"Musst du deine Nutten immer hier haben, wenn ich zu dir komme?", weckte mich eine wütende Stimme. Ich blinzelte und versuchte meine Augen zu öffnen. "Sie ist keine Nutte und außerdem hast du dich nicht angekündigt." Damians Stimme klang sehr genervt und die weibliche Stimme schnaubte. "Sie ist keine Nutte", äffte sie ihn nach. "Dann halt dein One-Night-Stand." Ich hörte Schritte, die mir näher kamen, also schloss ich meine Augen wieder. "Lou, sie ist auch nicht mein One-Night-Stand", seufzte Damian.
"Dann halt dein Two-Nights-Stand. I don't care."
Würden sie nicht über mich sprechen und hätte ich mich nicht in dieser Situation befunden, hätte ich sicherlich geschmunzelt. "Wieso schläft sie auf deiner Couch? Sie soll sich verpissen! Du widerst mich an Damian", sagte sie hörbar angeekelt. Damian seufzte traurig. Verletzten ihn ihre Worte? Wer war diese Frau und konnte sie mich hier rausholen? Jemand setzte sich auf den Sessel. Ein leises Rascheln ertönte. "Wer ist sie?" Es kam keine Antwort. "Damian. Bitte." Wieder Stille. Ein Seufzen ertönte von ihr.
Ich wollte nicht länger hier herumliegen, also öffnete ich meine Augen und blickte direkt auf die junge Frau. Sie war unglaublich hübsch. Ihre schwarzen langen Haare hingen ihr gelassen über der Schulter und ihre Augen bohrten sich in meine. Abschätzend sah sie meinen Körper auf und ab an und ließ mich nur noch unwohler in meinem Körper fühlen. Dann sah sie zu Damian. Sein Blick fiel auf mich, sofort änderte sich seine sanfte Miene in eine ernste. Ich fühlte mich mehr als unwohl in dieser Situation, beide sahen mich an und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Blick schweifte ab, hinter ihn, zur Tür. Er hatte bestimmt nicht abgeschlossen, nachdem sie hergekommen war. Das bedeutete, dass ich abhauen konnte. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich sah sofort weg von der Tür, um keinen Verdacht zu erregen und meine eventuellen Chancen zu verringern hier rauszukommen.
Nach einiger Zeit der Stille sprang ich einfach auf und rannte in Richtung der Haustür. Sofort überkam mich eine Gänsehaut als ich die Decke wegschlug. Barfuß lief ich über den Teppich Boden, dann im Flur über das Laminat. Die Tür ging sofort auf und ich rannte über die eiskalten Steine die Ausfahrt herunter, dabei scannte ich die Umgebung ab. Viele Bäume standen auf der gegenüberliegenden Seite der anliegenden Straße, was auf einen Wald schließen ließ. Fast unten an der Einfahrt, fiel mein Blick nach rechts. Weitere Häuser. Doch ich kam nicht einmal zu dem Gedanken loszurennen, schon schlangen sich zwei muskulöse Arme um meinen Bauch.
"Lass mich los!", fauchte ich ihn an, den Tränen schon nahe. "Kat!", ermahnte er mich als ich nicht aufhörte zu zappeln. Laut rief ich mehrmals nach Hilfe, bis er seine Hand auf meinen Mund drückte und mich verstummen ließ. Tränen strömten nun meine Wangen herunter. Meine Hoffnung, hier raus zu kommen war zerplatzt. Ich würde hier sein, bis mich jemand suchte.
Aber suchte denn überhaupt jemand nach mir? Vermisste mich jemand? Wusste die Polizei überhaupt Bescheid?
Er zog mich zurück zum Haus, hielt mich fest umschlossen, damit ich mich durch mein Zappeln nicht befreien konnte. Zurück im Haus schloss er die Haustür hinter uns, drehte den Schlüssel im Schloss und ließ diesen in seiner Hosentasche verschwinden. Ich konnte nicht entkommen, es war hoffnungslos. Kaum lockerte er seinen Griff, sank ich auf die Knie. "Shh Kat. Alles ist gut." Damian umarmte mich und flüsterte mir wieder beruhigende Worte zu. "Ich möchte nach Hause", schluchzte ich leise, gerade so laut, dass er mich verstand. "Du bist zu Hause. Du musst es nur akzeptieren Katarina." Sanft strich er mir übers Haar.
Nachdem ich mich beruhigt hatte, aber immer noch auf dem Boden saß, sah ich zu der Frau hoch. Sie schaute skeptisch zwischen uns hin und her, wirkte verwirrt. "Was ist- Okay wisst ihr was? Erzählt's mir erst gar nicht. Das ist bestimmt wieder irgendeine crazy scheiße." Sie verzog angeekelt das Gesicht und lief zurück ins Wohnzimmer. Fassungslos sah ich ihr hinterher. Sie hätte mir helfen können, doch sie wollte es erst gar nicht wissen. "Schau nicht so fassungslos. Meine Schwester weiß, dass ich oftmals Scheiße baue und hat mich bei diversen Sachen auch erwischt", flüsterte Damian und kam meinem Ohr näher. "Sie denkt, dass du mein Spielzeug bist und ich mit dir meinen Fantasien freien Lauf lasse. Sie wird dir also nicht glauben, dass ich dich einfach mitgenommen habe und, -", er strich mir eine Strähne hinters Ohr, sah mir dann fest ins Gesicht und ließ seine Hand auf meiner linken Wange ruhen. "Dass du meins bist." Dann stand er ganz gelassen auf und lief zu seiner Schwester ins Wohnzimmer.
Ich blieb noch ein wenig auf dem Boden sitzen, bevor ich auch aufstand und ein Badezimmer auf dieser Etage suchte. Als ich es fand, betrat ich es leise und lief zum Spiegel. Schockiert sah ich mein Spiegelbild an, meine Augen waren rot unterlaufen und meine Wangen nass von den Tränen. Ich öffnete den Wasserhahn und ließ das Wasser ins Waschbecken laufen, dann formte ich meine Hände zu einer Schale und warf mir das kalte Wasser ins Gesicht. Das Wasser erfrischte mich, machte meinen müden Körper etwas munterer. Schnell benutzte ich noch die Toilette bevor ich mir erneut die Hände wusch und das Badezimmer wieder verließ.
Ich fühlte mich unwohl jetzt den beiden nochmal zu begegnen. Meine Hoffnung, hier raus zu kommen, war erloschen. Er könnte ihr alles erzählen und sie würde ihm wahrscheinlich glauben. Wem würde man denn eher glauben seinem Bruder oder - wie sie es sah - einer Nutte? Natürlich würde sie ihm glauben... er war schließlich ihr Bruder. Daher kam auch die Ähnlichkeit, es fiel zwar nicht auf den ersten Blick auf, aber nach kürzerem erkunden ihrer Gesichtszüge würde es einem klar werden.
Eine Frage stellte sich mir noch. Was hatte er für Scheiße gebaut und was waren diese diversen Sachen von dem er erzählt hatte? Mir vorzustellen wie er mit irgendeinem Mädchen schlief und seine Schwester einfach reinkommt, ließ Ekel in mir aufkommen. Schnell schob ich die Gedanken beiseite und stieg die Stufen in den Keller hinunter. Ich blieb abrupt stehen als ich das angeregte Gespräch mitbekam. "Wieso bist du immer so stur Damian? Du denkst nur an dich. Kannst du auch einmal an mich denken?" Ihre Stimme hallte durch den Flur und Schritte waren zu hören.
Ich duckte mich ab, damit man mich nicht sofort sah. "Lou hör mir zu -", fing er an, wurde aber von ihr unterbrochen. "Nur weil du ein gefühlskaltes Arschloch bist und deine Vergangenheit so einfach wegsteckst, heißt es nicht, dass ich das auch kann", schrie sie ihn an und fing am Satzende an zu Schluchzen. Mittlerweile standen die Beiden mitten im Flur, ihre linke Hand legte sich um den Griff der Haustür. Damian seufzte. "Hör auf zu weinen", sagte er sanft, strich ihr die Tränen von den Wangen. Das ließ sie noch mehr weinen und sie lehnte sich nach vorne und vergrub ihren Kopf in seiner Brust. Sie schlang ihre Arme um seinen Oberkörper. Seine rechte Hand legte er auf ihren Kopf, strich über ihre Haare, ließ sein Kinn auf ihrem Kopf ruhen. Seinen linken Arm legte er um den schmalen Oberkörper seiner Schwester, drückte sie an sich. Ihr lautes Schluchzen hallte im ruhigen Haus. "Ich hab doch nur noch dich", versuchte sie stark zu sagen, unterdrückte aber hörbar ein Schluchzen. Ich stützte mich mit meiner rechten Hand an einer Stufe ab und begab mich ein wenig höher.
"Ich weiß Lou, ich bin immer da für dich, das weißt du." Er drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. "Ich liebe dich", sagte sie leise und drückte ihn enger an sich. "Ich dich auch Lou, ich dich auch." Einige Sekunden standen sie noch so da, bis sie sich langsam löste und sich über die Augen wischte. "Ich fühle mich einfach so alleine." "Ich weiß Lou." "Seit-", fing sie an und schloss schmerzhaft die Augen, brach den Satz dann ab. "Du weißt schon." Damian nickte verstehend. "Ich kann niemanden außer dich an mich heranlassen. Es tut einfach so weh, weißt du? Und zu sehen, wie du das einfach kannst und immer Mal wieder Frauen hier hast, tut mir weh." Sie sah auf dem Boden, Tränen liefen ihr über die Wangen und glitzerten im Licht.
"Es macht mich einfach sauer. Ich brauche dich einfach und diese Nutten nehmen dich mir einfach weg." Sie spuckte das Wort 'Nutten' förmlich aus und sah ihn danach vorwurfsvoll an. Sein raues Lachen ertönte im Flur. "Du weißt, dass du die wichtigste Frau in meinem Leben bist, Louisa", lächelnd strich er ihr eine Strähne hinters Ohr. Ein unwohles Gefühl kam in mir auf. Ich versuchte es aber zu unterdrücken.
"Sie hätten nicht-" er unterbrach seinen Satz als ein Knarren durch den Flur hallte. Dieses Knarren wurde ausgelöst, als ich einen Schritt nach unten ging, um mich zu entfernen. Damians Kopf schnellte in meine Richtung und er blickte wütend in mein Gesicht. Panisch sah ich ihn an, rannte dann die Treppe nach unten. "Du elendes Miststück", schrie er mir hinterher und ich hörte seine schweren Schritte hinter mir. Bei jedem Schritt knarrten die Stufen unter dem Druck.
Ich eilte in dem Keller, lief direkt auf die Matratze zu, drückte meinen Rücken gegen die kalte Wand und starrte auf die offene Kellertür. Kurz darauf stand Damian an der Tür, wollte näher kommen, hielt dann inne. Ein teuflisches Lächeln zierte seine Lippen. Er lief den Weg zur Tür zurück. Ängstlich und dennoch erwartungsvoll sah ich zu ihm. Ich war verwirrt und wollte wissen was er vorhatte. "Ich hoffe, du magst es alleine zu sein." Er klang immer noch wütend. Er zog die Tür ein Stück zu, der Raum wurde in Dunkelheit getränkt. "Du wirst es schnell genug bereuen, dass du uns belauscht hast! Du hast noch so viel zu lernen Katarina." Damit schloss er die Tür und ließ mich alleine im stockdunklen Raum. Ich atmete aus. Ich hatte erwartet er würde mich schlagen, aber alleine sein konnte ich. Dachte ich zumindest.
![](https://img.wattpad.com/cover/237102792-288-k836462.jpg)
DU LIEST GERADE
Kidnapped - gefährliche Leidenschaft
Mystère / ThrillerKatarina möchte, wie so oft auch, einfach ihr Umfeld und ihre Probleme in Alkohol tränken, um alles zu verdrängen. Schon in der Schlange vor dem Eingang des Clubs, fühlte sie sich beobachtet, fand aber nichts Auffälliges in ihrer Umgebung. Eigentlic...