Ich schaff das. Ganz sicher!

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Nachdem der Arzt gegangen war, seufzte ich erleichtert auf. Jetzt würde ich erstmal eine Weile lang meine Ruhe haben.

Dachte ich zumindest, denn offensichtlich hatte ich da die Rechnung ohne meine Mutter gemacht.

„Schatz",fing sie da auch schon wieder an, „willst du etwas essen? Ich kann dir etwas besorgen!"

Ok, dieses ganze Gehabe von ihr ging mir grad gehörig auf den Senkel.

„Nein Mama", fauchte ich, „Ich möchte nichts zu essen haben. Vielleicht erinnerst du dich noch daran, dass ich dir erst gestern den Tepich vollgekotzt habe. Und wenn jemand nur das Wort Essen benutzt, dreht sich mir schon der Magen um. Also, nein danke, ich möchte nichts essen!!"

Genervt drehte ich mich auf die andere Seite, weg von meiner Mutter.

Natürlich war meine Reaktion gerade eben nicht angebracht gewesen. Meine Mutter wollte mir nur helfen und deswegen hatte ich eigentlich garkein Recht, sie so unverschämt anzufahren, aber ich war generell immer extrem schlecht gelaunt, wenn es mir nicht gut ging. Und emotional sehr leicht angreifbar.

Doch gelogen war das nicht, was ich meiner Mutter eben an den Kopf geworfen hatte.

Mein Magen schlug gerade tatsächlich Saltos und aus Erfahrung wusste ich, dass es nicht mehr lang dauern würde, bis ich mich wieder übergab. Das Interessante an dieser ganzen Geschichte war ja, dass ich seit ungefähr einer Woche fast nichts mehr zu mir genommen hatte und ich trotzdem in der Lage war, mich mindestens einmal am Tag zu übergeben.

„Ich geh mir einen Kaffe holen", unterbrach meine Mutter meinen Gedankengang und verschwand beleidigt aus dem Zimmer.

Obwohl ich wusste, das sie eine von den Personen war, die es nie schafften, länger als zehn Minuten sauer auf jemanden zu sein, nahm ich mir vor, mich nachher bei ihr für mein Benehmen zu entschuldigen. Schließlich war ich doch eine Mustertochter...

Zufrieden mit meiner Entscheidung wollte ich mich gerade zurücklegen, als ich mit einem Schlag wieder senkrecht im Bett saß. Jetzt rebellierte mein Magen komplett.

Ok, ganz ruhig, versuchte ich mich zu beruhigen, ich würde schon nicht spucken müssen. Der Druck auf meinem Bauch würde gleich verschwinden. Ganz ruhig!! Tief ein und ausatmen.

Meine Innereien tanzten weiter Samba und ich sah ein, dass das Warten keinen Sinn hatte. Ich sprang, wenn man das mal so nennen durfte, aus dem Bett, wo mir erstmal kurz schwarz vor den Augen wurde, bevor ich auf die kleine Toilette tapste. Ich hatte nicht einmal mehr Zeit, die Türe hinter mit zu zuziehen, sondern musste mich sofort neben das Klo knieen.

Ein letztes Mal versuchte ich, alles zu unterdrücken, doch es hatte keinen Zweck.

Während ich mir die Seele aus dem Leib spuckte spürte ich plötzlich, wie meine Haare, die rechts und links von meinem Gesicht herabgehangen waren, von jemandem zurückgehalten wurden.

Ein Glück war mein Mutter zurück. Sie wusste, wie sehr ich es hasste, wenn meine Haare beim Kotzen in meinem Gesicht hingen.

Nachdem alles draußen war, holte ich einmal tief Luft und verweilte eine Weile erschöpft in dieser Position.

Meine Mutter hielt währenddessen immer noch meine Haare aus meinem Gesicht, wofür ich echt mehr als dankbar war.

„Gehts wieder?", erklang da plötzlich eine männliche Stimme hinter mir.

Erschrocken fuhr ich herum, wobei sich mein Kopf wieder schmerzvoll bemerkbar machte, und schaute in die blausten Augen, die ich je gesehen hatte.

Im nachhinein stellte ich fest, dass diese Augen vielleicht nur deshalb so blau wirkten, weil die dunklen Haare dieser Person einen äußerst bewundernswerten Kontrast dazu ergaben.

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