How broken hearts break

14.

Während in meinem Hirn die besten Fluchtmöglichkeiten zusammengesucht werden, ist von Leandro noch immer kein Ton gekommen. Letztendlich lasse ich ihn einfach stehen und hole mir was zu Trinken in der Küche, am besten was starkes. 
Gerade als ich den bitteren Inhalt meines Glas heruntergespült habe taucht ein lila Haarschopf neben mir auf. Nikan drückt mich einmal feste bevor ich den Rest von Leandros Freunden ein Nicken zuwerfe. Während sich alle untereinander vorstellen und in Gespräche kommen suche ich Maxi und nebenbei wohl auch Leo weil die beiden zusammen verschwunden sind. Der Hausflur ist voller Menschen und irgendwann gebe ich die Suche auf und lasse mich eine Etage über dem Heckmeck auf den Treppen nieder. 

"Hey dich hab ich gesucht," ich sehe in Eriks scheinbar echt fröhliches Gesicht. 
"Ich glaube du solltest dir was anhören." 
Da ich eh nichts besseres vor habe folge ich ihm durch die Wohnung seiner Großmutter und in das Gästezimmer, beziehungsweise sein Zimmer. 
Mit dem Zeigefinger vorm Mund bedeutet er mir leise zu sein, also bin ich so still wie es geht. Wir lehnen uns aus dem Fenster, nur so weit, dass unsere Köpfe gerade eben über die Fensterbank hinausragen. Muss von hinten ziemlich dumm aussehen. Ich verstehe aber sofort was er mir zeigen will, er kann super meinen Teil der Feuerleiter durch das Gitter seiner Etage sehen und auch wenn gedämpft Musik zu hören ist, sind die Gespräche nicht zu überhören. Innerlich schlage ich mir gegen die Stirn, er hat mein idiotisches Liebesgeständnis hören können. 

"Aber selber Schuld," beendet Ben einen Satz den ich nicht ganz mitbekommen habe. 
"Ich wäre mindestens genauso überfordert gewesen," das ist Elian der Leandro auf die Schulter klopft. 
"Ich hab ihr gesagt, dass ich sie liebe und jetzt erklärt sie mir, dass sie denkt sie ist in mich verliebt," er seufzt frustriert. 
"Dass sie es denkt." 
"Komm mal runter," Ben lacht. "Wenn ich zwischen euch stehe spüre ich förmlich wie ihr euch die Klamotten vom Leib reißen wollt. Ihr könnt heute bestimmt nicht die Finger voneinander lassen." 
Erst will ich empört dazwischen rufen, doch das wäre nicht so klug. 
Außerdem hat er ja recht, Lenny und ich berühren uns ständig wenn wir zusammen sind unterbewusst. 
Als die drei wieder rein klettern lasse ich mich auf das grüne Sofa in Eriks  Zimmer fallen und greife einfach nach der Flasche Whisky die auf dem Tisch steht, kein Wunder, dass er so gute Laune hat. 
Meine Kehle ätzt gefühlt weg und ich bin mir sicher ich sehe aus wie der letzte Depp während ich mich schüttle. 

Bis kurz vor Null Uhr haben Erik und ich seine Flasche leer und noch eine weitere angefangen. Wenn man sich dran gewöhnt hat ist das Zeug gar nicht mehr so schlimm. Ich hab ihn dazu überreden können mit nach unten zu gehen und mit uns anzustoßen dafür, dass er sich meine Liebesprobleme angehört hat. Die Wohnung ist extrem voll und Leo scheint echt froh mich zu sehen. Sie verteilt Gläser mit Sekt und drückt uns auch jeweils eins in die Hand. 

"Kannst du einmal nach Jens sehen? Er ist am kotzen," klärt sie mich auf. 
Erik widmet sich einem Gespräch mit meiner Mutter, also drängle ich mich durch den Flur zum Bad und tatsächlich hängt Jens wie ein nasser Sack über der Kloschüssel und gibt fantastische Laute von sich. Ich mache kurz ein Selfie von uns beiden nehme dann einen Zahnputzbecher um ihn mit Wasser zu füllen bevor ich mich im Schneidersitz auf dem Boden zu ihm setze. Nickend tätschle ich seinen Rücken und nippe an dem ekelhaften Sekt den ich nur trinke weil das Mamas Tradition ist. Normalerweise kippe ich ihn nach Null Uhr eben einmal runter weil er dann erfahrungsgemäß nur halb so ekelhaft ist. 

Draußen beginnen die Anderen lautstark von 10 an runter zu zählen und als sie bei 0 laut Grölen bekommt Jens einen extra Tätschler. 
"Frohes Neues Jahr Bruderherz," erkläre ich und kippe den Sekt runter. 
Er grummelt etwas zurück bevor er sich am Waschbecken hochzieht und ich ihm dann helfe in sein Zimmer zu kommen. So ungefähr erlebt Jens jeden Anfang eines neuen Jahres. 

Als er schnarchend auf dem Bauch in seinem Bett liegt gehe ich meiner eigenen Tradition nach und schaue mir gebannt das Feuerwerk über der Stadt von meinem Fenster aus an. Meine Beine baumeln vor der Hauswand, weil ich einfach auf dem Fenstervorsprung sitzen geblieben bin. Ein Meer aus bunten Farben erleuchtet den dunklen Himmel und wird von überall her mit Knallen unterstützt. Ich selber gebe kein Geld für Feuerwerk aus, da kann ich es auch direkt verbrennen, aber ich sehe es mir gerne an. Ich löse Leos Zöpfe und schüttle meine Haare dann einmal aus, jetzt locken sich die Partien vorne leicht. 

"Frohes Neues Mäuschen," Leandro bleibt mit den Händen in den Hosentaschen mitten im dunklen Zimmer stehen. 
Ich lege den Kopf schief, "Mäuschen?"
Er lacht kurz auf, " der ist es dann wohl auch nicht." 
Ich drehe mich auf dem Sims und stelle mich vielleicht einen Schritt entfernt vor ihn hin. 
Das Licht im Zimmer ist zwar aus, ich kann ihn jedoch genau sehen, jede Bewegung. 
"Ich denke eher auch nicht," lasse ich ihn wissen. 
"Frohes Neues Lenny," schiebe ich hinterher. 
"Hab ich noch einen Versuch für den Kosenamen?" 
Er kommt vielleicht Millimeter näher. 
Ich nicke und beobachte gespannt seine Gesichtszüge. 
"Wie wäre es mit Freundin?"
Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, "der ist aber nicht sehr."
Leandro unterbricht mich. 
"Ich meine, wie wäre es wenn ich dich meine Freundin nenne?" 
Mein Herz setzt aus nur um kurz darauf doppelt so schnell gegen meinen Brustkorb zu klatschen. Ich will beinahe schon fröhlich aufkreischen, halte mich aber zurück. Okay, cool bleiben. Betont lässig sehe ich ihn an, "ich weiß nicht so recht." 
Jetzt entgleiten Leandro die Gesichtszüge.
"Aber nur wenn ich weiterhin auf der rechten Bettseite schlafen darf," stelle ich klar. 
Fast schon vorwurfsvoll schüttelt er den Kopf, bevor ich ihn küsse. 

"Hast du Whiskey getrunken?" 
Verwirrt sieht er mich an. 
Ich zucke jedoch nur die Schulter und lass mich dann von ihm mit dem Arm um mich wieder zu den Anderen bringen. 

Anders als gedacht haben sich die kleinen Gesprächsgruppen ziemlich bunt gemischt. Leo und Maxi quatschen mit einem Freund von Jens und Rayven, genauso wie Kathy in einer Gruppe von Leos Freunden steht. 
Die Party ist noch bis kurz nach vier Uhr am Morgen im vollen Gange, erst dann löst sie sich was auf.  Zwei der kleinen Spahns liegen in meinem Bett, also muss ich mir einen anderen Schlafplatz suchen. 

"Ich hab ein paar Taxis gerufen, die die nicht hier schlafen können kommen mit zu uns," erklärt Meg meiner Mutter während ich zum dritten Mal in folge gähne und mein Gesicht deshalb an Lennys Brust verstecke. 
Der hat mich seit der offiziellen Frage nicht ein mal mehr richtig los gelassen.
Verwirrt sieht sie dann zwischen uns hin und her bevor meine Mutter die Achseln zuckt und sie sich im Blickaustausch was sagen. 
"Habt ihr es endlich?" 
Dann lachen die beiden, wobei sie eher kichern. 
"Ja wir sind jetzt ein Paar," klärt Leandro sie und alle umstehenden auf, unter anderem auch Kathy die mich am liebsten ermorden würde.

Und irgendwie kann mir nicht einmal das den Anfang dieses super Jahres kaputt machen.