versuchten ihn anzumachen. Lachend schüttelte ich den Kopf, als er jemandem zunickte und zwei breite Schränke - ich meinte natürlich Türsteher - auf die beiden Mädels zugelaufen kamen und sie aus der Schlange zogen. Immer mal wieder schaute ich mich um, um dieses paranoide Gefühl loszuwerden, aber vergebens, es verschwand nicht. Der Türsteher ließ manche an ihm vorbei, anderen wiederum verwehrte er den Eintritt.

Ich stand nun vor ihm, schenkte ihm ein süßes Lächeln. "Das ist ein Nachtclub, Kleines. Hier kommst du unter 21 nicht rein", spöttisch lachte er mich an. "Ich bin alt genug", sagte ich immer noch süß und streckte ihm das kleine Plastikkärtchen ins Gesicht, ohne vorher zu überprüfen, ob es das richtige war. Als er es mir aus der Hand nahm, fühlte ich mein Herz schneller schlagen. Er sah sich alles ganz genau an und gab ihn mir nickend zurück. Zwinkernd ging ich an ihm vorbei in den Club, in welchem mir sofort laute Musik entgegen dröhnte.

Zum ersten Mal seit Monaten hatte ich Angst, dass ich erwischt werden könnte. Natürlich war ich keine 21 und durfte hier eigentlich nicht rein, ich war 17 und hatte einen gefälschten Personalausweis. Würden sie nicht ständig die Türsteher wechseln, würde ich wahrscheinlich schneller hereinreinkommen, aber ich verstand schon, es war natürlich mehr Sicherheit. Schmunzelnd lief ich zur Bar. So viel Sicherheit bestand ja dann doch nicht, wenn eine 17-Jährige mit einem gefälschten Ausweis hereinkam. "Hey! Stopp!", rief mir jemand hinterher. Dieser jemand hörte sich definitiv wie der Türsteher an.

Mein Herz rutschte mir in die Hose und innerlich betete ich, dass er nicht mich ansprach. Trotzdem drehte ich mich gelassen um und ließ mir nichts anmerken. Er steuerte direkt auf mich zu, Panik breitete sich in mir aus, welche nicht verschwand als er direkt vor mir stand. Freundlich lächelte ich ihn an. "Wobei kann ich helfen?" Auch wenn ich auf hart und unschuldig tat, starb ich innerlich. Wenn ich jetzt auffiel und die Polizei hier antanzte, um mich nach Hause zu bringen war ich einen Kopf kürzer - oder gleich zwei. "Du hast das verloren", sagte er ruhig, hielt mir meine Kette vor die Nase. Panisch griff ich an meinen Hals, fühlte nur den Anhänger einer meiner Ketten. Schnell nahm ich dem Türsteher meine zweite Kette aus der Hand und sagte ein schnelles "Danke." bevor ich in die Damentoilette verschwand.

Ich betrachtete den Verschluss der Kette genau und atmete erleichtert aus, als ich sah, dass er nicht kaputt war. Ich legte mir die Kette also wieder um, schaute dann zufrieden in den Spiegel. Nun prangte nicht nur ein großer Anhänger auf meiner Brust, sondern zusätzlich ein kleinerer. Beide Ketten trug ich immer, sie gaben mir Mut und Kraft. Ich fühlte mich dann nicht so allein, aber das war ein anderes Thema. Ich fuhr über beide Anhänger mit meinen Fingern, seufzte und verließ dann das Bad.

Immerhin war jetzt Party angesagt.

Sofort steuerte ich auf die Bar zu und setzte mich. Lächelnd kam ein Barkeeper auf mich zu. "Was kann ich der hübschen Dame bringen?" Ich lächelte ihn an. "Whisky", sagte ich nach kurzem überlegen. "Kommt sofort." Er zwinkerte mir zu und kurz darauf stand ein Glas Whisky vor mir. Ich nahm sofort einen Schluck. "Hey Süße", ertönte neben mir. Immer noch mit dem Glas in der Hand drehte ich mich nach links. Ich sah mir den Mann neben mir an und nickte ihm nur begrüßend zu. "Beziehungsprobleme oder möchtest du etwas verdrängen. Vielleicht auch vergessen?" Er rutschte etwas näher. "Ich kann dir dabei helfen", schmunzelte er. "Ja, aber nein danke." Ich hatte keine Ahnung, weshalb ich einem Fremden gegenüber etwas über mich Preis gab oder besser gesagt, bestätigte, dass ich irgendwelche Probleme hatte. Innerlich hätte ich mich schlagen können. "Schade. Bist du öfters hier?" Eindringlich sah er mich an. Ich nickte, nahm dann einen großen Schluck aus meinem Glas. "Hey!", rief er einem Barkeeper zu, dieser eilte sofort zu ihm. "Ich würde gerne 6 Shots bestellen, 3 für mich, 3 für die junge Dame neben mir", sagte er und zeigte bei der Verteilung der Drinks auf sich und dann auf mich. Überrascht sah ich ihn an. Bitte was?

Kidnapped - gefährliche LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt