Ten

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Das laute Geräusch, welches beim Öffnen der schweren Eisentür entstand, weckte mich aus meinem unruhigen Schlaf. Glücklicherweise konnte ich tatsächlich nach einiger Zeit einschlafen. Die Schmerzen hatte ich weitestgehend ignoriert und sie mir weggedacht um schlafen zu können. Schien geklappt zu haben.

Mit großer Anstrengung drehte ich mich zur Tür um, stöhnte schmerzhaft auf. "Steh auf!", ertönte Damians Stimme laut im Raum. Unfähig irgendetwas zu machen, blieb ich liegen und dachte über einen Grund nach, weshalb er so sauer war. Ich konnte keinen ausmachen. "Gott! Steh jetzt verdammt nochmal auf!" Er wurde lauter als zuvor. Als ich mich immer noch nicht bewegte, was ziemlich schwierig war mit Schmerzen und unglaublicher Übelkeit, kam er auf mich zu. Am Arm zog er mich hoch, schliff mich hinter ihm her. Mein Körper protestierte gegen all das, ließ mir schwarz vor Augen werden und die Übelkeit drohte überhandzunehmen. "Mir ist schlecht", krächzte ich leise. "Selbst schuld. Kotz' mir ja nicht auf dem Boden." Seine Stimme war von Ekel gezeichnet.

Sobald wir oben ankamen, würdigte Damian mir zum ersten Mal einen Blick. Er sah an meinem Körper herunter, blieb an meiner Hose hängen. Beschämt sah ich weg. Er seufzte. "Geh duschen." Immer noch angeekelt sah er auf meine Hose, dann hinauf in mein knallrotes Gesicht. Es war mir mehr als peinlich. Aber was hätte ich schon dagegen tun sollen?

Mein Magen meldete sich und ich legte meine Hände auf meinen krampfenden Bauch. Er griff nach meinem Handgelenk, zog mich in die Küche und schob mich auf einen Stuhl. Kurze Zeit später stand ein Glas Wasser auf dem Tisch und ein Teller mit einer Scheibe Brot. Schwach nahm ich das Wasserglas in die Hand, führte es zu meinen Lippen. Das Glas wog gefühlt eine Tonne, war kaum zu halten. Damian blickte mich nachdenklich an, kam dann näher und hielt für mich mein Glas fest. Gierig trank ich den gesamten Inhalt aus und seufzte danach zufrieden. Er stellte das Glas ab und deutete auf das Brot vor mir. Schon vom Anblick des Brotes wurde mir schlecht. Da ich dieses Gefühl aber kannte, zwang ich mich das Brot trotzdem zu essen.

In der Zwischenzeit verschwand Damian, kam zurück mit frischen Sachen und einem Handtuch, drückte mir alles in die Hand und wies mich an ins Bad zu gehen. Dort zog ich beschämt meine nasse Hose aus und legte sie, zusammen mit dem Rest meiner Sachen, auf den Boden. Es war mir peinlich, dass ich mir in die Hose gemacht hatte, aber ich hatte dort unten nun mal keine Toilette. Bei dem Gedanken benutzte ich diese sofort bevor ich in die Dusche stieg. Nach einer sehr langen und entspannenden Dusche zog ich mir die frischen Sachen an und verließ leise das Badezimmer.

Unwissend wohin ich jetzt sollte, lief ich auf die Küche zu, in der Hoffnung er würde immer noch da sein. Niemand war zu sehen also drehte ich mich um und ging aufs Wohnzimmer zu. Damian saß auf dem Sessel, wo vor ein paar Tagen seine Schwester saß, und sah auf sein Telefon. Er blickte auf, sobald er mich bemerkte, sein Blick war immer noch wütend. Hatte ich ihn verärgert?

"Wieso hast du mich angelogen?" Er war wütend, knirschte mit den Zähnen. Angestrengt überlegte ich, was ich gesagt haben könnte, doch ich hatte ihm doch gar nichts erzählt. Ich sah ihn nun verwirrt an. Damian legte sein Handy beiseite und stand auf. Instinktiv wich ich einen Schritt zurück. "Ich wiederhole mich ungern. Wieso hast du mich angelogen?", presste er zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Wovon sprichst du?", brachte ich leise über meine Lippen, sah ihn eingeschüchtert an. "Rebellisch und doch so ängstlich", flüsterte er und strich über meine Wangen. Ich wusste immer noch nicht, wovon er sprach. "Du bist nicht 21", sprach er etwas ruhiger und entfernte seine Hand von meiner Wange. Langsam dämmerte es mir und ich sah ihn mit großen Augen an. Ich wusste nicht, was er jetzt tun würde. Eindringlich sah er mich an, legte seinen Kopf etwas schief. "Wie alt bist du Katarina?" Ich antwortete nicht. Wenn er wusste, dass ich nicht 21 war, dann würde er auch wissen wie alt ich wirklich war.

Mein Blick glitt an ihm vorbei, auf dem Tisch lag meine kleine Tasche. Sofort überkam mich die Erkenntnis und schlug mir förmlich ins Gesicht. Er hatte meinen gefälschten Perso gefunden. Dann hatte er auch meinen richtigen Ausweis gefunden. Aber wer erlaubte ihm in meinen Sachen zu wühlen? Und weshalb kam er erst jetzt auf die Idee, ich war doch schon länger hier? "Das weißt du doch schon", flüsterte ich und deutete auf meine Tasche. "Ja, aber ich möchte es aus deinem Mund hören Katarina."

Lange Zeit war es still. Ich wollte nichts sagen, brachte dann aber doch ein leises: "Ich bin 17." über die Lippen. Er nickte, drehte sich zu meiner Tasche um und kramte nach beiden Ausweisen. Damian hielt den gefälschten Ausweis in der Hand. "Warum?" Ich starrte auf den Boden, fühlte mich schuldig. Sagte ich ihm jetzt den wahren Grund? Definitiv nicht. "Ich wollte feiern", sagte ich nervös lachend. Ungläubig sah er mich an. "Und was ist der echte Grund?" Damian zog seine Augenbraue in die Höhe. "Das ist der echte Grund", sagte ich mit fester Stimme und verschränkte meine Arme. Für ein paar Sekunden sah er mir fest in die Augen, versuchte mich zu entlarven, versagte aber. Ich hatte ja nicht gelogen, es war ja ein Grund weshalb ich ihn hatte. Außerdem hatte ich ihm das doch gar nicht erzählt, dazu kam ich nicht einmal an dem Abend. Damian hatte es doch nur angenommen, dass ich 21 war, da ich sonst nicht in dem Club gewesen wäre. War er also sauer, weil ich im Club war und er genau mich entführt hatte? Ich verstand ihn nicht.

Nun sah er auf meinen richtigen Ausweis, las Zeile für Zeile. "Was machst du?", fragte ich vorsichtig. "Nachschauen, ob noch etwas erlogen ist." Beschämt sah ich wieder auf den Boden. Leise las er alles vor. "Du wirst 18 in ein paar Wochen", sagte er gedankenverloren. Ich nickte nur, weil ich kein Zeitgefühl mehr hatte. Da ich nicht wusste, welcher Tag heute war, konnte ich mich wenigstens jetzt ein wenig orientieren. Ich war nun ungefähr eine Woche hier. Dann wäre heute Freitag, oder?

"Heute ist Freitag", sagte er plötzlich und ich zuckte zusammen und sah ihn verwirrt an. "Du hast laut gedacht", lachte er. Mein Mund formte sich zu einem 'O' und ich wurde leicht rot. Eine Woche war ich schon hier und niemand hat mich hier rausgeholt. Tränen bildeten sich in meinen Augen, doch ich blinzelte sie weg. Damian legte meine Ausweise wieder zurück in die Tasche und sah mich stumm an. "Tut mir leid", flüsterte er nach einiger Zeit, wich meinen Blicken aus. Verwundert sah ich ihn an. Hatte er sich gerade entschuldigt? "Was?", fragte ich immer noch verwundert. Nun sah Damian mich an. "Ich wollte dich nicht verletzen." Ich lachte auf. Er wollte mich nicht verletzen? Traurig sah er mich an. "Ich meine es ernst, ich will einfach nur, dass es dir gut geht."

"Kannst du das nochmal sagen? Ich glaube ich hab dich nicht ganz verstanden", sagte ich sarkastisch. Natürlich hatte ich ihn verstanden, aber was er sagte war Schwachsinn. "Ich möchte, dass es dir gut geht." Er sah mich mit fester Miene an. Ich schüttelte den Kopf und lachte erneut auf. "Du entführst mich, würgst mich, vergewaltigst mich fast und lässt mich dann zwei Tage im Keller ohne Essen, Trinken oder eine Toilette? Und dann sagst du, dass du möchtest, dass es mir gut geht? Hörst du dir eigentlich selber zu?", redete ich mich in Rage. Ich konnte einfach nicht glauben, dass er es ernst meinte.

Er kratzte sich am Hinterkopf und sah mich entschuldigend an. "Es tut mir leid, wirklich. Ich möchte, dass du dich wohlfühlst." Damit drehte er sich um und nahm wieder auf dem Sessel Platz. Ich wusste weder was ich sagen sollte noch was ich denken sollte. Mein Blick hing an ihm. Damian sah wieder auf sein Handy, sein Gesicht wurde durch den hellen Bildschirm erhellt. Das ließ mich aus dem Fenster sehen, es wurde dunkel und graue Wolken waren zu sehen. Ich trat ans Fenster heran, sah im Augenwinkel wie Damian meine Schritte verfolgte mich aber nicht aufhielt. Am Fenster angekommen legte ich meine Hände auf das Fensterbrett und beugte mich nach vorne um eine bessere Sicht nach draußen zu bekommen.

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen als ich die Natur sah. Die Bäume bewegten sich im starken Wind und die Straße wurde schwach von den wenigen Laternen beleuchtet. Ein bis zwei Autos fuhren vorbei. Ich würde nicht nochmal versuchen abzuhauen, ich würde mir nur selber ein Eigentor schießen. Nicht eine Minute wollte ich wieder im dunklen Keller sein und wissen, dass ich dort als Strafe saß. Vielleicht sollte ich mich einfach nur hier dran gewöhnen. Vielleicht war das jetzt hier einfach mein Leben und ich würde damit auskommen müssen.

Aber könnte ich das überhaupt?

Kidnapped - gefährliche LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt