Four

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Ein lautes Geräusch zwang mich dazu die Augen aufzumachen. Mein Blick fiel hinter mich, die Tür stand offen, doch niemand war hier im Raum. Ich stützte mich mit meinem Ellenbogen nach oben. Hatte ich mich hingelegt, bevor ich eingeschlafen war? Ich konnte mich nicht dran erinnern. Ich lag immer noch auf der Matratze und sowohl meine Beine als auch ein Teil meines Oberkörpers wurden von einer dünnen Decke bedeckt. Jemand musste hier gewesen sein, da die Decke vorher nicht da war. Also könnte mich dieser jemand auch hingelegt haben. Bei dem Gedanken, dass mich jemand angefasst hatte ohne, dass ich es mitbekam, breitete sich Gänsehaut auf meiner Haut aus. Gruselig.

Ich schlug die Decke weg und setzte mich auf die Matratze. Es war wirklich niemand hier, nur die Tür stand offen. Erwartete er etwa von mir, dass ich rausging? Oder war dies eine Falle? Egal was es gewesen ist, ich hatte es nicht ausprobiert. Ich würde mich nicht einen Zentimeter aus diesem Raum bewegen. Man hatte mir die Matratze zugewiesen also blieb ich hier, alles andere wäre Respektlos.

"Katarina! Wer hat dir erlaubt rauszukommen?", wütend funkelte er mich an. "Ich dachte-", fing ich an, doch er hob warnend seinen Zeigefinger, brachte mich zum Schweigen. "Genau du dachtest und das ist der Fehler! Wenn ich dir sage, dass du da drin bleibst, dann bleibst du da drin! Verstanden?" Er sprach laut und dominant. Ich nickte, senkte dann meinen Kopf. "Ich muss mal", flüsterte ich. Meine Stimme war kaum zu hören, ich hatte Angst vor dem was passieren würde. "Das ist nicht mein Problem, benimm dich gefälligst und hör endlich auf so respektlos zu sein! Wie kannst du nur meine Tochter sein? Ich schäme mich für dich, hörst du?" Abwertend sah er mich an und spuckte mir die letzten Wörter ins Gesicht. Tränen liefen über meine Wangen, hinterließen nasse Spuren. Er schob mich zurück in mein Zimmer, sah mich enttäuscht an und schloss die Tür. Er schämte sich für mich. Nicht weinen Katarina.

Ich starrte die Tür an. Vielleicht würde er irgendwann reinkommen. Plötzlich ertönte wieder ein Poltern und ein leiser, erschrockener Aufschrei ertönte. Was, wenn jemand Hilfe brauchte? Ich musste nachsehen. Innerlich kämpfte ich mit mir selbst. Mein Kopf schrie ich sollte mich ja nicht weg bewegen, es würde Konsequenzen haben. Er hatte recht, aber mein Herz wollte der Person unbedingt helfen. Mein Herz gewann und ich schaltete blitzschnell meinen Kopf aus und stand auf, bevor ich mich umentscheiden konnte.

Hier war sie wieder die starke, selbstbewusste Kat, die sich von keinem etwas sagen ließ. Ich schlich zur Tür und spähte um die Ecke. Eine Treppe erstreckte sich in meinem Sichtfeld. Nach rechts ging ein kleiner Gang weiter und dort waren noch zwei weitere Türen. Unter der Treppe stand eine Kommode, auf welcher Bücher lagen. Dafür, dass dies hier ein Keller war und der Raum hinter mir total heruntergekommen war, sah es hier im Gegensatz schon wohnlicher aus.

Vorsichtig ging ich auf die Treppe zu und setzte meinen rechten Fuß auf die erste Stufe. Die alte Treppe knarrte unter dem Druck. Sofort hob ich meinen Fuß hoch und kniff meine Augen zu. Hoffentlich hatte das niemand gehört. Ich verdrehte innerlich die Augen als ich bemerkte, dass ich mein Fuß weggenommen hatte und das gleiche Spiel nochmal vom vorne beginnen würde. Ich seufzte. Entweder würde ich jetzt langsam Stufe für Stufe laufen und Lärm machen oder ich rannte einfach nach oben und machte auch Lärm dabei. Ich überlegte gar nicht lange, sondern rannte einfach los. Bei jedem kleinen Mucks den die Treppe machte, kniff ich die Augen zu und betete innerlich, dass es niemand hörte.

Oben angekommen sah ich mich um. Der Flur war groß und sah einladend aus. Eine weitere Treppe führte nach oben und mehrere Türen waren zu sehen. Die auffälligste lag mir gegenüber und war definitiv die Haustür. Da musste ich raus! Mein Blick fiel nach rechts und links. Um zur Haustür zu gelangen musste ich an drei Räumen vorbei. Zwei rechts, einer links. Davon hatten zwei Räume keine Tür, sondern eher einen Rahmen als Eingang. Sofort kamen mir alte Häuser und Bauwerke in den Kopf, welche große Durchgangsbögen als Türen hatten oder die Türen selbst abgerundet waren. Hier waren jeweils rechts und links an jeder Wand ein Türbogen. Ich hatte noch nie wirklich so einen Durchgang im echten Leben gesehen, nur auf Bildern oder in Spielen. Sofort kam mir Die Sims in den Sinn. Ich liebte es Türbögen, anstatt richtige Türen zu verwenden. Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. Wie kam ich in so einer Situation auf so etwas?

Je nachdem was für Räume es waren könnte er dort drin sein. Eigentlich wollte ich es nicht riskieren, doch ich lief einfach auf die Tür zu und versuchte sie zu öffnen. Ich rüttelte frustriert am Türgriff. Wie zu erwarten ging sie nicht auf. Ich seufzte. "Klappt wohl nicht so wie du es dir vorgestellt hast, hm?" Ich zuckte zusammen und drehte mich um. "Anscheinend nicht", gab ich gespielt lässig zurück und warf die Haare, die über meine Schultern gefallen waren, zurück. Dann schob ich ihn zur Seite und lief an ihm vorbei in den Raum rechts. Nur nicht zeigen, wie viel Angst er mir eigentlich einjagte.

Der Raum war eine Küche, die Küchenzeile erstreckte sich an der Wand links und auf meiner gegenüberliegenden Wand. Ein großes Fenster erhellte den Raum. Rechts an der Wand war ein weiteres Fenster und darunter stand ein Tisch mit fünf Stühlen. Zwei an jeder Seite und einer an der Stirnseite. Ich nahm mir einen Apfel aus der Schale und setzte mich auf den Tisch. "Auf einmal bist du ziemlich selbstsicher, gestern war das noch nicht so", lachte er und musterte mich eindringlich. Ich biss von dem Apfel ab. "Doch. Ich wollte dir nur nicht die Genugtuung geben." Ich grinste ihn frech an und er schüttelte den Kopf. Dann verschwand er kurz und kam dann wieder.

"Hier", sagte er und hielt mir meine Halsketten vor die Nase. "Bist du bescheuert? Warum hast du die?" Aufgebracht sprang ich vom Tisch. Warum hatte er meine Ketten und wieso verlor ich sie ständig? Bevor ich sie greifen konnte, ergriff er meinen Hals mit seiner Hand und drückte zu. Dabei stieß er mich in die Tischkante und mein Rücken beugte sich unangenehm nach hinten. "Pass auf mit wem du redest und vor allem was du sagst! Du bist nicht in der Position so mit mir zu reden. Achte auf deinen Ton und deine Wortwahl, Fräulein." Mit jedem Wort schien er mir näherzukommen und fester zuzudrücken. Ich legte meine Hand um sein Handgelenk, um seine Hand wegzuziehen und Distanz zwischen uns zu bekommen. Er drückte mich weiterhin nach hinten, doch der Tisch hielt mich immer noch auf. Voller Angst sah ich ihn an. Die starke Kat hatte sich bereits in der Sekunde verabschiedet, als seine Hand meinen Hals berührte und ließ die ängstliche und devote Katarina zurück.

Bedrohlich starrte er mich noch einige Sekunden an bevor er losließ. Gelähmt blieb ich stehen. Er drehte mich harsch um und legte mir, als wäre nichts gewesen meine Ketten um den Hals. Sofort griff ich zu den Anhängern, schloss die Augen und atmete tief durch. Mein Hals fühlte sich wund an. Komm schon Katarina, du hast schon schlimmeres erlebt, du schaffst das. Einigermaßen beruhigt, drehte ich mich zu ihm um. "Wer bist du und warum bin ich hier?", traute ich mich nach einiger Zeit der Stille zu fragen. "Ich bin Damian, der Typ mit dem sexy Namen", sagte er belustigt und deutete auf meine Worte am gestrigen Abend hin. War das überhaupt gestern? Wie lange war ich schon hier?

Erwartend sah ich ihn an. Er hatte mir die zweite Frage nicht beantwortet. Er trat näher, er strahlte unglaublich viel Macht und Dominanz aus. Ich wich zurück. Er umfasste mein Gesicht und strich dann eine Haarsträhne hinter mein Ohr und kam diesem näher. "Du bist hier, weil ich dich haben wollte. Und jetzt bist du mein", ganz leise, fast lüstern sagte er diese Worte in mein Ohr und ließ mich erschaudern. Lächelnd entfernte er sich, aber nicht, bevor er mir über die Wange strich und einen Kuss darauf platzierte.

Das alles triggerte so viel in mir, dass ich mich stark zusammenreißen musste um nicht schreiend wegzurennen. Ich drehte mich weg. In was war ich hinein geraten und warum? Warum meinte es mein Schicksal so schlecht mit mir? War es, weil ich damals nicht gut genug auf Lis aufgepasst hatte? Selbst nach 13 Jahren wurde ich immer noch täglich daran erinnert. Es war so unfair. Ich wollte hier weg. "Und was soll ich hier?"

"Bei mir sein."

Kidnapped - gefährliche LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt