Ich bin vor Leandro wach und begutachte die Pokale. Es sind viele erste Plätze dabei, aber vor allem finde ich die Fotos dazu interessant. Ich erkenne Liam und ihn überall in der hinteren Reihe, auch Elian ist auf jedem Bild mit von der Partie. Leandro muss gut darin gewesen sein, denn sonst hätte er die Sachen nicht voller Stolz hier präsentiert.
"Ich hab seit seinem Unfall keinen Ball mehr angefasst," ein wenig grummelnd lässt Leandro sich von der Seite auf den Rücken fallen und streckt sich einmal komplett.
"Wieso nicht?" Ich runzle die Stirn, Liam hätte das bestimmt nicht gewollt.
Er schwingt die Beine über das Bett und kommt auf mich zu. Von hinten legt er die Arme um mich und bettet seinen Kopf auf meinem, dann greift er mit einer Hand zu einem der jüngsten Bilder und hält es vor uns.
"Weil das unser Ding war. Wir waren das Schäfer-Stürmer-Duo, ohne ihn gibt es das nicht mehr und die Mannschaft auch nicht," erklärt er.
Bevor ich was antworten kann, hat er das Bild zurück gestellt und mich umgedreht.
"Ich vermisse seine unbändige unkontrollierte Art und die Begeisterung für alles was er mochte," dann drückt er mir einen Kuss auf die Stirn.
Das Thema scheint damit beendet, denn wir ziehen uns an und schlendern dann Hand in Hand in die Küche, wobei Leandro meine Tasche dabei hat.Ina begrüßt uns an einem vollen Tisch und sieht noch etwas beschämt über die Geburtstagsfeier aus. Leandro hat einen harten Gesichtsausdruck aufgesetzt als er sie ansieht.
"Wir fahren gleich schon wieder," teilt er ihr kalt mit.
Sie nickt bekümmert und obwohl ich es nicht erwartet habe fängt sie an zu weinen. Ich kann nicht anders und lege ihr eine Hand auf die Schulter, auch Leandro lässt das nicht kalt.
"Lean ich hab alles versucht," schniefend sieht sie ihn an.
"Ich möchte nicht beide Söhne verlieren."
Sie sieht ihn so traurig an, dass Leandro sie in seine Arme zieht.
"Du hast weder Liam noch mich verloren, aber ich muss meinen Weg ohne Papa gehen," erklärt er ihr.
"Komm mich so oft bei Oma besuchen wie du willst, ich komm auch hier her aber mit ihm rede ich nie wieder."
Ein raues Auflachen ertönt.
"Wann hast du denn diese reife Entscheidung getroffen?"
Robert kommt in Anzug in die Küche und schenkt sich gelassen einen Kaffee ein.
Lenny muss sich sichtlich anstrengen nicht durchzudrehen. Robert beobachtet ihn dabei wie er seine Mutter los lässt, die Tasche wieder aufhebt und nach meiner Hand greift um zusammen mit mir in Richtung des Flurs zu gehen.
"Als du gestern erklärt hast, dass es dir lieber gewesen wäre wenn ich gestorben wäre."Draussen am Auto hören wir noch wie Ina Robert anschreit, dem auch kurzzeitig die Gesichtszüge entgleist sind. Leandro ist mehr als erleichtert als er aus der Auffahrt und in die Richtung der Innenstadt von Cloveshill fährt.
"Ich denke er hat es nicht so gemeint," spreche ich meinen Gedanken laut aus.
Lenny fährt um die nächste Kurve und nickt dann, während ich sein Profil mustere.
"Mein Vater ist kompliziert und seine Art der Trauer stimmt nicht so ganz mit meiner oder der meiner Mutter über ein," erklärt er und sieht mich kurz an einer roten Ampel an.
"Er wollte bei der Beerdigung Presse zulassen, manchmal denke ich er hat keine Gefühle."
Lenny fährt zielstrebig durch die Straßen von Cloveshill und parkt vor einem Wohngebäude was etwa dem meinen gleicht. Gleichzeitig mit dem Schließen der Autotür klingelt mein Telefon, es ist meine Mutter. Unsere Familien sind wohl beide ziemliches Chaos."Hey Mama," ich versuche betont ruhig zu klingen, vielleicht haben weder Jens noch Leo was gesagt.
"Vergiss es Fräulein. Dass ich dich ein oder zwei Tage nicht zu Gesicht bekomme ist okay, aber eine ganze Woche ist was anderes," tobt sie direkt drauf los.
"Ich habe das auch schon deinen Geschwistern gesagt, wenn mir in den nächsten 24 Stunden niemand sagt, was los mit euch Dreien ist, sperre ich erstens eure Telefone und zweitens könnt ihr eure Sachen packen und zu euerm Vater ziehen!"
Ich weiß zwar nicht wie die Situation Zuhause zwischen Leo und Jens ist, aber anscheinend ist sie nicht gerade gut. Ich kann mir nur zu gut vorstellen wie sie sich alle beim Essen anschweigen oder Jens erst gar nicht auftaucht. Mama ist es sehr wichtig, dass wir unsere Probleme immer so schnell wie möglich aus der Welt schaffen, aber ich denke diesmal ist es nicht so einfach zu lösen.
Jens wird mit Sicherheit nicht wollen, dass Mama das mit dem Gras weiß, ich will nicht, dass sie von Joah weiß und Leo wird nicht zugeben, dass sie sich manchmal echt unbeachtet fühlt.
"Okay da du scheinbar genauso wenig antwortest wie deine reizenden Geschwister, wir treffen uns morgen um eins in der Küche und dann wird geredet oder ich mach meine Drohungen wahr!"
Sie wartet nicht einmal auf eine Antwort sondern tötet die Leitung sofort, ich hoffe nur sie macht sich nicht einen allzu großen Kopf während Sie sich auch gleichzeitig noch überarbeitet.
Leandro sieht mich mitleidig an, wahrscheinlich hat sie so laut gebrüllt, dass sogar er sie durch das Telefon hören konnte.
"Soll ich mitkommen?" Bietet er sich an, aber wir wissen beide da muss ich alleine durch. Zumal ich uns diesen Schlamassel irgendwie eingebrockt habe.Lenny klingelt bei Lenovo/Amaliá und kurz darauf ertönt das leise Summen des Türöffners. Die Wohnung ist direkt rechts im Erdgeschoss und manchmal wünsche ich mir wir würden auch im Erdgeschoss wohnen, weil dann manche Dinge viel einfacher wären. Aber gleichzeitig bin ich echt zufrieden mit der Feuertreppe und meiner Aussicht.
Malcolm steht in der Tür und begrüßt Leandro mit einem Nicken bevor er mir ein Lächeln schenkt, der redet echt nicht zu viel.
Die Wohnung ist schön. Sie ist grau und weiß mit grünen Aktzenten und irgendwie gefällt mir das. Überall sind Pflanzen zu sehen während wir uns im Wohnzimmer auf der Couch nieder lassen. Malcolm und Leandro fangen an sich über irgendwas zu unterhalten was mich kein bisschen interessiert, aber wichtig zu sein scheint, wahrscheinlich der Grund warum wir hier sind. Es klingt ziemlich geschäftlich, was ich aus den Worten 'geschäftlich' und 'Vater' als Schluss ziehe.
Rayven wirft einen kurzen Blick ins Wohnzimmer, verdreht dann die Augen und winkt mich zu sich."Ich hoffe du musstest dir den Müll nicht zu lange anhören," teilt sie mit und schließt hinter mir die Küchentür. Auch Kia ist anwesend, wobei diese scheinbar wieder geheult hat.
"Ich bin mir auch noch nicht sicher, welches Gespräch mir lieber ist," legt Rayven dann sichtlich genervt offen.Vor Kia steht ein Laptop auf dem ein Profil geöffnet ist, Samuel Steelers. Sie scheint alle seine Posts durchzugehen, wobei die meisten davon Naturbilder sind und schluchzt manchmal laut auf.
"Die beiden werden sich jetzt bestimmt eine Stunde über die Firmen unterhalten und Kiana heult noch ungefähr dreißig Minuten bis ihr auffällt, dass sie später verabredet ist. Aber ansonsten, ist alles prima," vollkommen übermotiviert sieht sie mich auffordernd an.
"Ich verstecke mich hier vor meiner Mutter und meinen Geschwistern?"
Meine Aussage klingt mehr wie eine Frage, aber Rayven scheint das zu genügen, denn sie zuckt die Schultern.
"Klingt nach neuen Problemen, die höre ich mir gerne an. Schieß los," sie faltet die Hände unter ihrem Kinn und legt den Kopf darauf ab.
Ich zögere erst, soll ich sie jetzt echt mit meinem Problemen vollheulen?

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How broken hearts break
Ficção AdolescenteLyra Jansen hat die Fähigkeit in der Menge zu verschwinden seit einem Jahr besser drauf als sonst jemand in Pittsferry. Der Einzige der wohl irgendwie nicht durch sie hindurch sieht, neben ihren Geschwistern und ihrem besten Freund ist Leandro Schä...