Ich entfernte mich von Cara und Charly und machte mich auf den Weg in die Küche. Obwohl ich gerade, während des Spieles, einige Becher Bier getrunken hatte, wollte ich mehr.
Ich holte mir mein zweites Bier aus dem Kühlschrank und gesellte mich zu den Leuten im Wohnzimmer, die das Licht gedimmt hatten und zur Musik tanzten.
Eine Weile lang beobachtete ich einfach nur die Personen, die sich heute Abend hier versammelt hatten.
Ich kannte fast niemanden richtig gut. Alle nur vom Sehen, bis auf Cara und Charly. Und Philipp natürlich. Wobei ich mir auch nicht mehr sicher war, ob ich ihn überhaupt kannte.
Das Verhalten, dass er an den Tag gelegt hatte, hatte ich echt nicht erwartet. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass er mich nur als kleines Spielchen sah. Als Zeitvertrieb. Ich hatte ihm damals im Krankenhaus wirklich geglaubt. Damals, als er mir gesagt hatte, dass ich etwas besonderes für ihn war. Als er für mich da gewesen war, nach der Trennung von Nick. Als ich dachte, Nick hätte mit mir Schluss gemacht, weil ich nicht hübsch genug war.
„Niemand verdient es, so abserviert zu werden. Und erst recht nicht du. Ich möchte nicht, dass du denkst, du müsstest schöner sein, um ihn zurück zu bekommen. Du musst für niemanden schöner sein. Du bist so wunderschön, Kaya. Äußerlich als auch innerlich. Ich kenne dich zwar noch nicht lange, aber du bist so anders als andere Mädchen, so besonders. Du sagst was du denkst, und das ist goldwert. Du weißt gar nicht wie wunderschön du bist und es tut mir weh, dich am Boden zerstört zu sehen. Ich habe es nicht ausstehen können, zu sehen, wie dich alle die letzten Tage verarscht haben. Allen vorran das Arschloch. Du verdienst das nicht..."
Verbittert presste ich die Lippen zusammen.
Tja, man lernte eben aus seinen Fehlern. Ich wusste jetzt, dass ich Typen gegenüber einfach nicht misstrauisch genug gewesen war. Ich durfte nicht jeder dahergelaufenen Person einfach so vertrauen. Schon garnicht Jungs. Und erst recht nicht solchen Typen wie Philipp.
Ich war einfach viel zu emotional. Ich hatte mich Hals über Kopf in Philipp verliebt, nachdem er mir die ersten paar Tage nach der Trennung geholfen hatte. Anfangs hatte ich dieses aufkeimende Gefühl unterdrückt. Ich meine, wer verliebte sich schon ein paar Tage nach einer Trennung neu?
Aber ich wusste jetzt auch, dass meine Gefühle für Nick nicht ansatzweise so stark gewesen waren, wie die, die ich für Philipp entwickelt hatte. Ich hatte Nick toll gefunden, aber bei Philipp war mehr dahinter gesteckt.
Ich hatte mich in Philipp verliebt, noch während unserer Zeit im Krankenhaus. Ohne Vorwarnung war er in meinem Leben aufgetaucht und hatte es ordentlich umgekrempelt. Und zwar so, dass mir dieses Gefühl Monate nach meinem Krankenhausaufenthalt noch Kraft gab.
Mein Gott, dieses Gefühl hatte mich durch meine Abitursprüfungen gebracht. Dieses Gefühl der Beflügeltheit hatte mir Kraft in der wohl stressigsten Zeit meines bisherigen Lebens gegeben. Und zu wissen, dass ich ihn kontaktieren würde, sobald ich mit der Schule fertig war, hatte mir die nötige Energie gegeben. Es hatte mir die Energie gegeben, all das zu erreichen, was ich wollte. Ich hatte meinen erwünschten Notendurchschnitt, ich hatte mein Normalgewicht nach Monaten fast wieder erreicht und ich hatte die Geduld und Ruhe gehabt, mich mit Isa hinzusetzten und über all das, was passiert war, zu reden.
Wann immer ich an Philipp gedacht hatte, war eine Art Motor in mir angesprungen. Es hatte sich angefühlt, als könnte ich alle Probleme dieser Welt lösen. Kein Problem erschien mir zu groß, alles erschien mir möglich.
Bis ich ihn auf der Abitursfeier mit diesem anderen Mädchen gesehen hatte. Mit seiner Tusse.
Ab da war dieses Gefühl verschwunden. Es war von diesem verdammten grauen Schleier verschluckt worden. Der, der alles trostlos wirken lies. Der, der einem die Hoffnung nahm, wieder einmal so etwas zu fühlen.
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Humor„Wie zur Hölle kann heute Samstag sein? Ich sollte doch am Freitag, spätestens Samstag, also heute, schon wieder zu Hause sein!" „Hätten die Ärzte gesagt, dass du nach Hause darfst, hätten wir dich auch geweckt. Dr. Meier meinte jedoch, dass er dich...